Andreas R. Hofmann - Academia.edu (original) (raw)
Papers by Andreas R. Hofmann
Jahrbucher Fur Geschichte Osteuropas, 2005
Die Beiträge des multidisziplinären Konferenzbandes kreisen um innere Struktur sowie zeitliches u... more Die Beiträge des multidisziplinären Konferenzbandes kreisen um innere Struktur sowie zeitliches und kulturräumliches Auftreten von Verschwörungstheorien. Ruth Groh deutet sie als anthropologische Konstante, die sich seit biblischen Zeiten nachweisen läßt. Auch Werner Tschacher mit seinem Beitrag zu frühneuzeitlichen Hexenverfolgungen und Stefan Brüne in einer Einführung zu sozialen Diskursen in der äthiopischen Kultur wiesen nach, daß Verschwörungstheorien keine exklusive Erscheinung der europäischen Moderne sind. Sind sie identisch mit der Paranoia, die sich unter bestimmten Umständen zu einem sozialpathologischen Syndrom ausweitet, wie Hans-Joachim Maaz am Beispiel der Nachwende-DDR darlegt? Diese These wird untermauert von Krzysztof Korzeniowski, der ausführt, daß sozioökonomischer Status und demographische Faktoren gegenüber psychologischen Einflüssen bei den Trägern einer "politischen Paranoia" eine untergeordnete Rolle spielen. Rudolf Jaworski dagegen warnt vor der simplen Gleichsetzung des Verfolgungswahns mit der Verschwörungstheorie, deren strukturelle Verschiedenartigkeit bei der soziopolitischen Analyse beachtet werden müsse. Anhand der "Protokolle der Weisen von Zion" führt Michael Hagemeister vor, wie ein verschwörungstheoretischer Text seine eigene Metatheorie produziert, die ihrerseits die Legende von seiner Herstellung hartnäckig gegen die wissenschaftliche Forschung behauptet. Johannes Rogalla von Bieberstein führt mit den Freimaurern eine als Objekt von Verschwörungstheorien notorische Gruppe vor; seine etwas sprunghafte Argumentation macht jedoch nicht verständlich, wie es zu einer Verquickung antifreimaurerischer und antisemitischer Theoreme kommen konnte. Verschwörungstheorien nicht nur als politisches Instrumentarium, sondern als Strukturmerkmal kommunistischer Systeme führen vor: Gabor T. Rittersporn in einem quellengesättigten Aufsatz über die stalinistische Sowjetunion; Teresa Bogucka in einem autobiographisch gefärbten Essay über das Polen der 1950er und 1960er Jahre; schließlich Michal G1 o w i n s k i in einem diskursanalytischen Beitrag über das antisemitische "Märzgeschwätz" im Polen des Jahres 1968. Einige Autorinnen und Autoren äußern durchaus Zweifel an der wissenschaftlichen Tauglichkeit des Konzepts. Denn allzu leicht erliegt der Forscher der "verschwörungstheoretischen Versuchung" (Dieter Groh), indem er durch extensive Anwendung des Konzepts schließlich die gesamte soziale und politische Welt durch vielfältige Verschwörungstheorien manipuliert sieht. Um so mehr ist der Hrsg.in und dem Hrsg. für den Versuch zu danken, mit ihrem spannenden Band eine Diskussion anzustoßen und dabei die Grenzen des regionalwissenschaftlichen Rahmens ihrer Institution zu sprengen. Leipzig
Historische Zeitschrift, 2016
The English Historical Review, 2017
Central European History, 2015
* von A n d r e a s R. H o f m a n n Unter den Vorzeichen der Neuen Kulturgeschichte 1 liefern di... more * von A n d r e a s R. H o f m a n n Unter den Vorzeichen der Neuen Kulturgeschichte 1 liefern die großen Ausstellungen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts hervorragendes Anschauungsmaterial. Denn die zeitgenössischen gesellschaftlichen Selbstverständigungsprozesse treten uns in ihren publikumswirksamen Inszenierungen von materiellen Exponaten in einer in Zeit und Raum komprimierten Form entgegen. Ihre noch in der Retrospektive deutlich zu spürende semantische Überladung rührt zum einen aus den expliziten Intentionen der Ausstellungsmacher, zum andern und wesentlicheren aber aus dem in den zeitgenössischen Kulturen verankerten Fundus an Kollektivsymbolen, aus dem der Mehrheit der Zeitgenossen bewussten oder im kulturellen Gedächtnis der damaligen Gesellschaften verankerten Symbolgehalt bestimmter sprachlicher und außersprachlicher Zeichen. 2 Diese im Kontext der Expositionen aufzuspüren und adäquat-im * Dies ist die überarbeitete und aktualisierte Fassung eines Beitrags, der zuerst unter dem Titel erschienen ist:
Neuzeitliche Bilderhandschriften zu militärischen Gegenständen sind eine eigentümliche heeres-und... more Neuzeitliche Bilderhandschriften zu militärischen Gegenständen sind eine eigentümliche heeres-und uniformkundliche Quellengattung. Sie erfreuen sich eines hohen Bekannt-und Beliebtheitsgrades bei Militaria-und Zinnfigurensammlern, während sie in der professionellen Militärgeschichte vorerst noch nicht recht angekommen zu sein scheinen. Bezeichnenderweise sind Anstrengungen, diese archivalischen Unikate in Editionen der interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, bislang fast durchweg abseits des akademischen Betriebs von Amateurhistorikern unternommen worden. Ein solcher-im besten Sinne des Wortes-Amateur ist Thomas Hemmann, der seit 2010 eine inzwischen auf sieben Bände angewachsene Serie von "Bilderhandschriften und Druckserien der Napoleonischen Kriege" veröffentlicht hat.[1] Glücklicherweise ist der Amateurstatus im historischen Metier nicht notwendig gleichbedeutend mit geringem wissenschaftlichen Wert. Vielmehr gilt für die hier anzuzeigenden Bände, dass sie ...
Auch wenn der Schutzumschlag Peter von Hess' bekanntes Gemälde der Völkerschlacht bei Leipzig... more Auch wenn der Schutzumschlag Peter von Hess' bekanntes Gemälde der Völkerschlacht bei Leipzig zeigt, handelt es sich bei dem vorzustellenden populärwissenschaftlichen Buch nicht um eine militärgeschichtliche Darstellung. Die Befreiungskriege liefern eher die Folie für einen sehr anekdotenreichen und personenorientierten Überblick über die seit den Revolutionskriegen bis in die Restauration nach dem Wiener Kongress hinein geführten publizistisch-literarischen Debatten, die um Begriffe wie "Deutschland", "Nation", "Einheit" und "Freiheit" kreisten. Für die Militärgeschichte sind diese Debatten von Interesse, weil sie auch die Motivlage der Kriegsteilnehmer und zivilen Zeitzeugen und nicht zuletzt die Frage beleuchten, inwiefern Krieg in diesem Zeitraum von einer Sache der Fürsten zu einer der Nationen wurde. Zuerst fällt ein anscheinender terminologischer Missgriff im Untertitel auf-üblicherweise umfassen die Napoleonischen Kriege die Jahre ...
Militaergeschichtliche Zeitschrift, 2018
Jahrbucher Fur Geschichte Osteuropas, 2005
Die Beiträge des multidisziplinären Konferenzbandes kreisen um innere Struktur sowie zeitliches u... more Die Beiträge des multidisziplinären Konferenzbandes kreisen um innere Struktur sowie zeitliches und kulturräumliches Auftreten von Verschwörungstheorien. Ruth Groh deutet sie als anthropologische Konstante, die sich seit biblischen Zeiten nachweisen läßt. Auch Werner Tschacher mit seinem Beitrag zu frühneuzeitlichen Hexenverfolgungen und Stefan Brüne in einer Einführung zu sozialen Diskursen in der äthiopischen Kultur wiesen nach, daß Verschwörungstheorien keine exklusive Erscheinung der europäischen Moderne sind. Sind sie identisch mit der Paranoia, die sich unter bestimmten Umständen zu einem sozialpathologischen Syndrom ausweitet, wie Hans-Joachim Maaz am Beispiel der Nachwende-DDR darlegt? Diese These wird untermauert von Krzysztof Korzeniowski, der ausführt, daß sozioökonomischer Status und demographische Faktoren gegenüber psychologischen Einflüssen bei den Trägern einer "politischen Paranoia" eine untergeordnete Rolle spielen. Rudolf Jaworski dagegen warnt vor der simplen Gleichsetzung des Verfolgungswahns mit der Verschwörungstheorie, deren strukturelle Verschiedenartigkeit bei der soziopolitischen Analyse beachtet werden müsse. Anhand der "Protokolle der Weisen von Zion" führt Michael Hagemeister vor, wie ein verschwörungstheoretischer Text seine eigene Metatheorie produziert, die ihrerseits die Legende von seiner Herstellung hartnäckig gegen die wissenschaftliche Forschung behauptet. Johannes Rogalla von Bieberstein führt mit den Freimaurern eine als Objekt von Verschwörungstheorien notorische Gruppe vor; seine etwas sprunghafte Argumentation macht jedoch nicht verständlich, wie es zu einer Verquickung antifreimaurerischer und antisemitischer Theoreme kommen konnte. Verschwörungstheorien nicht nur als politisches Instrumentarium, sondern als Strukturmerkmal kommunistischer Systeme führen vor: Gabor T. Rittersporn in einem quellengesättigten Aufsatz über die stalinistische Sowjetunion; Teresa Bogucka in einem autobiographisch gefärbten Essay über das Polen der 1950er und 1960er Jahre; schließlich Michal G1 o w i n s k i in einem diskursanalytischen Beitrag über das antisemitische "Märzgeschwätz" im Polen des Jahres 1968. Einige Autorinnen und Autoren äußern durchaus Zweifel an der wissenschaftlichen Tauglichkeit des Konzepts. Denn allzu leicht erliegt der Forscher der "verschwörungstheoretischen Versuchung" (Dieter Groh), indem er durch extensive Anwendung des Konzepts schließlich die gesamte soziale und politische Welt durch vielfältige Verschwörungstheorien manipuliert sieht. Um so mehr ist der Hrsg.in und dem Hrsg. für den Versuch zu danken, mit ihrem spannenden Band eine Diskussion anzustoßen und dabei die Grenzen des regionalwissenschaftlichen Rahmens ihrer Institution zu sprengen. Leipzig
Historische Zeitschrift, 2016
The English Historical Review, 2017
Central European History, 2015
* von A n d r e a s R. H o f m a n n Unter den Vorzeichen der Neuen Kulturgeschichte 1 liefern di... more * von A n d r e a s R. H o f m a n n Unter den Vorzeichen der Neuen Kulturgeschichte 1 liefern die großen Ausstellungen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts hervorragendes Anschauungsmaterial. Denn die zeitgenössischen gesellschaftlichen Selbstverständigungsprozesse treten uns in ihren publikumswirksamen Inszenierungen von materiellen Exponaten in einer in Zeit und Raum komprimierten Form entgegen. Ihre noch in der Retrospektive deutlich zu spürende semantische Überladung rührt zum einen aus den expliziten Intentionen der Ausstellungsmacher, zum andern und wesentlicheren aber aus dem in den zeitgenössischen Kulturen verankerten Fundus an Kollektivsymbolen, aus dem der Mehrheit der Zeitgenossen bewussten oder im kulturellen Gedächtnis der damaligen Gesellschaften verankerten Symbolgehalt bestimmter sprachlicher und außersprachlicher Zeichen. 2 Diese im Kontext der Expositionen aufzuspüren und adäquat-im * Dies ist die überarbeitete und aktualisierte Fassung eines Beitrags, der zuerst unter dem Titel erschienen ist:
Neuzeitliche Bilderhandschriften zu militärischen Gegenständen sind eine eigentümliche heeres-und... more Neuzeitliche Bilderhandschriften zu militärischen Gegenständen sind eine eigentümliche heeres-und uniformkundliche Quellengattung. Sie erfreuen sich eines hohen Bekannt-und Beliebtheitsgrades bei Militaria-und Zinnfigurensammlern, während sie in der professionellen Militärgeschichte vorerst noch nicht recht angekommen zu sein scheinen. Bezeichnenderweise sind Anstrengungen, diese archivalischen Unikate in Editionen der interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, bislang fast durchweg abseits des akademischen Betriebs von Amateurhistorikern unternommen worden. Ein solcher-im besten Sinne des Wortes-Amateur ist Thomas Hemmann, der seit 2010 eine inzwischen auf sieben Bände angewachsene Serie von "Bilderhandschriften und Druckserien der Napoleonischen Kriege" veröffentlicht hat.[1] Glücklicherweise ist der Amateurstatus im historischen Metier nicht notwendig gleichbedeutend mit geringem wissenschaftlichen Wert. Vielmehr gilt für die hier anzuzeigenden Bände, dass sie ...
Auch wenn der Schutzumschlag Peter von Hess' bekanntes Gemälde der Völkerschlacht bei Leipzig... more Auch wenn der Schutzumschlag Peter von Hess' bekanntes Gemälde der Völkerschlacht bei Leipzig zeigt, handelt es sich bei dem vorzustellenden populärwissenschaftlichen Buch nicht um eine militärgeschichtliche Darstellung. Die Befreiungskriege liefern eher die Folie für einen sehr anekdotenreichen und personenorientierten Überblick über die seit den Revolutionskriegen bis in die Restauration nach dem Wiener Kongress hinein geführten publizistisch-literarischen Debatten, die um Begriffe wie "Deutschland", "Nation", "Einheit" und "Freiheit" kreisten. Für die Militärgeschichte sind diese Debatten von Interesse, weil sie auch die Motivlage der Kriegsteilnehmer und zivilen Zeitzeugen und nicht zuletzt die Frage beleuchten, inwiefern Krieg in diesem Zeitraum von einer Sache der Fürsten zu einer der Nationen wurde. Zuerst fällt ein anscheinender terminologischer Missgriff im Untertitel auf-üblicherweise umfassen die Napoleonischen Kriege die Jahre ...
Militaergeschichtliche Zeitschrift, 2018