Schuld, Politik und Gesellschaft im Kontext der tragischen Dichtung des antiken Griechenlands. Hilft uns Aristoteles heute noch beim Verständnis des Tragischen einer Sophokleischen Tragödie?, in: LGBB 61 (2017), 132-149. (original) (raw)
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2023
The death of a citizen on the battlefield carries significant social implications. Beyond the practical challenges of dealing with war casualties, the fallen citizen also imposes the burden of assigning meaning to the deceased, and can easily become a focal point of societal conflicts. The act of self-sacrifice for the collective confronts the community with the inherently political dimension of death. This book critically examines this complex issue in the context of ancient democracy in classical Athens. The first part of the study offers a comprehensive reassessment of the historical development and political significance of Athenian commemoration of the fallen. Building on this, the second part delves into the genre of literary “funeral orations” (epitaphioi logoi), written by prominent authors such as Gorgias, Thucydides, Lysias, Plato, and Demosthenes. These literary works generate finely calibrated tensions in the political discourse of their time. For the first time, this study provides a detailed analysis and historical contextualization of the entire genre of literary epitaphioi logoi. Ultimately, this investigation sheds light on the central role of the precarious power politics of Athens and their domestic and foreign policy consequences.
Die Suche nach der Schuld. Sophokles' Oedipus Rex, Aristoteles' Poetik und das Tragödienverständnis der Neuzeit
http://www.degruyter.com/view/product/163628 https://dartmouth.academia.edu/MichaelLurie/Chapters Reviews: A. Kerkhecker, Museum Helveticum 62 (2005) 224f. (http://retro.seals.ch/digbib/view?rid=mhl-001:2005:62::241&id=hitlist); R. Lohse, Romanische Forschungen 119 (2007), 257–260 (http://dx.doi.org/10.3196/003581207781361279) G. Boter, “Lees maar: er staat niet wat er staat. Over Oedipus’ schuld en Aristoteles’ hamartia”, Lampas 43 (2010), 3-19 http://www.verloren.nl/file.php?id=6038 For responses from the scholars whose positions were challenged and dismantled in the book, see H. Flashar, Gnomon 78 (2006) 671–674 and E. Lefèvre, CR 57, (2007) 18–20, whose angry outburst is cowardly disguised as an impartial review by an independent observer.
The book will appear in a new and revised English version at CHS with Harvard Press
Aus der Analyse der Frösche des Aristophanes (Kapitel 2) ist hervorgegangen, daß zumindest am Ende des fünften Jahrhunderts Dionysos als personifiziertes Symbol der Tragödie und der gesamten dramatischen Kunst gelten konnte. Für das damalige Publikum dürfte dies keine überwältigende Neuigkeit gewesen sein, sonst hätte der Dichter seine Handlung bestimmt nicht darauf aufgebaut. Denn die Agone wurden bekanntlich bereits seit Peisistratos im kultischen Rahmen des Dionysos Eleuthereus ausgerichtet. Aber auch in der Zeit davor waren Vorstufen des Theaters, vor allem Tanzrituale, die auf der auch als Orchestra dienenden Agora abgehalten wurden, in Athen an den älteren Dionysos Lenaios gebunden 1 .
Heidelberg 2015 M ICHAEL KREW ET Das Tragische im Handeln des Sophokleischen Philoktet I Bei der Beantwortung der Frage, inwiefern Philoktets Handlung im gleichnamigen Drama des Sophokles tragisch ist, sind zentrale, die Beurteilung der Sophokleisehen Helden betreffende Fragestellungen zu berücksichtigen, die die allgemeine Sophoklesforschung an den einzelnen Tragödien diskutiert und die so auch die Diskussionen der Tragik im Philoktet bestimmen. Gilt die Wendung der Handlung des tragischen Helden vom Glück ins Unglück bis auf wenige Ausnahmen 1 im Urteil der Forschung noch einvernehmlich als tragisch, so entzündet sich doch an der Frage, wie genau Sophokles diese Wendung des Handelns vom Glück ins Unglück motiviert, eine noch nicht beendete Forschungsdebatte. Kontrovers diskutiert wird die Frage, ,,ob Sophokles das Verhalten des tragischen Helden eher als fehlerhaft -aristotelisch gesprochen: als hamartia -kritisieren (d. h. als warnendes Beispiel vorführen) oder vielmehr, in Anbetracht der besonderen Umstände, als menschlich verständlich oder gar (von der ,Antigone' an) als ethisch vorbildlich würdigen wollte. " 2 Letzterer Position liegt die Prämisse zugrunde, daß der tragische Held ein für sich berechtigtes Ziel leidenschaftlich verfolge, sein Recht, dieses Ziel zu verfolgen, aber mit einem gleichberechtigten Ziel oder Zweck, das eine andere Person verfolge, in einen Konflikt gerate, so daß er schließlich frei von subjektiver Schuld scheitere und ins Unglück gerate. 3
1997
Discusses both ancient and modern dramas which present Heracles and his striving for superhuman status, but also his all-too-human failures (Sophocles, Euripides, Seneca and Pseudo-Seneca, Jean Rotrou, Frank Wedekind, Ezra Pound, Archibald MacLeish, Friedrich Dürrenmatt, Heiner Müller).
s. Paper Title
Ein Tyrann mag zu Lebzeiten ein nicht unbeträchtliches Risiko für seine Umgebung und deren Wohlergehen bedeuten, doch die Zeit nach seinem Tod hält für die einzelnen Mitglieder seiner Führungselite ebenfalls so einige Fallstricke bereit. Denn hat man sich erst einmal darauf geeinigt, dass es sich bei dem Verstorbenen um einen Tyrannen handelte, indem man ihn wie Domitian damnierte, stellt sich unweigerlich die Frage nach den Konsequenzen für die Hierarchie seiner Elite; dies um so mehr als sich im Prinzipat die soziopolitische Stellung des Einzelnen respektive seine senatorische dignitas im System der Alleinherrschaft letztendlich aus den Leistungen für und der Nähe zum princeps ergab. Im harten Konkurrenzkampf um Sozialprestige in früher trajanischer Zeit wurde diese Frage durchaus kontrovers diskutiert, wobei das moralische Verhalten unter dem als tyrannisch gebrandmarkten Vorgänger versucht wurde als soziales Kapital fruchtbar zu machen.
Anhand der aristotelischen Poetikkann das Ziel (tél'os) oder das ,,Werk''AVirken (ípyov) der TragÖdie in der AuslÖsung der als GenuB bezeichneten Wirkung (riÖouri) gesehen werden. Aus der Sicht der hermeneutischen Kunstt|reorie der letáen Jahrzehnte ist als die wichtigste Eigenart der Wirkungstheorie der Poetik zu betrachten, daB sie nicht nur die interesselose Zasl der passiven Kontemplation, sondem auch die Árbeit des l-ernens, des a|s Selbstverstiindnis vorgestellten ,,Erkennens'' enthált.t Diese Eigenttim|ichkeit ist irr der GenuBtlreorie des Aristoteles begrtindeÍ mathesis wd hedone schlieíJen einander nicht aus, im Gegenteil: die mathesis ist mit hedone verbunden. Die Formulierung ist vermutlichzumindest teilweisegegen die pyhagoreisch-platonische Meinung2 gerichtet (,,Der GenuB ist ein Hindemis fiir das klare Denken und zwar um so mehr, je stiirker die GenuBempfindung ist, z. B. beim LiebesgenuB, wo jemand kaum eines Gedankens fiihig sein diirfte, wáhrend er ihnr hingegeben ist."'), in der die hedone nicht nur mit dem Denken, geraderu mit dem geistigen Schauen, also mit der Tátigkeit des theorein, sondern auch mit der der mathesb, des Lernens oder Verstehens zusammengekniipft wird: ,,Es wird aber weder das Denken noch irgendein Zustand beeintráchtigt durch den GenuB, der aus ihm selber stammt, sondern nur durch solchen, der von auBen herankommt: GenuB, der aus geistigem Schauen (0eolpeív) und Lernen (pcvOcíverv) stammt' wird unser geistiges Schauen und Lernen nur noch intensivieren."a . 498. ] 61í l l52b t6-18. Die Übersctzung ist tcrminologisch geándert. o ENt153a2o-i3: épnoór!,er Öö oiíre Qpovrioer-ot0'ilel ouÖep{ r{ <iQ'Érríorp r{öovrí,<ilr' cí cillápror, drrei aí <inó toü Oecopeív rcaí pcv0cívelv páilov norrioooor 6eropeiv toi ll
Die Sophisten der griechischen Antike -die vergessenen ersten Volksbildner Europas? Der praktische Sinn der Griechen verband das Ästhetische, z. B. die Verzierung eines Gefäßes, mit dem Nützlichen, nämlich mit dem Alphabet als Dekorationsmittel, wodurch die Lesefähigkeit während alltäglicher Verrichtungen geübt werden konnte metrie, Geographie, Geschichte, Medizin, Biologie oder Physik erfolgte aber einzig in hochselektiven, elitären Akademien, die von Pythagoras und später von Platon oder Aristoteles gegründet wurden. Allein die Schule der Sophisten stellt hier eine Ausnahme dar, indem erstmals, gegen entsprechende Bezahlung, einer breiteren Öffentlichkeit einerseits philosophische Kenntnisse vermittelt wurden, die andererseits in einen direkten Zusammenhang mit ihrem praktisch-alltäglichen Gebrauch und Nutzen gestellt wurden: "Die Sophisten trugen entscheidend zu der Entwicklung bei, die in ganz Griechenland einsetzte, sich in Athen konzentrierte und [...] als das ‚Könnens-Bewußtsein' bezeichnet wird. Das Vertrauen auf individuelle Fähigkeiten, die vom Verstand bestimmte Erklärung der Welt und der Rolle des Menschen darin, führten zu neuen von den Sophisten dargelegten Erkenntnissen." 7