Die „Einheitstracht“: zur physischen Konstitution völkischer Ideologie (original) (raw)
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Die identitäre Ideologie. Wiederkehr des völkischen Denkens
perspektivends , 2018
Nationalistische Ideen haben in der gegenwärtigen Politik Konjunktur. Dabei ist auch die Wiederkehr einer völkisch-traditionalistischen Ideologie zu beobachten. Der völkische Nationalismus behauptet, dass ethnisch homogene Gemeinschaften existierten und die Grundlage eines politischen Gemeinwesens darstellten. Zudem wird ein traditionalistisches Verständnis von sozialen Beziehungen (z.B. Geschlechterrollen) propagiert. Dieser konservative Diskurs geht von einer kulturkritischen Zeitdiagnose aus: Ökonomische, gesellschaftliche und politische Entwicklungen wie Globalisierung, Migration oder Feminismus werden als Bedrohung der völkisch-traditionalistischen Identität interpretiert. Der völkische Nationalismus ist in rechtsextremen Gruppen weit verbreitet. Mittlerweile wirken völkische Ideen jedoch weit in die bürgerliche Mitte hinein, nicht zuletzt aufgrund der erfolgreichen Strategien der sogenannten „Neuen Rechten“. Die Identitäre Bewegung (IB) spielt in dieser Szene eine wesentliche Rolle und wird zumeist als eine „neurechte Jugendbewegung“ (Bruns et al 2017) definiert. Diese Einschätzung möchte ich im Folgenden näher betrachten. Meine Auseinandersetzung mit der Ideologie der IB umfasst drei Schritte: Im ersten Schritt wird mit dem Konzept des Ethnopluralismus, das Grundmotiv der identitären Ideologie, analysiert. Im zweiten Schritt entfalte ich eine genealogische Perspektive. Deshalb wird hier eine bestimmte Variante völkischen Denkens der 20er und 30er Jahre thematisiert. Ausgehend von einer kulturkritischen Zeitdiagnose entwickelten Philosophen wie Alfred Baeumler (1887–1968), Ernst Krieck (1882–1947) oder Erich Rothacker (1888–1965) eine identitätspolitische Antwort auf die Moderne und sahen diese im Nationalsozialismus (NS) verwirklicht. Der völkische Partikularismus war das Grundmotiv dieser politischen Anthropologie. Meine genealogische Analyse wird zeigen, dass die IB keine „neurechte Jugendbewegung“ (Bruns et al 2017; Hervorhebung J.S.) in einem inhaltlichen Sinne ist. Denn die identitäre Ideologie ist keine Erneuerung, sondern eine simple Wiederkehr völkischen Denkens, das bereits vor 1945 weit verbreitet war. Im dritten Schritt präsentiere ich eine Kritik der völkischen Ideologie, die sich auf das Modell der „ethnokulturellen Identität“ konzentriert.
Die Einheit der Kultursoziologie – Extrakt
2012
Kultursoziologie ist nicht eine Unterdisziplin der Soziologie, die über einen bestimmten, eingeschränkten Gegenstandsbereich definiert wäre -wie dies etwa bei der Jugendsoziologie, der Berufssoziologie, der Arbeitssoziologie der Fall ist. Vielmehr ist Kultursoziologie für Soziologie überhaupt grundlegend. -Diese Behauptung, die -das zeigten auch die Diskussionen in der Sektion Kultursoziologienicht unumstritten ist, ist in den verschiedenen Debatten um den Status der Kultursoziologie von ihren Proponenten immer wieder, teils explizit und begründet und teils explizit, aber lediglich fordernd, vorgebracht worden; teils wurde sie aber auch schlicht implizit, sozusagen durch Vollzug kultursoziologischer Forschung, erhoben und zugleich bestätigt.
Harmonie und Widerspruch: Mit Judith N. Shklar gegen die "Ideologie der Einigkeit"
Distanzierung und Engagement, 2018
Harmonie und Widerspruch: Mit Judith N. Shklar gegen die »Ideologie der Einigkeit« Wie politisch die Geisteswissenschaften sind und sein sollen, dafür stehen noch immer prototypisch die von Max Weber und Karl Marx formulierten Optionen. Webers Ideal einer »wertfreien« Soziologie will »praktisch-politische Stellungnahme und wissenschaftliche Analyse politischer Gebilde und Parteistellung« streng voneinander getrennt behandeln. 1 Marx dagegen verlangt die politische Identifikation, von deren Warte aus erst die bürgerliche Ideologie als »Illusion der Epoche« durchschaut werden könne. 2 Wäre Marx für Weber ein schlechter Wissenschaftler, so fiele für Marx die Wertfreiheit Webers selbst unter Ideologieverdacht. Geändert hat sich an diesen groben Argumentationslinien bis heute wenig: Während der Großteil heutiger Geisteswissenschaften zumindest pragmatisch und implizit Wertfreiheit beansprucht, ganz gleich, wie konstruktivistisch sie sich geben mag, gelten der Gesellschaftskritik der Gegenwart auch dort, wo keine Aussicht mehr auf Nichtideologie besteht, alle Neutralitätsansprüche noch immer als Ideologie in Aktion. Und was 77 76 Distanzierung und Engagement Hannes Bajohr da verschleiert wird, ist zumeist und ziemlich vage irgendeine Form »des Liberalismus«. 3 Vorwürfe dieser Art wirken im postmarxistischen Kontext erwartbar; ungleich interessanter ist es, wenn die Feststellung, der Liberalismus leugne seine Ideologizität, von Liberalen selbst vorgebracht wird. Nur wenige haben das aufschlussreicher getan als die politische Philosophin Judith N. Shklar (1928 -1992). 4 Sie ruft Geisteswissenschaftler auf, die eigenen ideologischen Bindungen zu reflektieren und sich dem Problem zu stellen, wie mit dem unauflöslichen Pluralismus gleichzeitig existierender politischer Überzeugungen und wissenschaftlicher Theorien auch praktisch umzugehen sei. 5 Die liberale Perspektive Shklars hat ein ausgeprägtes Gespür für die Gefahren nicht-reflexiver Ideologien, die diesen Pluralismus leugnen oder überwinden wollen, Harmonie predigen statt Widerspruch anzuerkennen, und so in scheinbarer Beilegung von Konflikten in Wirklichkeit Repression und Exklusion den Boden bereiten.
‚Glaube, Einheit, Liebe‘. Zur Einführung ins Einheitsdenken nach der Postmoderne (2015)
Ausgangspunkt und erklärtes Anliegen des vorliegenden Bandes ist es, auf Einheit abzielenden Denkansätze als mögliche Nachfolgetheorien des Poststrukturalismus bzw. als Alternativen zur postmodernen Ästhetik näher in den Blick zu nehmen. Die zu diesem Zweck entworfenen Denkfiguren von Ganzheit, Präsenz und Transzendenz dienen im Folgenden als Stichwortgeber sowie als imaginative Scharnierstellen, von denen unterschiedlichste Perspektiven auf Literatur, Film, Architektur, Phänomenologie und Fotografie um die Jahrtausendwende ihren Ausgang nehmen können. Die einzelnen Beiträge beziehen sich zwar nicht durchgehend explizit auf die (von der Herausgeberin vorab getroffene) Theorieauswahl, jedoch reflektieren sämtliche Aufsätze zumindest eine, zumeist sogar mehrere der zentralen Denkfiguren und kreisen diese auf je idiosynkratrische Art und Weise ein. Auf höchst produktive Weise eröffnen die insgesamt neun Beiträge damit eine Vielfalt von Perspektiven auf die maßgebende Fragestellung, aus der das Projekt ursprünglich hervorgegangen ist – das Einheitsdenken nach der Postmoderne.
Die Zubetonierung der völkisch-identitären Kultur
Radio Dreieckland, 2021
https://rdl.de/beitrag/umstrukturierung-der-unis-und-presse-ungarn?fbclid=IwAR1mgNm6fTFCFPt9RzoILCFoDZ6LQqWezGRUjyiZPpzkNKzhDn0B\_mMtTSI In den deutschen Zeitungen, Radios und Fernsehsendungen hört man oft vom sogenannten "rechtspopulistischen" Weg, auf dem sich Polen und Ungarn befinden sollen. In dieser Berichterstattung sind im günstigsten Fall Analysen der Situation enthalten und im schlechtesten Fall pauschalisierende Verkürzungen. Betroffen von den Maßnahmen der Regierungskoalition aus Fidesz und Christlich-Demokratische Volkspartei, KDNP, sind zunehmend die Kultur und der Wissenschaftssektor. Universitäten werden genauso wie Sendeanstalten mit Regierungstreuen Vertreter*innen neubesetzt. Neben Protesten gegen die Strukturreform bleibt die Opposition des Landes weitesgehend zurückhaltend. Es gibt verschiedenste Gründe für das zögerliche Verhalten der parlamentarischen Stimmen. Von Florian Laurösch
Über "Einzelphänomene" des Mainstreams Der Identitätskampf des Drachenlords
kommunikation.medien, 2023
Diese dispositivanalytische Untersuchung des sogenannten Drachengames offenbart eine Welt aus diskursiven Praktiken, die auf memetischen Kommunikationsstrukturen sowie Halbwahrheiten basieren und dazu beitragen, dass auch in vermeintlich harmlosen Diskursen radikalisierende Tendenzen auftreten können. Das Fallbeispiel des Drachenlords und seiner Hater:innen verdeutlicht Dynamiken der Ab-und Ausgrenzung, die über das Prinzip der Be-und Abwertung ein Dispositiv aus Konformität und Individualität in Online-Diskursen schaffen. Dieser Beitrag verfolgt das Ziel, memetische Kommunikationsmuster um Elemente der Halbwahrheiten und Radikalisierung zu erweitern und so einen Identitätswettkampf nachzuvollziehen, in dem es um die Deutungshoheit in einem Spiel geht, das niemand gewinnen kann.
Die mythische Denkweise im Rechtsrock. Volksgemeinschaft und Ahnenkult
Im Allgemeinen besteht Rechtsextremismus aus einem Konglomerat von Einstellungen, die nicht selten sehr heterogen sind und in ihrer Intensität variieren. Die verschiedenen Gruppen schließen sich keiner geschlossenen Weltanschauung an, trotzdem kann man sie anhand einiger sich wiederholender Themen zusammenfassen. Rechtsextremismus ist eine Ideologie der Ungleichheit, der Gewaltbereitschaft, des Autoritarismus und des völkisch-rassistischen Denkens. Diese letzte Grundidee versteht man als Prototyp für die „Naturalisierung des Sozialen“ ; sie reicht von biologistischen Positionen in der Tradition des Nationalsozialismus bis zu völkisch-homogenisierenden Einstellungen, die einem Primat des Ethnisch-Regionalistischen entsprechen . Der Identitätszwang im Rechtsextremismus setzt den Vorzug des Kollektivs und demzufolge den Ein- und Ausschluss des Individuums voraus, was zu einer Ablehnung des Wertepluralismus und zur Ehrfurcht vor einer als organisch verstandenen Gemeinschaft führt. Der Umgang mit der Vegangenheit beziehungsweise die Artikulation des Geschichtsbewusstseins stellen im Rahmen der Identitätssuche wesentliche Teile der Gemeinschaftsbildung dar. Wie gestaltet man das geistig-kulturelle Bild in rechtsextremen Diskursen? In diesem kurzen Beitrag sollen die Mystifizierung und Verklärung von Begriffen wie „Volk“, „Rasse“ oder „Ahnen“ skizziert werden, um ihre ideologische Relevanz und ihr Legitimationspotenzial in der rechten Szene genauer fassen zu können. Mit anderen Worten besteht unser Hauptziel darin, die mythischen Geschichtsbilder hervorzuheben, welche bestimmte Aspekte der früheren Geschichte in mythische Strukturen umwandeln, um einen kollektiv historischen Sinn zu stiften. Dabei ist zu beobachten, wie sich die rechtsorientierte Weltanschauung hauptsächlich über Mythen definiert und auf das Infragestellen von Faktizität zugunsten von sinnstiftenden Idealen verzichtet, was zu einer Art politischer Phantasie verdichtet wird. In diesem Sinne dienen als Materialgrundlage Themen aus den Liedtexten der in den 1980er Jahren begründeten Rechtsrockszene, die als mediales Schlüsselinstrument und wesentlicher ideologischer Werbeträger des Rechtsextremismus fungiert . Im ersten Teil der Untersuchung werden dabei theoretische Dimensionen des Mythos diskutiert, während sich der zweite Teil des Beitrags mit konkreten Beispielen der Mythisierung von volksgebundenen Elementen befasst, die zur Identitätskonstruktion dienen und eine besondere Geschichtskultur durch die Rezeption der antiken Themen unterbauen.
Um nicht blind einen wilden „Hunger nach neuen Ideologien zu stillen”
Sozialer Ort und Professionalisierung, 2019
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Die dialektische Einheit der Opposition Individuum-Gesellschaft
The opposition of an individual and society doesn’t resolve any problem. It makes rather possible to formulate the question of human freedom and autonomy. To answer it it’s necessary to go beyond this opposition for example towards the concept of social treatment. The contrast between particularity and generality which then finds its solution in a kind of synthesis of both opposition’s poles brings to mind the Hegel’s dialectical scheme. Subjective Spirit and objective Spirit build together an original conflict which in the next step of Spirit’s evolution is trespassed by the synthesis of both of them. The synthesis is achieved in the highest, absolute Knowledge that is embodied in absolute Spirit. The Knowledge with the help of which absolute Spirit gets to know its true idealistic nature unifies every dichotomies and oppositions that could be found out on the lower levels of Being. In my presentation I focus on the question how the opposition of an individual and society can be trespassed and thereby also denied in absolute Knowledge. Taking into account that according to Hegel the highest level of conceptual Knowledge can be expressed only in philosophy the question seems to be one of the most essential philosophical ones. My thesis is that social rule is the crucial concept by means of which the above contrasted ones could be brought together. Social rule operates on the individual level as well as on the social. Every individual action to be understandable and hence to be treated as intentional has to be realized according to some rules. On the other hand society must be structured. The structure is defined with the help of rules of action which in time become a firm, objective social reality that people are living in and taking into account. Therefore the social rule can be regarded as a kind of intermediate concept. Because of that its understanding should imply better insight into the mutual relations between an individual and society and the mechanism of their interactions. From the micro-point of view social rules are being realized by actions of particular actors. From the macro-point of view the same actions constitute and reproduce social structure. It seems that social rule is the knot that connects an individual and society. Therefore the analysis of this concept should be useful to formulate the general conception of social cohesion. The degree of embededness of these rules in an individual consciousness and the density of connections constituted by them determine the extent of social stability. I claim that both factors should rise as the understanding of the rules being in force increases. This thesis I base on the presupposition that the rule one understands and is able to give some arguments to support it from the psychological point of view is more difficult to break than the rule one can’t explain and justify. Of course the question is what it means to understand a rule. This I try to grasp analyzing the issue of individual identity. The individual identity I understand as a particular form of self-understanding built first of all on the social relations an individual lives amid. This identity moulds itself in the process of the permanent “dialog” with the social reality, which I preliminary define as the space of ordered interpersonal interactions. It means that the identity can’t be transferred in a conceptual way. I claim that it is through the participation in the social affairs that an individual identifies with a particular group and regards itself as a part of the community. The concept of participation I explain as taking part in activities that in a particular collectivity are understandable (what doesn’t mean acceptably) and as doing so because of being aware of this collective understanding. The conclusions of these analyses seem to be in the spirit of Hegel’s idealism. Firstly, the opposition of an individual and society can be trespassed by the intermediate concept of the social rule. Secondly, the level of social rules (comprehended as rules as such) is pure logical in contrast to the social one that includes individuals and society. Thirdly, the concept unifies an individual and society not only in the conceptual sense but, what is much more important, also in the sociological one. This unification can be seen from the macro- and micro-perspective. From the former one it manifests itself in the form of the social cohesion issue, from the latter one as the question of the individual identity.
Identitärer Terror – Franz L. Neumanns Kritik am völkischen Demokratiebegriff
Identitärer Terror, 2023
Der Beitrag entwickelt ausgehend von den Arbeiten Franz Neumanns eine Kritik an Carl Schmitts völkischem Demokratiebegriff, der bis heute weit über neurechte und konservative Kreise hinaus theoretisch einflussreich ist. Schmitt versteht Demokratie im Anschluss an Rousseau als Herrschaft des Allgemeinwillens (»volonté générale«), der auf der substanziellen Gleichartigkeit der Gesellschaftsmitglieder, der Identität von Herrschenden und Beherrschten und der Ausscheidung des Heterogenen beruhe. Parlamentarismus und Gewaltenteilung würden der liberalistischen Epoche angehören und seien in der modernen Demokratie dysfunktional geworden, weil sie deren identitären Kern aushöhlen. Jüdinnen und Juden konstruiert Schmitt in antisemitischer Manier als »absolute Feinde«, da sie für ihn die identitätszersetzende Herrschaft des modernen Rechts repräsentieren. Im zweiten Teil wird mit Neumann der widersprüchliche Doppelcharakter der liberalen Demokratie herausgearbeitet: sie sei allgemeine Herrschaft des Gesetzes und zugleich durch den Einfluss strukturell ungleich mächtiger Interessengruppen bestimmt. Schmitts Ideal von einem homogenen Volk und einer allmächtigen Exekutive begreift Sassmannshausen als »ideologische Schiefheilung« dieses Widerspruchs.