Bettina Lockemann | Freelance - Academia.edu (original) (raw)
Papers by Bettina Lockemann
transcript Verlag eBooks, Dec 31, 2008
Servicio de Publicaciones Universidad de Navarra, 2016
The paper introduces a photographic approach to the topics of housing projects and automobile-fri... more The paper introduces a photographic approach to the topics of housing projects and automobile-friendliness as perceived in an average German city. The photographic series From the Periphery explores not only multiple layers of peripherization within the urban fabric but also the onlookers' perspective that differs according to the chosen mode of transportation. Interweaving the underlying photographic concept of artistic documentary-chosen to provide the viewers a specific visuality of urban constellations-with the urban condition and photography theory the paper explores the visual access to specific urban aspects. Taking preliminary decision-making and work on location into account, the paper provides a profound insight into a photographer's mode of operation within the urban sphere.
Das Fremde sehen, 2008
Bevor konkret fotografische Abbildungen Japans analysiert werden, sollen in diesem Kapitel zunäch... more Bevor konkret fotografische Abbildungen Japans analysiert werden, sollen in diesem Kapitel zunächst die theoretischen Grundlagen des Blicks auf das Fremde untersucht werden. Dies geschieht in drei Schritten. Im ersten Schritt geht es um die Frage, worum es sich genau handelt, wenn wir von dem Fremden sprechen? Kann man es (wissenschaftlich) erkennen und lässt es sich theoretisch beschreiben? Die Relation des Fremden zum Eigenen scheint hier von großer Bedeutung, was wiederum Fragen der Identität und Alterität aufwirft. Weiterhin ist zu untersuchen, wie sich das Fremde vom Anderen unterscheidet. Gibt es Parallelen zwischen dem Fremden und dem Anderen oder ist das Andere das Fremde oder das Fremde das Andere? Diese Fragestellungen öffnen ein sehr breites Untersuchungsfeld, das in ganz unterschiedlichen Forschungsgebieten wie beispielsweise der Philosophie, der Soziologie, der Germanistik, den Kulturwissenschaften, der Anthropologie und der Ethnologie untersucht worden ist und wird. Im Rahmen dieser Studie können lediglich einige grundsätzliche Probleme umrissen werden, um die Voraussetzungen für die Untersuchung zeitgenössischer fotografischer Darstellungen Japans aus europäischer Sicht zu schaffen. Nach der Auseinandersetzung mit der Begriffskonstellation des Fremden, Eigenen und Anderen folgt im nächsten Schritt die Beschäftigung mit der Fremderfahrung, der Begegnung mit dem Fremden. Hier lohnt sich zunächst ein Blick zur Ethnologie, die als Wissenschaft vom kulturell Fremden prädestiniert dafür ist, Konzeptionen zur Annäherung an das Fremde bereitzustellen. Gleichzeitig werden in der Ethnologie auch zahlreiche Probleme diskutiert, die die Annäherung an das Fremde und der wissenschaftliche Anspruch einer objektiven Darstellung des Fremden mit sich bringen. Wie kann sich der ethnologische Beobachter seinem Gegenstand als Fremdem annähern? Welche Voraussetzungen lenken seinen Blick und beeinflussen somit seine Wahrnehmung? Welche Mechanismen kommen in der Betrachtung des Fremden zum Tragen? Inwieweit beeinflusst die eigene Sozialisation die Auseinandersetzung mit dem Fremden? Hier stellen sich einerseits Fragen nach der Ethnozentrik des Blicks, andererseits auch solche nach der Entstehung einer vorgeprägten Wahrnehmung, die sich in Form von Stereotypen und Vorurteilen äußert. Welche Rolle spielen Stereotypen und wie wirken sie sich auf die Wahrnehmung des Fremden aus? Der dritte Abschnitt widmet sich der Darstellung des Fremden. Das Fremde wird nie ausschließlich im direkten Kontakt erfahren. Die Begegnungen mit dem Fremden werden in vielen Fällen dokumentiert; durch Aufzeichnung und Verschriftlichung entsteht eine Distanz. In der Ethnologie werden wissenschaftliche Texte verfasst, aber auch Diplomaten, Reisende, Schriftsteller, Journalisten und Künstler setzen ihre Begegnungen mit dem
Das Fremde sehen, 2008
Die fotografische Fremdsicht auf Japan im neunzehnten Jahrhundert zeigt, dass zahlreiche Europäer... more Die fotografische Fremdsicht auf Japan im neunzehnten Jahrhundert zeigt, dass zahlreiche Europäer sich insbesondere für die exotisch anmutenden Ansichten Japans interessieren. Fremdartige Kleidung, Architektur oder Traditionen üben einen besonderen Reiz aus, was sich auch in der bildnerischen Umsetzung, insbesondere der Reisefotografie, manifestiert. Wie in Teil I, Abschnitt 2.3.2. dargelegt, unterliegen die visuellen Vorstellungen seit dem Zweiten Weltkrieg den veränderten Bedingungen des durch die amerikanische Besatzung ausgelösten gesellschaftlichen Wandels. Die westliche Aufmerksamkeit richtet sich in zahlreichen Publikationen nach wie vor auf solche Aspekte der japanischen Kultur, die anders sind. In der ständigen Wiederholung einer spezifischen Sichtweise, die Japan als das Andere konstruiert, etablieren sich zahlreiche visuelle Klischees, die sich bis heute auf die westliche Japanrezeption auswirken. Die Dokumentarfotografie, die sich aufgrund ihres spezifischen Umgangs mit der Welt als herausragendes Medium zur Darstellung fremder Kulturen etabliert hat, leistet in der Vermittlung Japans einen wichtigen Beitrag. Das gilt mitunter in Bezug auf die Perpetuierung visueller Klischees, aber sie hat auch Teil an einer Darstellung, die über eine stereotype Wahrnehmung hinausweist. Wie in Teil I, Kapitel 3 erörtert, werden dokumentarische Fotografien mitunter als authentisch oder wahr rezipiert. Weil auch Dokumentarfotografie aufgrund ihrer medialen Konzeption nicht als authentisch gelten kann, ist es zu einer Krise der Repräsentation gekommen. Die fotografischen Ausdrucksmöglichkeiten stehen immer im Verhältnis zu den Vorstellungen und Ansätzen des Fotografierenden, der intendierten Gebrauchsweise der Fotografien sowie ihrer Zeitgenossenschaft. So wie sich die fotografierte Kultur im Lauf der Zeit verändert, so verändern sich auch die Vorstellungen darüber, wie Fotografie sich ihrem Gegenstand nähert und welche visuellen Parameter eingesetzt werden können. Zudem werden ältere Japanfotografien den Fotografen, die ein neues Japanprojekt konzipieren, bekannt sein. Insofern steht die fotografische Auseinandersetzung mit Japan in engem Zusammenhang mit der in Teil I, Kapitel 2 geschilderten allgemeinen Japanrezeption. Die ständige Wiederholung bestimmter Sichtweisen führt auch in der kritischen Auseinandersetzung mit der Ausschnitthaftigkeit fotografischer Bildwelten dazu, dass sie mitunter als einzig zutreffende Beschreibungen wahrgenommen werden. Auf diese Weise entstehen Klischees, die auf zutreffenden Grundvoraussetzungen beruhen mögen, in ihrer Betonung des Differenten in der fremden Kultur aber nur eine Sichtweise auf das fremde Land darstellen. Wenn es
Das Fremde sehen, 2008
Die Untersuchung der Arbeiten Empty Heaven von Paul Graham und Future World von Elisabeth Neudörf... more Die Untersuchung der Arbeiten Empty Heaven von Paul Graham und Future World von Elisabeth Neudörfl verdeutlicht, dass es möglich ist, mit Mitteln der künstlerischen Dokumentarfotografie eine über die üblichen Klischees und Stereotype hinausweisende Darstellung einer fremden Gesellschaft oder Kultur zu erzielen. Die Reaktionen der befragten japanischen Fotografie-Experten geben darüber letzte Sicherheit, denn sie bestätigen, dass Grahams und Neudörfls Arbeiten sich von dem abheben, was gemeinhin von europäischen Fotografen, die in Japan fotografieren, erwartet wird. Es wird deutlich, dass es den beiden Fotografen gelingt, kulturelle Eigenheiten in ihrer alltäglichen Ausprägung ins Bild zu setzen und die japanische Kultur damit nicht allein als different und anders zu präsentieren. So zeigen beide im Detail untersuchten Arbeiten selbst für Japaner interessante und überraschende Aspekte des eigenen Landes. Vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten, mit denen die Fotografie konfrontiert ist, wenn sie sich um authentische oder objektive Darstellungen bemüht, ist dies eine umso höher zu bewertende Leistung. Graham und Neudörfl fragen nicht, was das Fremde ist oder worin die Fremdheit besteht, mit der wir in Japan notwendigerweise konfrontiert sind. Vielmehr nehmen sie das Fremde als Herausforderung an, als das, »worauf wir antworten,« um mit Waldenfels zu sprechen (Waldenfels 1997: 109; Hervorhebung im Original). Sie suchen gerade nicht nach dem was oder wozu von Fremdheit, sondern sie wenden sich der Fremdheit zu, ohne sie benennen oder fixieren zu wollen. Ihre Fotografien geben keine Antworten, die das Publikum nur aufzunehmen braucht, um etwas über Japan zu erfahren. Vielmehr geben sie Fragen an die Betrachter weiter, die mit Assoziationen und eigenem Vorwissen selbst aktiv werden müssen, um Bedeutung zu finden. Bedeutung ist in den Bildern zwar angelegt, aber nicht festgelegt. Die Fotografien sind vielschichtig und fordern-so wie das Fremde selbst-zu okkasionell abweichender Rezeption heraus: sie beginnen zu schillern. Es zeigt sich auch, dass die Fotografie für eine solch differenzierte Sichtweise auf das Fremde nicht neu erfunden werden muss. Sowohl Graham als auch Neudörfl entwickeln vorhandene Linien der Dokumentarfotografie weiter. Sie spitzen sie zu und nutzen sie für eine konzeptionelle Form der künstlerischen Dokumentarfotografie. Finden diese Arbeiten Interesse und Verständnis des Publikums, kann es ihnen im besten Fall gelingen, neue Einsichten zu bewirken. Diese bestehen in dem Verständnis, dass das Fremde nicht ausschließlich das vom Eigenen Abweichende ist, sondern dass im Fremden selbst auch Parallelen zum Eigenen und Elemente von Alltäglichem entdeckt werden können.
Das Fremde sehen, 2008
Die deutsche Fotografin Elisabeth Neudörfl reist 1998 mit einem Stipendium des Deutschen Akademis... more Die deutsche Fotografin Elisabeth Neudörfl reist 1998 mit einem Stipendium des Deutschen Akademischen Austausch Dienstes (DAAD) für vier Monate nach Japan, um dort ein Projekt über Fragen der Sicherheit zu fotografieren. Während eines kürzeren Aufenthaltes im darauf folgenden Jahr arbeitet sie weiter an dem Thema. Erste Kontakte nach Japan knüpft sie bereits 1993 auf einer Reise, wo sie das Künstlerbuch o.T. (Japan-Buch), ein 26 Fotografien umfassendes Unikat fotografiert. 1 In einer konzeptionellen Vorgehensweise behandelt Elisabeth Neudörfl in ihren fotografischen Arbeiten gesellschaftliche, politische und historische Themen. Auch mit Fragen des Urbanen setzt sie sich wiederholt auseinander. Ausgehend von diesen Grundvoraussetzungen beschäftigt sich Neudörfl in Japan vor allem mit der urbanen Situation in Tokyo, einer der dichtest besiedelten Regionen der Erde. In ihrem Projektantrag beschreibt sie ihr Anliegen, ein »Fotoprojekt über das Sicherheitsbedürfnis in Japan« zu fotografieren (vgl. Neudörfl 1997). Die Idee zu dem Thema entwickelt Neudörfl aus Beobachtungen anlässlich ihres ersten Japanbesuchs und ihrer daraus folgenden intensiven Beschäftigung mit Japan. »Der Mangel an Raum, die Dichte der Besiedlung fordern, im Kontext des hohen technologischen Standards, ein dichtes Regelwerk und ein ausgeprägtes Kontrollsystem des gesellschaftlichen Miteinander,« schreibt die Kuratorin Inka Schube 2002 anlässlich Neudörfls Ausstellung im Sprengel Museum Hannover (Schube 2002: o.S.). Die Auseinandersetzung mit Fragen der Sicherheit, die das individuelle und gesellschaftliche Handeln prägen, bildet die Leitlinie in Neudörfls Beschäftigung mit Japan. Das japanische Sicherheitsbedürfnis kann in enger Verbindung zu den geografischen Umständen Japans gelesen werden. Naturkatastrophen haben Japan in seiner Geschichte wiederholt heimgesucht, Erdbeben, Flutwellen und Taifune stellen eine permanente Bedrohung dar. Das große Kantô-Erdbeben vernichtet 1923 einen Großteil der Metropole Tokyo. 2 Die Bilder des Erdbebens von Kobe, die im Januar 1995 um die Welt gehen, sind allgemein bekannt. 3 Wenn das Dasein durch äußere Faktoren stetigen Unsicherheiten unterworfen ist, ist der Wunsch nach Sicherheit in kontrollierbaren
Image and narrative, 2015
The paper discusses questions of temporality and narration in Paul Graham’s photobook A Shimmer o... more The paper discusses questions of temporality and narration in Paul Graham’s photobook A Shimmer of Possibility . Graham’s use of photographic sequences decidedly contests the single photograph. He makes use of filmic methods such as temporality and montage that foster narration. The medium of the photobook supports the methods applied by creating a succession of pictures that can only be perceived one after another and therefore in time. Discussed are questions of stylistic methods, their relation to film, and the specific mediality of the photobook.
The paper discusses questions of temporality and narration in Paul Graham’s photobook "A Shimmer ... more The paper discusses questions of temporality and narration in Paul Graham’s photobook "A Shimmer of Possibility". Graham’s use of photographic sequences decidedly contests the single photograph. He makes use of filmic methods such as temporality and montage that foster narration. The medium of the photobook supports the methods applied by creating a succession of pictures that can only be perceived one after another and therefore in time. Discussed are questions of stylistic methods, their relation to film, and the specific mediality of the photobook.
Visual Resources, 2014
Please email me if you want to read full paper.
Books by Bettina Lockemann
Thinking the Photobook. A Practical Guide, 2022
The photobook visually and materially contextualizes arrangements of photographs and brings them ... more The photobook visually and materially contextualizes arrangements of photographs and brings them into a sensually tangible form. The book format, the materiality of the paper, and the type of binding have just as much of an effect on the viewer as the selection of images, their positioning in the layout, typography, and the texts. The artist and theorist Bettina Lockemann provides an approach to the medium from a research perspective: considering the photobook as an independent subject of art theories, her phenomenological discussion complements methodological lines of thought. An important contribution to the photobook as an independent field of research, Lockemann elaborates precise terms for analyzing this medium. Through a practice-based examination of contemporary photobooks, this guide emphasizes the status of the photobook as an artwork in its own right.
transcript Verlag eBooks, Dec 31, 2008
Servicio de Publicaciones Universidad de Navarra, 2016
The paper introduces a photographic approach to the topics of housing projects and automobile-fri... more The paper introduces a photographic approach to the topics of housing projects and automobile-friendliness as perceived in an average German city. The photographic series From the Periphery explores not only multiple layers of peripherization within the urban fabric but also the onlookers' perspective that differs according to the chosen mode of transportation. Interweaving the underlying photographic concept of artistic documentary-chosen to provide the viewers a specific visuality of urban constellations-with the urban condition and photography theory the paper explores the visual access to specific urban aspects. Taking preliminary decision-making and work on location into account, the paper provides a profound insight into a photographer's mode of operation within the urban sphere.
Das Fremde sehen, 2008
Bevor konkret fotografische Abbildungen Japans analysiert werden, sollen in diesem Kapitel zunäch... more Bevor konkret fotografische Abbildungen Japans analysiert werden, sollen in diesem Kapitel zunächst die theoretischen Grundlagen des Blicks auf das Fremde untersucht werden. Dies geschieht in drei Schritten. Im ersten Schritt geht es um die Frage, worum es sich genau handelt, wenn wir von dem Fremden sprechen? Kann man es (wissenschaftlich) erkennen und lässt es sich theoretisch beschreiben? Die Relation des Fremden zum Eigenen scheint hier von großer Bedeutung, was wiederum Fragen der Identität und Alterität aufwirft. Weiterhin ist zu untersuchen, wie sich das Fremde vom Anderen unterscheidet. Gibt es Parallelen zwischen dem Fremden und dem Anderen oder ist das Andere das Fremde oder das Fremde das Andere? Diese Fragestellungen öffnen ein sehr breites Untersuchungsfeld, das in ganz unterschiedlichen Forschungsgebieten wie beispielsweise der Philosophie, der Soziologie, der Germanistik, den Kulturwissenschaften, der Anthropologie und der Ethnologie untersucht worden ist und wird. Im Rahmen dieser Studie können lediglich einige grundsätzliche Probleme umrissen werden, um die Voraussetzungen für die Untersuchung zeitgenössischer fotografischer Darstellungen Japans aus europäischer Sicht zu schaffen. Nach der Auseinandersetzung mit der Begriffskonstellation des Fremden, Eigenen und Anderen folgt im nächsten Schritt die Beschäftigung mit der Fremderfahrung, der Begegnung mit dem Fremden. Hier lohnt sich zunächst ein Blick zur Ethnologie, die als Wissenschaft vom kulturell Fremden prädestiniert dafür ist, Konzeptionen zur Annäherung an das Fremde bereitzustellen. Gleichzeitig werden in der Ethnologie auch zahlreiche Probleme diskutiert, die die Annäherung an das Fremde und der wissenschaftliche Anspruch einer objektiven Darstellung des Fremden mit sich bringen. Wie kann sich der ethnologische Beobachter seinem Gegenstand als Fremdem annähern? Welche Voraussetzungen lenken seinen Blick und beeinflussen somit seine Wahrnehmung? Welche Mechanismen kommen in der Betrachtung des Fremden zum Tragen? Inwieweit beeinflusst die eigene Sozialisation die Auseinandersetzung mit dem Fremden? Hier stellen sich einerseits Fragen nach der Ethnozentrik des Blicks, andererseits auch solche nach der Entstehung einer vorgeprägten Wahrnehmung, die sich in Form von Stereotypen und Vorurteilen äußert. Welche Rolle spielen Stereotypen und wie wirken sie sich auf die Wahrnehmung des Fremden aus? Der dritte Abschnitt widmet sich der Darstellung des Fremden. Das Fremde wird nie ausschließlich im direkten Kontakt erfahren. Die Begegnungen mit dem Fremden werden in vielen Fällen dokumentiert; durch Aufzeichnung und Verschriftlichung entsteht eine Distanz. In der Ethnologie werden wissenschaftliche Texte verfasst, aber auch Diplomaten, Reisende, Schriftsteller, Journalisten und Künstler setzen ihre Begegnungen mit dem
Das Fremde sehen, 2008
Die fotografische Fremdsicht auf Japan im neunzehnten Jahrhundert zeigt, dass zahlreiche Europäer... more Die fotografische Fremdsicht auf Japan im neunzehnten Jahrhundert zeigt, dass zahlreiche Europäer sich insbesondere für die exotisch anmutenden Ansichten Japans interessieren. Fremdartige Kleidung, Architektur oder Traditionen üben einen besonderen Reiz aus, was sich auch in der bildnerischen Umsetzung, insbesondere der Reisefotografie, manifestiert. Wie in Teil I, Abschnitt 2.3.2. dargelegt, unterliegen die visuellen Vorstellungen seit dem Zweiten Weltkrieg den veränderten Bedingungen des durch die amerikanische Besatzung ausgelösten gesellschaftlichen Wandels. Die westliche Aufmerksamkeit richtet sich in zahlreichen Publikationen nach wie vor auf solche Aspekte der japanischen Kultur, die anders sind. In der ständigen Wiederholung einer spezifischen Sichtweise, die Japan als das Andere konstruiert, etablieren sich zahlreiche visuelle Klischees, die sich bis heute auf die westliche Japanrezeption auswirken. Die Dokumentarfotografie, die sich aufgrund ihres spezifischen Umgangs mit der Welt als herausragendes Medium zur Darstellung fremder Kulturen etabliert hat, leistet in der Vermittlung Japans einen wichtigen Beitrag. Das gilt mitunter in Bezug auf die Perpetuierung visueller Klischees, aber sie hat auch Teil an einer Darstellung, die über eine stereotype Wahrnehmung hinausweist. Wie in Teil I, Kapitel 3 erörtert, werden dokumentarische Fotografien mitunter als authentisch oder wahr rezipiert. Weil auch Dokumentarfotografie aufgrund ihrer medialen Konzeption nicht als authentisch gelten kann, ist es zu einer Krise der Repräsentation gekommen. Die fotografischen Ausdrucksmöglichkeiten stehen immer im Verhältnis zu den Vorstellungen und Ansätzen des Fotografierenden, der intendierten Gebrauchsweise der Fotografien sowie ihrer Zeitgenossenschaft. So wie sich die fotografierte Kultur im Lauf der Zeit verändert, so verändern sich auch die Vorstellungen darüber, wie Fotografie sich ihrem Gegenstand nähert und welche visuellen Parameter eingesetzt werden können. Zudem werden ältere Japanfotografien den Fotografen, die ein neues Japanprojekt konzipieren, bekannt sein. Insofern steht die fotografische Auseinandersetzung mit Japan in engem Zusammenhang mit der in Teil I, Kapitel 2 geschilderten allgemeinen Japanrezeption. Die ständige Wiederholung bestimmter Sichtweisen führt auch in der kritischen Auseinandersetzung mit der Ausschnitthaftigkeit fotografischer Bildwelten dazu, dass sie mitunter als einzig zutreffende Beschreibungen wahrgenommen werden. Auf diese Weise entstehen Klischees, die auf zutreffenden Grundvoraussetzungen beruhen mögen, in ihrer Betonung des Differenten in der fremden Kultur aber nur eine Sichtweise auf das fremde Land darstellen. Wenn es
Das Fremde sehen, 2008
Die Untersuchung der Arbeiten Empty Heaven von Paul Graham und Future World von Elisabeth Neudörf... more Die Untersuchung der Arbeiten Empty Heaven von Paul Graham und Future World von Elisabeth Neudörfl verdeutlicht, dass es möglich ist, mit Mitteln der künstlerischen Dokumentarfotografie eine über die üblichen Klischees und Stereotype hinausweisende Darstellung einer fremden Gesellschaft oder Kultur zu erzielen. Die Reaktionen der befragten japanischen Fotografie-Experten geben darüber letzte Sicherheit, denn sie bestätigen, dass Grahams und Neudörfls Arbeiten sich von dem abheben, was gemeinhin von europäischen Fotografen, die in Japan fotografieren, erwartet wird. Es wird deutlich, dass es den beiden Fotografen gelingt, kulturelle Eigenheiten in ihrer alltäglichen Ausprägung ins Bild zu setzen und die japanische Kultur damit nicht allein als different und anders zu präsentieren. So zeigen beide im Detail untersuchten Arbeiten selbst für Japaner interessante und überraschende Aspekte des eigenen Landes. Vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten, mit denen die Fotografie konfrontiert ist, wenn sie sich um authentische oder objektive Darstellungen bemüht, ist dies eine umso höher zu bewertende Leistung. Graham und Neudörfl fragen nicht, was das Fremde ist oder worin die Fremdheit besteht, mit der wir in Japan notwendigerweise konfrontiert sind. Vielmehr nehmen sie das Fremde als Herausforderung an, als das, »worauf wir antworten,« um mit Waldenfels zu sprechen (Waldenfels 1997: 109; Hervorhebung im Original). Sie suchen gerade nicht nach dem was oder wozu von Fremdheit, sondern sie wenden sich der Fremdheit zu, ohne sie benennen oder fixieren zu wollen. Ihre Fotografien geben keine Antworten, die das Publikum nur aufzunehmen braucht, um etwas über Japan zu erfahren. Vielmehr geben sie Fragen an die Betrachter weiter, die mit Assoziationen und eigenem Vorwissen selbst aktiv werden müssen, um Bedeutung zu finden. Bedeutung ist in den Bildern zwar angelegt, aber nicht festgelegt. Die Fotografien sind vielschichtig und fordern-so wie das Fremde selbst-zu okkasionell abweichender Rezeption heraus: sie beginnen zu schillern. Es zeigt sich auch, dass die Fotografie für eine solch differenzierte Sichtweise auf das Fremde nicht neu erfunden werden muss. Sowohl Graham als auch Neudörfl entwickeln vorhandene Linien der Dokumentarfotografie weiter. Sie spitzen sie zu und nutzen sie für eine konzeptionelle Form der künstlerischen Dokumentarfotografie. Finden diese Arbeiten Interesse und Verständnis des Publikums, kann es ihnen im besten Fall gelingen, neue Einsichten zu bewirken. Diese bestehen in dem Verständnis, dass das Fremde nicht ausschließlich das vom Eigenen Abweichende ist, sondern dass im Fremden selbst auch Parallelen zum Eigenen und Elemente von Alltäglichem entdeckt werden können.
Das Fremde sehen, 2008
Die deutsche Fotografin Elisabeth Neudörfl reist 1998 mit einem Stipendium des Deutschen Akademis... more Die deutsche Fotografin Elisabeth Neudörfl reist 1998 mit einem Stipendium des Deutschen Akademischen Austausch Dienstes (DAAD) für vier Monate nach Japan, um dort ein Projekt über Fragen der Sicherheit zu fotografieren. Während eines kürzeren Aufenthaltes im darauf folgenden Jahr arbeitet sie weiter an dem Thema. Erste Kontakte nach Japan knüpft sie bereits 1993 auf einer Reise, wo sie das Künstlerbuch o.T. (Japan-Buch), ein 26 Fotografien umfassendes Unikat fotografiert. 1 In einer konzeptionellen Vorgehensweise behandelt Elisabeth Neudörfl in ihren fotografischen Arbeiten gesellschaftliche, politische und historische Themen. Auch mit Fragen des Urbanen setzt sie sich wiederholt auseinander. Ausgehend von diesen Grundvoraussetzungen beschäftigt sich Neudörfl in Japan vor allem mit der urbanen Situation in Tokyo, einer der dichtest besiedelten Regionen der Erde. In ihrem Projektantrag beschreibt sie ihr Anliegen, ein »Fotoprojekt über das Sicherheitsbedürfnis in Japan« zu fotografieren (vgl. Neudörfl 1997). Die Idee zu dem Thema entwickelt Neudörfl aus Beobachtungen anlässlich ihres ersten Japanbesuchs und ihrer daraus folgenden intensiven Beschäftigung mit Japan. »Der Mangel an Raum, die Dichte der Besiedlung fordern, im Kontext des hohen technologischen Standards, ein dichtes Regelwerk und ein ausgeprägtes Kontrollsystem des gesellschaftlichen Miteinander,« schreibt die Kuratorin Inka Schube 2002 anlässlich Neudörfls Ausstellung im Sprengel Museum Hannover (Schube 2002: o.S.). Die Auseinandersetzung mit Fragen der Sicherheit, die das individuelle und gesellschaftliche Handeln prägen, bildet die Leitlinie in Neudörfls Beschäftigung mit Japan. Das japanische Sicherheitsbedürfnis kann in enger Verbindung zu den geografischen Umständen Japans gelesen werden. Naturkatastrophen haben Japan in seiner Geschichte wiederholt heimgesucht, Erdbeben, Flutwellen und Taifune stellen eine permanente Bedrohung dar. Das große Kantô-Erdbeben vernichtet 1923 einen Großteil der Metropole Tokyo. 2 Die Bilder des Erdbebens von Kobe, die im Januar 1995 um die Welt gehen, sind allgemein bekannt. 3 Wenn das Dasein durch äußere Faktoren stetigen Unsicherheiten unterworfen ist, ist der Wunsch nach Sicherheit in kontrollierbaren
Image and narrative, 2015
The paper discusses questions of temporality and narration in Paul Graham’s photobook A Shimmer o... more The paper discusses questions of temporality and narration in Paul Graham’s photobook A Shimmer of Possibility . Graham’s use of photographic sequences decidedly contests the single photograph. He makes use of filmic methods such as temporality and montage that foster narration. The medium of the photobook supports the methods applied by creating a succession of pictures that can only be perceived one after another and therefore in time. Discussed are questions of stylistic methods, their relation to film, and the specific mediality of the photobook.
The paper discusses questions of temporality and narration in Paul Graham’s photobook "A Shimmer ... more The paper discusses questions of temporality and narration in Paul Graham’s photobook "A Shimmer of Possibility". Graham’s use of photographic sequences decidedly contests the single photograph. He makes use of filmic methods such as temporality and montage that foster narration. The medium of the photobook supports the methods applied by creating a succession of pictures that can only be perceived one after another and therefore in time. Discussed are questions of stylistic methods, their relation to film, and the specific mediality of the photobook.
Visual Resources, 2014
Please email me if you want to read full paper.
Thinking the Photobook. A Practical Guide, 2022
The photobook visually and materially contextualizes arrangements of photographs and brings them ... more The photobook visually and materially contextualizes arrangements of photographs and brings them into a sensually tangible form. The book format, the materiality of the paper, and the type of binding have just as much of an effect on the viewer as the selection of images, their positioning in the layout, typography, and the texts. The artist and theorist Bettina Lockemann provides an approach to the medium from a research perspective: considering the photobook as an independent subject of art theories, her phenomenological discussion complements methodological lines of thought. An important contribution to the photobook as an independent field of research, Lockemann elaborates precise terms for analyzing this medium. Through a practice-based examination of contemporary photobooks, this guide emphasizes the status of the photobook as an artwork in its own right.