Bewusstseinsstörungen — Diagnose und Prognose (original) (raw)
Related papers
2014
Das Wachkoma nach erworbener Hirnschadigung stellt, sofern nicht eine chronische neurodegenerative Erkrankung zugrunde liegt, ein postkomatoses Zustandsbild dar. Es wird zu den schweren Bewusstseinsstorungen gezahlt. Vom Koma unterscheidet es sich in erster Linie durch das Geoffnetsein der Augen und den Fahigkeitsruckgewinn selbststandiger Atmung. Oftmals ist das Wachkoma ein transienter Zustand unbestimmter Zeitdauer und geht dann in das Zustandsbild des Minimally Conscious State uber. Sehr selten kann eine vollstandige Genesung erfolgen. Einerseits stellt die Differenzierung zwischen diesen Zustandsbildern sowie die gesamte Verlaufsbeobachtung wahrend der Rehabilitation das behandelnde Team vor grosse Herausforderungen, was sich in einer Fehldiagnoserate von bis zu 40 Prozent widerspiegelt. Die hohe Fehldiagnoserate ist nicht zuletzt auf einen Mangel an sensitiven Beobachtungsinstrumenten zuruckzufuhren. Die klinische Praxis in der Rehabilitation von Menschen mit schweren erworben...
Systemische Therapie und das »störungsspezifische Wissen«
Kontext, 2011
Arist von Schlippe (AvS): Ich möchte kurz schildern, wie es zu diesem Buch 2 gekommen ist. Am 18. Dezember 2004, ich war noch Vorsitzender der SG, traf sich in Köln eine größere Gruppe, u. a. die Vorstände der beiden Gesellschaften, Kurt Ludewig und Jürgen Kriz, um eine Grundsatzentscheidung darüber zu treffen, ob wir noch einmal den Weg gehen, uns um die Anerkennung der systemischen Therapie durch den Wissenschaftlichen Beirat zu bemühen oder nicht. Zwei Jahre vorher hatten wir ja die sogenannte Kölner Erklärung der SG formuliert, mit der wir uns aus diesem Prozess zurückgezogen hatten. Unsere Idee war, die Ablehnung durch den Wissenschaftlichen Beirat als ein Zeichen und »Geschenk« zu nehmen, dass wir sozusagen unbeschadet von irgendwelchen politischen Zwängen unsere systemische Identität weiterentwickeln können. Und in diesem Kontext der Kölner Erklärung machte mir damals dieser 18. Dezember 2004 heftig Bauschmerzen.
Willensschwäche – Eine Systematisierung und eine Erklärung
2013
Der Artikel diskutiert die klassische, von Platon definierte Form der Willensschwäche, hier „Akrasie“ genannt: 1. Man tut absichtlich a, 2. obwohl man glaubt, b zu tun sei optimal, 3. und b auch tun kann, 4. und der Glaube 2 ist besser begründet ist als die Absicht zu a. Akrasie ist eigentlich ein Problem i.w.S. kognitivistischer Handlungstheorien, deren aktuellste Version die Optimalitätsurteilstheorie ist, nach der Absichten Urteile der Art sind: ‘Die Handlung a ist für mich optimal’. Akrasie ist danach prima facie nicht möglich: Der Optimalitätsglaube 2 hätte zur Ausführung von b führen müssen. Der Artikel entwickelt eine Lösung dieses Problems für die Optimalitätsurteilstheorie, erklärt, wie Akrasie auch nach dieser Theorie möglich ist, und zeigt, daß nonkognitivistische Theorien größere Probleme durch das Phänomen der Akrasie haben. Genauer werden fünf durch Akrasie aufgeworfene Erklärungsprobleme herausgearbeitet: 1. das Versuchungsproblem, 2. das Nichtdurchsetzungsproblem, 3....
Was kann die phänomenologische Psychologie zum Bewusstseinsproblem beitragen
Was kann die phänomenologische Psychologie zum Bewusstseinsproblem beitragen, 2022
https://scilogs.spektrum.de/menschen-bilder/was-kann-die-phaenomenologische-psychologie-zum-bewusstseinsproblem-beitragen/ Die Phänomenologie war im deutschsprachigen Bereich einst von großer Bedeutung. Welche Rolle kann sie für die heutige Psychologie und Hirnforschung spielen? Und wie verhält sie sich zur Naturwissenschaft? Drei aufstrebende akademische Talente formulieren Antworten. Kürzlich hat sich Stephan Schleim der Frage gewidmet, warum die Hirnforschung die Psychologie braucht. Dabei ist er auf die Phänomenologie zu sprechen gekommen, in der “das, was uns erscheint, für grundlegend” gehalten wird. Mithilfe der Phänomenologie sei es der Psychologie möglich, sich auf die ursprüngliche Erfahrung zu besinnen und ‘Seelenlehre’ statt ‘Seelenleere’ zu betreiben. In weiterer Folge ergab sich ein lebhafter Austausch. Ein aufmerksamen Leser stellte hierbei zwei ausschlaggebende Rückfragen an die ‘phänomenologische Herangehensweise’, insbesondere bezüglich ihres Stellenwertes für das sogenannte Bewusstseinsproblem. Das ist eine erfreuliche Gelegenheit für einen Dialog zwischen Phänomenologie und Psychologie, der wir uns in unserem Gastbeitrag annehmen möchten. Bevor wir uns den beiden Schlüsselfragen widmen, jedoch zunächst ein kleiner Überblick, was es mit der Phänomenologie in der Psychologie auf sich hat.
2016 Intentionale Inexistenz und Bewusstsein
In diesem Beitrag geht es um die Beziehung zwischen Intentionalität und Bewusstsein. Die Untersuchung konzentriert sich auf den Fall der Wahrnehmung. Die Erweiterung der Argumentation auf weitere intentionale Erlebnisse muss auf eine andere Gelegenheit verschoben werden. Der Beitrag geht von Brentanos These aus, dass Intentionalität ein spezifisches Merkmal bewusster Erlebnisse ist. Brentano selbst hat Intentionalität über den Begriff der intentionalen Inexistenz definiert. Brentanos Standpunkt wird mit einigen Überlegungen von Russell und Moore verglichen, um zum Schluss zu kommen, dass die in einem perzeptuellen Erlebnis gegebenen Qualitäten keine internen Bestandteile der Erlebnisse sein können. Damit wird von einer verbreiteten Form von Repräsentationalismus Abstand genommen, dem zufolge die erlebten Qualitäten eines Erlebnisses durch innere Empfindungen bestimmt werden. Intentionalität ist ein Merkmal perzeptueller Erlebnissen insofern das Subjekt darin externe Qualitäten direkt erlebt. Der Beitrag argumentiert gegen eine repräsentationalistische Auffassung der Wahrnehmung. Im Unterschied zur den gegenwärtig herrschenden anti-repräsentationalistischen Auffassungen zielt die hier gelieferte Position allerdings nicht auf eine Form von Disjuktivismus 1 ab. Die Argumentation in diese Hinsicht wird vorbeireitet, sie kann hier allerdings nicht im Detail geliefert werden. Das muss bei einer anderen Gelegenheit geschehen. § II. Von Franz Brentano stammt die Idee, dass Intentionalität ein Merkmal der psychischen Phänomene ist. 2 Alle psychischen Phänomene sind intentional, die physischen sind es nicht. Intentionalität, sagt er, kann als Beziehung auf einen Inhalt, Richtung auf ein Objekt oder immanente Gegenständlichkeit» 3 genannt werden. Psychische Phänomene sind für Brentano bewusste Erlebnisse, wie das Vorstellen, Hören, Urteilen, Erwarten, Zweifeln und Lieben. Als physische Phänomene galten Brentano Farben, die man sieht, Akkorde, die man hört, Gerüche und Wärme, die man empfindet, und «ähnliche Gebilde», die in der Phantasie erscheinen. 4 Beides, psychische wie physische Phänomene sind Erscheinungen. 5 Allerdings lassen sich nur die ersten so wahrnehmen, wie sie sind. Denn, sagt Brentano, die innere Wahrnehmung ist unmittelbar, untrüglich und evident 6 , während die äußere Wahrnehmung trügerisch ist. Daher nennt Brentano die Tatsache, dass sie im «inneren Bewusstsein wahrgenommen werden», eine «weitere gemeinsame Eigentümlichkeit aller psychischen Phänomene». 7
Bedrohte Proportionen der Erkenntnis
Junge Akademie Magazin, 2015
Ein Gespräch zwischen der Theologin Katharina Heyden und dem Historiker Arnold Esch zu Überlieferungszufällen und ihre Auswirkungen auf das historische Verständnis.