FORUM: KUNST DES MITTELALTERS (original) (raw)
DER MYTHISCHE ASPEKT DES BERGES IM MITTELALTER
Konstanz, UVK Verlagsgesellschaft, 2008, p. 109-120. Beim Lesen mittelalterlicher Werke, überrascht die Zweiteilung des Raumes, die, von den Autoren unbemerkt, zu entstehen scheint. Einerseits finden wir die ungebändigte Natur, die Wildnis (diu wilde), die durch das Meer, den Wald und die Berge repräsentiert wird, sowie von den Wüsten in den Reisebeschreibungen. Andererseits haben wir die Zivilisation, die Welt der Ebenen, das gerodete Land, die Städte und Dörfer. Die schwer erreichbaren Regionen, die unerforscht, weit entfernt und unbekannt sind oder falsch eingeschätzt werden, hinterlassen etwas Beunruhigendes. Man beschreibt sie mit Hilfe von Klischees: das Meer ist wild, bzw. ungestüm, selbst dann, wenn das Schiff im Hafen vor Anker liegt 1 , der Wald ist dicht und düster (vinster walt, vinster tan) 2 , die Berge sind hoch und schroff und von tiefen, stillen Tälern durchschnitten. Im Chanson de Roland wird der Ton wie folgt angegeben: Halt sunt li pui e li val tenebrus, Les roches bises, les destreiz merveilluz (V. 814 f.) All diese Orte sind Schauplätze außergewöhnlicher Ereignisse; sie sind der Ort des Wunderbaren 3 . Dort ist alles ist möglich: es ist der Handlungsort ritterlicher und initiatorischer Abenteuer, dort leben die monströsen Menschen, die fabelhaften Tiere und schließlich die übernatürlichen Kreaturen. Ich habe versucht den Grund herauszufinden, und das, was ich hier vorlege, ist das Ergebnis der Überlegungen eines Laien in bezug auf Berge 4 . Ein erhöhter Ort 5 , dessen Höhe durch die Größe des Schattens ausgedrückt wird, den er wirft, häufig von einem dichten Wald als Wall umgeben: so beschrieben formen Berge zunächst einen rätselhaften Grenzbereich, den man Tabulandschaft nennt. Dieser 1 S. Gottfried von Straßburg,, Tristan, V. 11695 (Ed. F. Ranke, Berlin 1930). 2 In Ulrichs von Zatzikhoven Lanzelet, V. 4981, ist der verworrene tan ein Ortsname. Über den Wald, s. Stauffer, M.: Der Wald. Zur Darstellung und Deutung der Natur im Mittelalter. Zürich 1958. 3 Ich Gebrauche diesen Begriff, wie ich ihn in "Introduction à l'étude du merveilleux médiéval", in: Etudes germaniques 36 (1981), 273-290, definiert habe. Im Liber floridus des Lambert von Saint-Omer (Gand, Cod. 92, Bl. 64 v°) werden zwei Sagen erwähnt, die bestätigen, daß die Berge der Ort des Allmöglichen sind. In der Historia Britonum stoßen wir auf eine kurze Notiz: Secundum miraculum est ibi mons qui gyratur tribus vicinibus in anno; s. Faral, E.: La légende arthurienne, 3 Bde, Paris 1969, Bd. 3, S. 61. 4 Ich werde den Glasberg nicht behandeln, da der gute Aufsatz O. Huths: "Der Glasberg des Volksmärchens", in: Symbolon II (1951), 15-31, leicht zugänglich ist. 5 Montes sunt tumores terrarum altissimi, sagt Vinzenz von Beauvais in seinem Speculum naturale VI,20. 1 Grenzbereich ist wie dafür geschaffen, die Vorstellungskraft der Menschen, die die Geheimnisse der Natur noch nicht entschlüsselt haben, zu stimulieren. Sie interpretieren auf ihre Art Lawinen, Nebel und fremdartigen Formen, die durch die Erosion entstanden sind: die Geologie liefert uns den Namen "Cheminées de fées", und die schweizerischen Landkarten, zum Beispiel, weisen zahlreiche Ausläufer und Bergmassive auf, die man Wilder Mann oder Wilde Frau nennt. Woher stammen die Berge? Verschiedene Legenden geben uns Antworten auf diese Frage. Im Iran ist es Ahriman, der, nachdem man ihn ins Erdinnere verbannt hat, sich wie ein Maulwurf seinen Weg gräbt 6 . Im Pays d'Albret sagt man, daß die Welt vor der Sintflut flach gewesen sei; aber als sich die Wasser zurückzogen, erschienen die Berge. Zwischen 1235 und 1250 bezeugen Thomas von Cantimpré und Vinzenz von Beauvais einen ähnlichen Glauben 7 . Von den alten Skandinaviern berichtet uns Snorri Sturluson, daß für sie die Berge aus den Gebeinen des Riesen Ymir, des Urriesen, geformt worden seien 8 . In der antiken Welt glaubte man, daß die Gebirgskette des Atlas nicht anderes sei, als der gleichnamige Riese, der von Perseus versteinert worden sei. Der mythische Charakter der Berge drängt sich also von vorneherein auf, auch wenn aufgeklärte Geister des Mittelalters behaupteten, daß die Berge durch Erdbeben oder durch den Wind entstanden seien 9 . Zu dieser Zeit sind die Namen der Hauptgebirgsketten des orbis tripartitus (die Dreiteilung der Welt oder besser: die Erdoberfläche) bekannt 10 und Legenden, die mit mehr oder weniger wissenschaftlichen Beobachtungen vermischt werden, ranken sich um sie. Im 13. Jahrhundert rät man denjenigen, die einen Berg besteigen wollen, einen nassen Schwamm mitzunehmen, um durch ihn zu atmen, wenn sie nicht ersticken wollen 11 . Denn die Luft ist dort in der Tat "fein und dünn", bar jeder Feuchtigkeit und nicht gerade gesundheitsfördernd 12 . Man erzählt sich, daß bärtige Frauen in den Bergen Norwegens wohnen 13 , und daß in der Nähe des Großen 6 Vgl. Krappe, A.H.: La genèse des mythes, Paris 1952, 273. 7 Thomas von Cantimpré, De natura rerum XIX,85 f.: Terra in initio dispositionis sue rotunda fuit et plana, in qua non erant montes et valles; Vinzenz von Beauvais, Speculum naturale VI,20, zitiert Petrus Comestor und schreibt: Sunt autem qui putant altitudinem montium ante diluvium non fuisse tantam quanta nunc est. 8 Snorri Sturluson, Gylfaginning 7 (Ed. Holtsmark, A. und Helgason, J., Kopenhagen 1950). 9 S. Vinzenz von Beauvais, Spec. nat. VI,20: Quandoque ex causa essentiali montes fiunt, quando scilicet ex vehementi terraemotu elevatur terra et fit mons… 10 Vgl. Die Aufzählung des Vinzenz von Beauvais, Spec. nat. VI,21f. 11 Thomas von Cantimpré, De natura rerum XVI,9,12 f. 12 Ebd., XIX,5,22 f. 13 Adam von Bremen, Gesta Hammaburgensis Ecclesie Pontificum IV,32 (Ed. Schmeidler, B, in: MGH in usum scholarum. Hannover / Leipzig 1917).
Nachruf. Peter Dronke (1934-2020), 2021
Revue internationale des études du moyen âge et de l'humanisme International Journal of Medieval and Humanistic Studies Rivista internazionale di studi medievali e umanistici BAND 56
DIE KUNST DES INTAVOLIERENS: GEBUNDENHEIT UND FREIHEIT
Anuario Musical, 2003
A big part of 16th c. keyboard repertory was intabulated vocal music: Arrangements of motets, sets of masses and chansons. Marcant and sometimes little known examples show the different functions of intabulations: Repertoire for the organ players (some with liturgical function), music of delight and pedagogical functions. As a part of Ars Organistum intabulations were the basis of professional musical studies, learning to improvise organ music and to compose music. Masters like H. Scheidemann, the both Gabrielis, J. de Lublin, P. Philips, the both de Cabezóns, some english and french anonym composers demonstrate that intabulations are much more than keyboard reductions - artful arrangements with their own life and character on the way to artful paraphrases. The intentions of the composers / arrangers in connection with the possibilities of the keyboard instruments definite the chararcter and step of transforming a vocal set in a (new) piece of keyboard music. (in german)
WBG, 2019
Das Vergangene ist in der erklingenden und verklingenden Musik der Gegenwart auf ganz eigene Weise präsent. Entscheidende Voraussetzungen hierzu führen bis ins Mittelalter zurück, das zugleich die erste Epoche der Musikgeschichte ist, deren er- klingende Musik sich in wesentlichen Teilen aufspüren, nachempfinden und nachbil- den lässt. Dieser Band gibt einen Überblick über die Musikgeschichte der Zeit von ca. 900 bis 1400, also vom Beginn der Aufzeichnung musikalischer Erscheinungen, eng verbunden mit der Rückbesinnung auf die antike Musiktheorie, bis hin zur Entfal- tung eines mehrstimmigen weltlichen und geistlichen Repertoires im 14. Jahrhundert. Dabei steht vor allem das Verständnis dessen, was Musik zu jener Zeit überhaupt bedeutete im Fokus, insbesondere im Hinblick auf die damalige neuartige theore- tische Selbstvergewisserung. Der Band ermöglicht Studierenden und Interessierten einen kritischen und bewussten Blick und eröffnet den Weg zu einer angemessenen Interpretation.
KUNST AUS UNGARN - Zeitgenössische Malerei, Grafik und Skulptur, 1994
The catalog presents an extensive overview of the "KUNST AUS UNGARN" exhibition, which featured a wide array of contemporary Hungarian paintings, graphics, and sculptures. The exhibition was organized by the Art Club Burgwedel e.V. and took place from November 13, 1994, to December 9, 1994, across multiple locations in Großburgwedel, Germany, including the Rathaus, the Musikschule Zoltan Kontra, the Gemeindebücherei, Blumen-Klaus, the Kreissparkasse, and the Galerie Rolf Haibach. The catalog includes works by renowned Hungarian artists such as Victor Vasarely, István Nádler, and Ferenc Banga, among others. It highlights the historical and cultural context of Hungarian art, reflecting the influences of Western post-war art developments and the unique position of Hungary during the communist regime. The catalog aims to provide a comprehensive cross-section of the contemporary Hungarian art scene, emphasizing both traditional realistic painting styles and various abstract movements.
DIE EPOCHE DES SPÄTMITTELALTERS
Unter dem Epochenbegriff Spätmittelalter verstehen Historiker die Zeit von ca. 1250 bis 1500. Eine eigene Literaturepoche bildete sich im Spätmittelalter nicht heraus. Dennoch ist diese Zeit in literaturgeschichtlicher Hinsicht durchaus interessant, weil sich in den Schriften des Spätmittelalters gesellschaftliche Umbrüche direkt wiederspiegeln. Das historische Umfeld Das Spätmittelalter ist als zeitlicher Abschnitt zwischen dem Hochmittelalter und der Neuzeit eine klassische Übergangsepoche. Die Städte blühten auf, die Höfe verloren an Bedeutung und an den neu gegründeten Universitäten versammelte sich die intellektuelle Elite Europas. Generell nahm die Schriftlichkeit im Spätmittelalter enorm zu. Immer Frauen lernten das Lesen und Schreiben. Mit der Erfindung des Buchdrucks am Ende dieser Epoche vervielfachte sich die Zahl der verfügbaren Schriften innerhalb kürzester Zeit. Der Bedeutungsverlust der Höfe spiegelt sich im Verschwinden der höfischen Literatur wieder. Bürgerlich Fahrende zogen durch das Land und nutzten die Literatur als Möglichkeit zum Broterwerb. Literarische Formen und Motive Schwermut und eine Untergangsstimmung prägte die Literatur des Spätmittelalters. Zu den wichtigsten Literaturgattungen der Zeit zählen Gedichte, das Passionsspiel und die Märendichtung. Auch die Entstehung der ersten Stadtchroniken fällt in diese Epoche. Das Volkslied erfreute sich großer Beliebtheit und löste den Minnegesang ab. Schwank und Fastnachtsspiel erheiterten und belehrten die Menschen zugleich. Als bedeutende Autoren des Spätmittelalters gelten Hans Sachs, Meister Eckhart und Hugo von Trimberg. Die geistlichen Texte wurden in der Zeit des ausgehenden Mittelalters um Gebete, Legenden und mystische Schriften bereichert. In der Literatur der Städte ging es um die Themen Religion und politische Wandlungsprozesse. Auch Fabeln und Sagen waren prägend für diese Epoche. Schwank: bedeutet Streich oder lustiger Einfall und stammt vom mittelhochdeutschen Wort swanc. Der Schwank ist eine komische, belehrende manchmal auch groteske Erzählung einer lustigen Begebenheit. Totentanz: Der Totentanz ist eine sinnbildliche Darstellung von Menschen, die mit Toten (meist Skelette) tanzen. Die Abbildung wird meist mit Versunterschriften kommentiert. Der Totentanz weist auf die Vergänglichkeit hin, fordert zur Reue auf und stellt die Unausweichbarkeit des Todes dar. Er beruht auf einem mittelalterlichen Aberglauben, dass Tote als Skelette aus ihren Gräbern steigen und die Lebenden mit einem Tanz verlocken, um sie zu sich zu holen.
Mit einigem Recht kann man das 19. Jahrhundert als das Jahrhundert der Geschichte beschreiben. Namen wie Niebuhr, Droysen und Ranke prägen das Bild einer Zeit, die mit dem Blick in die Vergangenheit angesichts massiver, durch technische, soziale und politische Revolutionen ausgelöster historischer Beschleuni gungserfahrungen eine Art Rückversicherung im Ge schehenen sucht. Dabei denkt die Geschichtsschrei bung, ausgehend vom Gedankengut der deutschen Ro mantik und auch schon der Aufklärung, das historische Ereignis anders als die Tradition. In den Vordergrund gestellt wird dessen unhintergehbare Individualität als Moment eines umfassenden Entwicklungszusammen hanges; Geschichte erscheint prozeßhaft dynamisiert, aus dem statischen Kontext einer gleichordnenden Sammlung historischer Exempla gelöst. Mittelbare Konsequenzen aus der Etablierung eines solchen historischen Paradigmas zeigen sich auch in der Kunst. Einerseits werden verstärkt geschichtliche Phasen thematisiert, die bis dahin nicht zum exempla rischen Kanon gehörten, welcher gewöhnlich von den Ereignissen der antiken Vergangenheit besetzt wurde. Die in der deutschen Malerei seit dem späten 18., dann aber vor allem im frühen 19. Jahrhundert immer häufi ger auftretenden Episoden vor allem aus der mittel alterlichen Zeit und der nationalen, also je eigenen Geschichte besitzen eine Wurzel in dem kurz beschrie benen Paradigmenwechsel. Darüber hinaus läßt sich andererseits sehr deutlich verfolgen, wie die Künstler sich mehr und mehr darum bemühen, das zeitlich weit zurückliegende Ereignis angemessen darzustellen, es nicht mit der transhistorischen klassischen Ausstattung zu versehen, sondern mit der individuellen der jeweili gen Zeit. Historische Forschung wird hier geradezu direkte Voraussetzung für die künstlerische Aktivität; erst die mühsame, auf ganz heterogenem Quellenmate rial beruhende Ermittlung des geschichtlichen Phäno menbestandes erlaubt es dem Künstler, sein Thema >richtig< zu gestalten. Zuweilen kann man sich dabei auf (kunst) histori sche Vorarbeiten stützen, häufig aber ist in der Frühzeit des Historismus so wenig an verwertbarem Anschau ungsmaterial vorhanden, daß der Künstler selber erst einmal als Historiker aktiv werden muß. Hervorgetan hat sich hierin auch Adolph Menzel, der in einem in fortgeschrittenem Alter verfaßten Kommentar zu der in seiner Jugend entstandenen Serie über die Denk würdigkeiten aus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte eine plastische Beschreibung des Vorgangs gibt: Zur Vorbereitung dieser Lithographienfolge, die ihn zum ersten Mal in einem weiteren Kreis bekannt machte, frequentiert er intensiv Berlins Königliche Bibliothek, durchforstet die historischen Bestände der örtlichen Buchantiquare, liest Darstellungen der Geschichte der Mark Brandenburg, blättert in alten Trachten-und Wappenbüchern, stöbert in der Requisi tenkammer des Domküsters Schilling und erweitert seine Kenntnisse durch das Studium alter Porträt-und Militärmaler. All dies, um den Gebilden seiner Phanta sie die größtmögliche historische Authentizität zu geben. Daß das künstlerisch interessierte Publikum zu die sem Zeitpunkt für die genannten Qualitäten kaum Ver ständnis zeigte, da ihre »Ablaßzettel« in Menzels eige ner Erinnerung noch immer »auf Schönheit« lauteten 1 , somit an dem Ideal eines vorhistorischen Klassizismus orientiert blieben, kennzeichnet dessen vergleichs weise innovativen künstlerischen Ansatz. Bis in die Mitte seines Lebens verfolgt er diesen dann mit gera dezu manischer Intensität, und zwar indem er sich auf eine Figur aus der preußischen Geschichte spezialisiert, die ihm bei der Nachwelt den Ruf des herausragenden deutschen Geschichtsmalers sichert: Vom Ende der dreißiger bis in die frühen sechziger Jahre hinein wid met er sich ganz überwiegend der Lichtgestalt Fried richs des Zweiten. In Hunderten von graphischen Blät tern und Ölbildern thematisiert er dessen Schicksal, beginnend mit den vieigerühmten Holzschnitten zu Franz Kuglers Leben Friedrichs des Großen (vgl. Abb. S. 524), weiterführend mit den Illustrationen zu dessen literarischen Werken (vgl. Abb. S. 525) und mündend in einer Serie gemalter Darstellungen aus des Königs Hof-und Kriegsleben. Um letztere soll es in meinem Beitrag ausschließlich gehen. MENZEL ALS HISTORIENMALER 481
Édouard Manets »Atelierfrühstück«: Malerei aus der Mitte des Lebens
Kanon Kunstgeschichte Einführung in Werke, Methoden und Epochen, 2013
Der Mangel an erzähltem Sinn Atelierfrühstück ist der Name für ein Gemälde Edouard Manets, das den damals sechzehnjährigen Leon Leenhoff in Begleitung eines Studienkollegen des Malers namens Auguste Rousselin und einer Hausangestellten zeigt. Die Leinwand wurde 1868 weitgehend vollendet und im Frühjahr des darauffolgenden Jah res auf dem Salon erstmals ausgestellt (Abb. 1). Die Szene konnte man weder in die Tradition des Gruppenporträts noch in die der Genremalerei stellen. Doch schon über den Titel herrscht Unsi cherheit. Im kurzen Katalogheft des Salon war das Werk als De jeuner (also eher ein Mittagessen) betitelt, und zwar ohne Artikel. Gemeint ist insofern kein einmaliges Ereignis, sondern irgend ein Dejeuner, das sich täglich wiederholt.1 Als Antonin Proust, Manets Jugendfreund und Kommilitone, der unter der III. Repu blik zum mächtigen Kunstverwalter aufstieg, 1884, ein Jahr nach dem frühen Tod des Malers, eine Gedächtnisausstellung orga nisierte, bezeichnete er die Leinwand als Apres le cafe.2 Erst auf der Weltausstellung des Jahres 1900 wurde aus dem Dejeuner ein Dejeuner dans l'atelier {Mittagessen im Atelier); nun stand also ein Atelier als Ort des Zusammentreffens der drei Dargestellten 1 Explication des ouvrages de peinture, sculpture [...], exposäes au Palais des Champs-Elysees le 1er mai 1869, Paris 1869,2i6, Nr. 1617. Das Gemälde wurde gemeinsam ausgestellt mit Lebalcon, Nr. 1616 (Abb. 3). 2 Modern Art in Paris, 44: Ex hi bitions of Impressionist Art, 2.5. Ecole Nationale des Beaux-Arts, Exposition des ceuvres d'Edouard Manet. Preface par Emile Zola, Catalogue, Reprint New York/ London 1981, Nr. 48. Möglicherweise hat Manet selbst diesen Titel bevorzugt, dies berichtet jedenfalls Adolphe Tabarant, Manet et ses ceuvres, 5. Aufl.,
MIKROFOTOGRAFISCHES BIBELSTECHEN Eine Ausstellung als Einblick und Kommentar
MIKROFOTOGRAFISCHES BIBELSTECHEN Eine Ausstellung als Einblick und Kommentar, 2012
MIKROFOTOGRAFISCHES BIBELSTECHEN Eine Ausstellung als Einblick und Kommentar Mi, 14.11.2012 – Mo, 01.04.2013 Volkskundemuseum Wien Dieses experimentelle Ausstellungsformat holt historische Objekte in die Gegenwart und bietet Möglichkeiten der Deutung musealer Exponate neben der wissenschaftlichen Einordnung an. Es fordert mit seinem freien assoziativen Spiel dazu heraus, an diesen Kombinationen die Geschichten, die jede_r von uns immer mit sich herumträgt, zu entzünden. So soll es zu einer Verlebendigung von Geschichte aus unserer Gegenwart heraus und in sie hinein kommen. Die Praxis des Bibelstechens ist eine Exegese- und Weissagungstechnik, bei der die Bibel an einer zufällig gewählten Stelle aufgeschlagen wird; so wählt man blind eine Textstelle und legt diese einer Fragestellung entsprechend aus. Dieses Prinzip einer zufälligen Auswahl und anschließenden Interpretation des Ergebnisses wurde auf die Inventarbücher des Museums umgelegt. Es diente dazu, vierzehn Objekte aus der Schausammlung und vierzehn Fotografien aus der Fotosammlung des Österreichischen Museums für Volkskunde auszuwählen. Wiederum nach dem Zufallsprinzip wurden diese Fotografien und Objekte zusammengeführt. Zu den dadurch entstandenen Foto-Objekt-Kombinationen haben Autor_innen assoziative Geschichten geschrieben. Für die Ausstellung haben die Objekte die Schausammlung verlassen, wurden dort durch temporäre Stellvertreter ersetzt und werden in einem Sonderausstellungsraum in Kombination mit den Fotografien und den über Kopfhörer abhörbaren Geschichten präsentiert. Autor_innen: Ann Cotten (Schriftstellerin) Paul Divjak (Polyartist) Tina Glaser (Autorin) Gregor Guth (Schriftsteller) Mathias Illigen (Autor) Mara Mattuschka (Künstlerin) Hanno Millesi (Schriftsteller) Helmut Neundlinger (Autor) Martin Prinz (Schriftsteller) Kathrin Röggla (Schriftstellerin) Nina Schedlmayer (Journalistin) Claudia Slanar (Kritikerin) Andrea van der Straeten (Künstlerin) Monika Wulz (Philosophin) BEGLEITPROGRAMM 05.12.2012, 19:00 Uhr Bibelstechen – live! Eine Improvisation Clemens Leuschner, Mitglied der Künstlergruppe Mahony 11.12.2012, 19:00 Uhr Präsentation der Begleitpublikation zur Ausstellung zusammen mit dem hochroth Verlag Wie kommen die Dinge in den Text? Ein Gespräch Helmut Neundlinger, Autor und Journalist 23.01.2013, 19:00 Uhr Über die Widerspenstigkeit von Objekten – und wie man die Dinge zähmen kann. Ein Gespräch Karin Haas, Projektmanagement, Ausstellungsproduktion und -technik 30.01.2013, 19:00 Uhr Was tun Objekte mit uns? – Fragen zu Übertragung/Gegenübertragung und Eigensinn der Objekte Ein Gespräch Karin Harrasser, Kulturwissenschaftlerin, Kunsthochschule für Medien Köln 05.02.2013, 19:00 Uhr Lücken im Korpus – Geister in der Schausammlung Ein Gespräch Sandra Noeth, Kulturwissenschaftlerin und Performance Theoretikerin, Leitung Dramaturgie Tanzquartier Wien
Kentauromachie att.-rf. Kolonettenkrater des Florenz-Malers
„Florenz-Maler“ ist ein Notname für einen att.-rf. Vasenmaler der Frühklassik, der ca. um 465–455 v. Chr. tätig war. Sein wirklicher Name ist bis jetzt nicht überliefert. Seine bevorzugte Bemalungsfläche waren Kolonettenkratere. Beazley zufolge war er der „Bruder“ des Boreas-Malers. Er bezeichnete ihn aufgrund der stilistischen Ähnlichkeit als diesen. Die Maltechnik beschrieb er, sei von durchschnittlicher Qualität, die Figuren erzeugen den Anschein steif und ungraziös zu sein und die Kompositionen sind wenig originell. Eine Ausnahme bildet die namensgebende Vase mit der Kentauromachie in Florenz. Neben seiner berühmten Kentauromachie malte der Florenz-Maler auch folgende Themen: Komos, Symposion, „Kriegers Abschied“ und das Gefolge von Dionysos.
Basteln im Schatten des Rechts
Maske und Kothurn, 1986
Von der Strenge der Wissenschaft ... In jenem Reich erlangte die Kunst der Kartographie eine derartige Vollkommenheit, daß die Karte einer einzigen Provinz den Raum einer ganzen Stadt einnahm und die Karte des Reichs den einer Provinz. Mit der Zeit befriedigten diese übermäßig großen Karten nicht länger, und die Kollegs der Kartographen erstellten eine Kane des Reichs, die genau die Größe des Reiches hatte und sich mit ihm in jedem Punkt deckte. Die nachfolgenden Geschlechter, die dem Studium der Kartographie nicht mehr so ergeben waren, waren der Ansicht, daß diese ausgedehnte Karte überflüssig sei und überließen sie, nicht ohne Verstoß gegen die Pietät, den Unbilden der Sonne und der Winter. In den Wüsten des Westens haben sich bis heute zerstückelte Ruinen der Karte erhalten, von Tieren behaust und von Bettlern; im ganzen Land gibt es sonst keinen Überrest der geographischen Lehrwissenschaften.
PROVOKATION – PROTEST – KUNST. Eine Ménage à trois
Protest. Eine Zukunftspraxis, 2018
Protest. presents and reflects on present and past forms of protest and looks at marginalized communities’ practices of resistance from a wide variety of perspectives. The publication shows, how protest draws on irony, subversion and provocation from a position of powerlessness, for pricking small but palpable pinholes into the controlling system of rule. “Make Love Not War,” “Soyez réalistes, demandez l’impossible,” “Keine Macht für Niemanden,” “We are the 99%”: The last decades have been accompanied by a constant flow of resistant statements and methods in view of the prevailing conditions. When something is able to reach from the margins of society into its very center, it forges ahead in the form of a protest. It masterfully and creatively draws on contemporary signs and symbols, subverting and transforming them to engender new aesthetics and meanings, thereby opening up a space that eludes control. Illustrated with expressive photographs and posters, Protest. considers social, culture-historical, sociological and politological perspectives as well as approaches that draw on visual theory, popular culture and cultural studies. In the process, the book takes into account in particular such contemporary developments as the virtualization of protest, how it has been turned into the fictional and its exploitation in politics by power holders of all shades.
ELThG, 1993
1. Das Problem 2. Der Streit urn die Ketzertaufe 3. Die Wirkungsgeschichte