Ausstieg aus der »Konsumgesellschaft«? Die radikale Linke in der Bundesrepublik (original) (raw)
Alex a nder Sedlm aier Ausstieg aus der »Konsumgesellschaft«? Die radikale Linke in der Bundesrepublik Die Gegenwart des Bestehenden zu akzeptieren, fällt schwer, wenn eine kritische Gesellschaftsanalyse ein fortschrittliches Veränderungspotential aufzeigt, das sich aber nicht ohne größere Hindernisse und Konflikte lebenspraktisch umsetzen lässt. Es stellt sich die Handlungsalternative, diesen Konflikten und Hindernissen entweder mehr oder weniger konfrontativ zu begegnen oder sie zu umgehen und anderswo nach neuen Wegen zu suchen. Mit dem Schwinden revolutionärer Utopien in der Folge von ›1968‹, dem Einzug einer zumindest rhetorisch reformbereiten sozial-liberalen Koalition in die Bonner Machtzentralen und der zunehmenden Diskreditierung der radikalen Linken durch den Terrorismusdiskurs, aber auch im Zuge der Ernüchterung einer einsetzenden sozioökonomischen Krise war diese Frage in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre in linken Kreisen wesentlich offener als am Ende der vorangegangenen Dekade. Die radikale Linke blickte Mitte der siebziger Jahre auf eine etablierte Tradition der tatkräftigen Skepsis gegenüber der ›Konsumgesellschaft‹ 1 zurück, die als wichtiges Integrationsmoment des herrschenden Systems gesehen wurde, wie auch auf einen Erfahrungsschatz an konkreten Konflikten mit der Staatsgewalt, die aus Versuchen entstanden waren, alternative Lebensformen und ›Versorgungsregime‹ zu verwirklichen. Viele Kritiker gingen davon aus, dass dem Konsum eine integral stabilisierende Funktion für die bundesrepublikanische Gesellschaft zukomme, die sich in einem permanenten Bedarf an Konsumgütern und-handlungen manifestierte. Von dieser Perspektive ausgehend, versuchten viele, das Funktionieren der vermeintlich entpolitisierten bundesrepublikanischen Konsumgesellschaft zu stören oder sich ihr zumindest demonstrativ zu entziehen. 2
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