Olena Petrenko: Unter Männern. Frauen im ukrainischen nationalistischen Untergrund 1944–1954. Paderborn: Ferdinand Schöningh 2018. (original) (raw)
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Frauen als »Verräterinnen«. Ukrainische Nationalistinnen im Konflikt mit den kommunistischen Sicherheitsorganen und dem eigenen Geheimdienst * Sie blieben zu dritt im Wald zurück. Die Kundschaftergruppe der Ukrainischen Aufstandsarmee (Ukrajinska Powstanska Armija, UPA), 1 der sie angehörten, hatte im Sommer 1947 die polnisch-tschechoslowakische Grenze überquert, ohne die drei Frauen mitzunehmen. »Myroslawa«, »Sonja« und »Paranja« wurden auf Befehl der Organisationsleiterin der Ostkarpatengegend, 2 »Chrystja«, 3 auf dem polnischen Territorium ohne Geld oder Dokumente zurückgelassen. Sie zogen lange durch den Wald, nahmen Gelegenheits- * Mein herzlicher Dank gilt allen, die zum Entstehen dieses Artikels beigetragen haben: Alexandra Opar, die mir die Lebensgeschichte ihrer Mutter anvertraut und ihr privates Foto-und Dokumentenarchiv zur Verfügung gestellt hat; Petro Jacyk Visiting Scholar Program in Kanada, das mir erlaubt hat, die Recherchen in Toronto und Ottawa fortzusetzen; Anne Hartmann und Katharina Mohl sowie zwei anonymen Rezensenten.
Historische Zeitschrift, 2018
Bei der Verteilung der Geschäfte in politischen Strafsachen spielte der zweite Senat des Kammergerichts eine wichtige Rolle. Er nahm die Bestellung der Personen vor, die an der Hauptverhandlung teilnahmen und "für Recht erkannten": den Vorsitzenden, zwei beisitzende Richter und einen Staatsanwalt. Auffällig ist die personelle Kontinuität in der Besetzung der Gerichte, die Todesurteile fällten. In einem Verfahren zur Vorbereitung zum Hochverrat, in dem fünf Angeklagte im März 1944 wegen "Betätigung in einem kommunistischen Kampfbund" zum Tode verurteilt und hingerichtet wurden, fungierten Kammergerichtsrat Rothenburg als Vorsitzender und Amtsgerichtsrat Dr. Schröder als Staatsanwalt (S. 97f. u. 434). Eine Sammelanklage gegen bei der Reichsbahn eingesetzte französische Zwangsarbeiter wegen Feindbegünstigung, angestrengt am 20.Juli 1944 in Braunschweig, führten ebenfalls Rothenburg als beisitzender Richter und Dr. Schröder als Staatsanwalt (S. 435). Die Angeklagten, so argumentierte das Gericht, hätten, "um der Kriegsmacht des Reichs Nachteil zuzufügen, bei ihrem Arbeitseinsatz in Deutschland im Jahre 1943 einander zu nachlässiger Arbeit aufgefordert oder sich in dem Entschluss zu Sabotagehandlungen bestärkt und ermuntert". Erschwerend komme hinzu, dass sie "den Sieg der Feinde Deutschlands wünschten" (S. 237f.). Fünf Angeklagte wurden schuldig gesprochen. Die Todesurteile wurden im September 1944 vollstreckt. Die Dokumentation fügt der Verbrechensgeschichte des "Dritten Reichs" einen Abschnitt hinzu, der betroffen macht. Doch es stellt sich die Frage, ob bei dem ehemals preußischen Kammergericht die Strafgerichtsbarkeit in den letzten beiden Kriegsjahren auf den Typus eifernder Juristen reduziert werden kann. Dazu reichen die Informationen zu Rothenburg/Schröder und deren Wirkungskreis nicht aus.
Eine wachsende Zahl unabhängiger Frauenorganisationen, gesellschaftliche Diskus-sionen über die Rechte der Frauen unter den Bedingungen einer Demokratie, das In-teresse an westlicher feministischer Literatur, vielfach verbunden mit der Begeiste-rung für postmoderne Philosophie, und Versuche zu den Ursprüngen der eigenen, unter den Bedingungen des Staatssozialismus unterbrochenen, feministischen Tradition zurückzukehren – all dies ist charakteristisch für die Länder Osteuropas nach 1989. Der Feminismus entwickelte sich vor allem an den Universitäten, wo die Gen-derforschung sich in einem Prozess der Institutionalisierung zu einer neuen akademi-schen Disziplin befindet. 1 In dieser Hinsicht bildet die Ukraine keine Ausnahme: In den letzten zwei Jahrzehnten sind hier eine Reihe unabhängiger Zentren für Gender-bzw. Frauenforschung entstanden, von denen diejenigen in Kiev, Charkiv, Lemberg (L'viv) und Odessa die größte Bekanntheit erlangt haben. Jedes von ihnen hat ein ei-genes intellektuelles und politisches Profil, so dass man von einer Mehrzahl von fe-ministischen Diskursen in der Ukraine sprechen kann. Die unterschiedlichen Rich-tungen des Feminismus und der Genderforschung in der Ukraine müssen sich heute gegenüber dem Nationalismus positionieren und sich entscheiden, ob sie sich kritisch von ihm distanzieren oder sich bewusst für die " nationale Wiedergeburt " engagieren wollen. In diesem Beitrag analysiere ich die intellektuelle Produktion von vier ukraini-schen Zentren der Genderforschung, um zu zeigen, wie sich verschiedenartige femi-nistische Diskurse gegenüber dem Diskurs des Nationalismus und der Wiedergeburt der Nation verhalten, welche Rolle sie für sich in den Prozessen der Nationsbildung sehen und wie sie auf das Problem der " nicht abgeschlossenen " und " verschwom-menen " ukrainischen nationalen Identität reagieren. Ich möchte mich von der ver-breiteten Fragestellung nach der Manipulation der Interessen der Frauen durch den Nationalismus lösen und das Problem von der anderen Seite her betrachten: Auf welche Weise beteiligen sich die unterschiedlichen Richtungen des ukrainischen Fe-minismus an der " Erfindung " der ukrainischen Nation, an der Neubestimmung ihrer Grenzen, an der Formierung der kollektiven Erinnerung und der nationalen Identi-tät.
Das ehemalige Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz- Birkenau ist in der öffentlichen Wahrnehmung zum Synonym für den Holocaust geworden. Andere Mordstätten, an denen auch Zehntausende, Hunderttausende Menschen ermordet wurden, stehen „im Schatten“ der Aufmerksamkeit, sind oft kaum oder gar nicht bekannt. Eine Spurensuche führt an neun in Deutschland unbekanntere Orte, nach Polen, Belarus und in die Ukraine, nach Chełmno, Bełżec, Sobibór, Treblinka und Majdanek, nach Maly Trascjanec sowie nach Babyn Jar, Kamjanez-Podilskyj und Lwiw-Janowska. Historische Einführungen zeichnen die damaligen Ereignisse nach, heutige Begegnungen die Formen des Gedenkens und Erinnerns seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, vertiefende Analysen nehmen die verschiedenen Opfer(gruppen) sowie die Rolle der Täter(gruppen) in den Blick. Überlegungen, Ideen und Konzepte zu einer möglichen Annäherung an die Orte im Rahmen historisch- politischen Lernens in der schulischen und außerschulischen Bildung sowie bei individuellen Exkursionen, Jugendbegegnungen und Studienreisen vervollständigen den Band.