Noch als Schüler ohne förmlichen Schulabschluss wechselte Willy Millowitsch "hauptberuflich" über ins Schauspielfach, obwohl er ursprünglich Ingenieur werden wollte. Im Theater seines Vaters, der nach der Inflation auf Tourneen gehen musste und bis 1936 in den verschiedensten Spielstätten in Köln und Umgebung Theater spielte, war der junge Millowitsch Mädchen für alles. Ab 1936 gab es dann in Köln endlich eine feste Spielstätte in der Aachener Straße Nr. 5, den ehemaligen "Coloniasälen", in der Nähe des Rudolfplatzes, wo das "Millowitsch-Theater" unter diesem Namen auch überregional Bekanntheitsgrad erlangte. Seit 2015 hieß es offiziell "Volksbühne am Rudolfplatz" bis das Traditionsgaus nach sieben Generationen am 25. März 2018 aus wirtschaftlichen und Altersgründen geschlossen wurde.Während des Krieges war Millowitsch auf Fronttheatertournee eingesetzt worden, weil das "Kraft durch Freude"-Haus1) ausgebombt wurde.1939 heiratete Willy Millowitsch Linny Lüttgen (die Ehe wurde später geschieden), 1940 übernahm er von seinem Vater die Leitung der Familienbühne. Glücklicherweise waren die Kriegsschäden am "Millowitsch-Theater" relativ gering, so dass der Spielbetrieb nach Kriegsende bereits 19. Oktober 1945 mit dem Schwank "Das Glücksmädel" wieder aufgenommen werden konnte. Der damalige Oberbürgermeister von Köln, Dr. Konrad Adenauer1) (1876 – 1967), hatte sich persönlich dafür verwendet. Er wollte, dass Millowitsch so schnell wie möglich wieder spielte. "Die Leute müssen wieder was zu lachen haben", befand Adenauer damals.
Am 28. September 1946 heiratet Willy Millowitsch seine zweite Ehefrau Gerda (geb. Feldhoff, 1922 – 2004). Vier Kinder gingen aus der Verbindung hervor: Katharina (geb. 1947, Oberstudienrätin), Peter (geb. 1949, Schauspieler), Susanne (geb. 1953, Buchhändlerin), Mariele (geb. 1955, Tierärztin und Schauspielerin). Zur Spielzeit 1996/97 übergab Millowitsch die Leitung seines Theaters an Sohn Peter; bereits 1995 hatte der Senior das Theaterspielen aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Peter Millowitsch1) übernahm bereits im Alter von acht Jahren seine erste Rolle am "Millowitsch-Theater", nach dem Abitur besuchte er in Hamburg eine Schauspielschule und avancierte im Laufe der Jahre ebenfalls zu einem Publikumsliebling an der hauseigenen Bühne, zeigte sich aber auch in verschiedenen TV-Produktionen. Tochter Mariele Millowitsch1) entschied sich nach dem Studium der Veterinärmedizin bzw. der Promotion (1991) ebenfalls für die Schauspielerei, avancierte mit zahlreichen Serien und TV-Spielen zu einer überaus erfolgreichen und beliebten Darstellerin auf dem Bildschirm. Willy Millowitsch und seine Ehefrau GerdaDas Foto wurde mir freundlicherweise von der FotografinVirginia Shue (Hamburg) zur Verfügung gestellt. Das Copyright liegt bei Virginia Shue.
Von 1945 bis 1949 fanden im "Millowitsch-Theater" täglich Vorstellungen statt, zusätzlich gab es ab 1947 auch Kinovorführungen, um die Betriebskosten einzuspielen und den Bühnebetrieb fortsetzen zu können. "Das Theater Millowitsch hat nie Subventionen bekommen", stellte Willy Millowitsch einmal mit Stolz fest. Über viele Jahre leitete Millowitsch das volkstümliche Theater gemeinsam mit seiner Schwester Lucy Millowitsch1) (1905 – 1990), _mit der er auch jahrzehntelang gemeinsam auf der Bühne stand. Das Geschwisterpaar galt als Idealbesetzung, wenn es darum ging temperamentvolle Paare darzustellen._2) Mit der Währungsreform ging 1949 der erste Theaterboom in Köln zu Ende, die Menschen verlagerten ihre Interessen und blieben dem Theater zunehmend fern. Für Millowitsch erwies es sich deshalb als sehr nützlich, auch sein Kino zu haben. 1949 kam Millowitsch erstmalig mit dem Film in Berührung, übernahm in dem Krimi "Gesucht wird Majora"1) die Rolle eines jungen Heimkehrers. Eine ernste Rolle spielte er nur ein Mal in dem Melodram "Madonna in Ketten"3) (1949), wo er als Prof. Kleinschmidt einen Frauenarzt verkörperte. Er war jedoch schon damals so populär, dass seine Wirkung unbeabsichtigt komisch war. In den 1950er und 1960er Jahren folgten eine Anzahl weiterer Kinoproduktionen, bereits in den frühen 1950er Jahren sah man ihn in Streifen wie dem Harry Piel-Abenteuer "Der Tiger Akbar"1) (1951) und der Zuckmayer-Adaption "Der fröhliche Weinberg"1) (1952). Er spielte unter anderem in Kurt Meisels Gaunerkomödie "Drei Mann auf einem Pferd"1) (1957), in der Liebeskomödie "Scampalo"1) (1958) an der Seite der jungen Romy Schneider oder in der heiteren Geschichte "Vater, Mutter und neun Kinder"1) (1958) neben Heinz Erhardt mit.Das Foto wurde mir freundlicherweise von der FotografinVirginia Shue (Hamburg) zur Verfügung gestellt. Das Copyright liegt bei Virginia Shue.
In dem Klamauk "Unsere Tante ist das Letzte"1) (1973) unter anderem mit Eddie Arent als gestresstem Ehemann Otto Wilhelm Hirsekorn bzw. Mitbesitzer des Gartenschlauch-Betriebs "Blume & Co", spielte Millowitsch den "Schwerenöter" ArminBlume, in dem Spaß "Der Geheimnisträger"1) (1975) den Kölner Buchhalter und netten Gemütsmenschen Kuno Hopfen, der "auf seinem "Allerwertesten" eine Geheimformel durch alle Gefährdungen von Deutschland nach Griechenland befördert, wobei seine Ahnungslosigkeit der an sich einfältigen Handlung zu einigem Witz verhilft."(Quelle: filmdienst.de)Anschließend folgten nur noch wenige Leinwandauftritte, in der heiteren Story "Ein dicker Hund"1) (1982) erlebte man Millowitsch als Professor Pfiff, Leibarzt und Freund des dem weiblichen Geschlecht zugetanen Eduard von Bittermagen (Gunther Philipp), in der Satire "Die wilden Fünfziger"1) (1983), gedreht von Peter Zadek frei nach dem Roman "Hurra, wir leben noch"1) von Johannes Mario Simmel1), stellte er den Professor Donner dar und in der US-amerikanischen Komödie"Hilfe, die Amis kommen"1) (1985, "National Lampoon's European Vacation") den Fritz Spritz. Letztmalig wirkte Millowitsch als reicher Kölner Brauereibesitzer Günther Zach in der Komödie "Pizza Colonia"3) (1991) mit, in der Mario Adorf den italienischen Restaurantbesitzer bzw.Zachs Kompagnon Francesco Serboli gab, dessen Tochter Rita (Marita Ragonese1)) den Enkel (Michele Oliveri) von Zach heiraten will → ÜbersichtKinofilme.
Diese gerieten zu wahren "Straßenfegern" in ganz Deutschland, nicht nur am Rhein, und das Rheinische eine weithin bekannte Mundart, stand für Gemütlichkeit und augenzwinkernden Humor. Das plattdeutsche "Ohnsorg-Theater"1) in Hamburg und der bayerische "Komödienstadel"1) beeilten sich nachzuziehen. Der Erfolg der TV-Übertragungen wirkte sich auf das Theater aus, der Besuch war plötzlich wieder gefragt, es folgten Hunderte von Aufführungen. In vielen kölschen Klassikern spielte Millowitsch, der nie eine Schauspielschule besucht hatte, die Hauptrolle, etwa in dem berühmten Stück "Et Fussig Julche", "Schneider Wibbel"1), "Das Glücksmädel", "Der Meisterboxer" (unter anderem 1968 mit Günter Lamprecht) oder "Tante Jutta aus Kalkutta". Die Lustspiele gerieten auf dem Bildschirm zu Quotenrennern, auch andere Ensemblemitglieder, etwa Elsa Scholten (1902 – 1981), die bereits seit 1920 zum festen Bestandteil der Bühne gehörte, oder Franz Schneider (1916 – 1985) wurden schlagartig bundesweit bekannt. Übrigens stand Millowitsch – wenn auch nur ein einziges Mal – mit dem Hamburger "Zugpferd" Heidi Kabel (1914 – 2010), mit der er auch privat befreundet war, gemeinsam auf der Bühne, unter der Regie von Kabels Ehemann Hans Mahler1) (1900 – 1970) mimte er 1968 am "Ohnsorg-Theater" die Nebenrolle des Richters Kleinfisch in dem Schwank "Die Kartenlegerin"1). Mit Heidi Kabel drehte der rheinische Mime auch die humorige Sketch-Serie "Kabillowitsch" (1977/78). Hier sind die beiden Komödianten voll in ihrem Element, mit unnachahmlicher Spielfreude schlüpfen sie in jeder Folge in eine andere Rolle, ob als untreuer Lebemann oder verdatterter Detektiv, als schwerhörige Grafin oder schusselige Tierfreundin. (Quelle und Link: fernsehserien.de)
Auf dem musikalischem Sektor hatte Willy Millowitsch auch so einiges zu bieten, mit 30 bis 40 Schallplattenproduktionen war er als "Stimmungssänger" überaus erfolgreich, brachte mit "Schnaps, das war sein letztes Wort"1), "Citronella" oder "Wir sind alle kleine Sünderlein" bei ungezählten öffentlichen Auftritten und Großveranstaltungen nicht nur Generationen von Karnevalisten zum Schunkeln. Das Lied "Ich bin ene kölsche Jung" von Fritz Weber1) bleibt bis heute untrennbar mit dem Namen "Millowitsch" verbunden. Die Energie des umtriebigen Millowitsch schien bis ins hohe Alter grenzenlos, Theater, Film und Fernsehen sowie Auftritte bei zahllosen Galas und Veranstaltungen zeigten stets einen lebensfrohen, humorvollen und von allen geliebten Mann, dessen Popularität bis auf die Insel Elba reichte. Dort hatte Millowitsch ein Haus erworben, verbrachte hier jedes Jahr mit seiner gesamten Familie den Sommerurlaub und oftmals waren auch gute Freunde, wie beispielsweise Heidi Kabel zu Gast.Willy Millowitsch 1987 anlässlich des sommerlichen "Kanzlerfestes"1) Urheber: Elke Wetzig (elya); Lizenz: CC BY-SA 3.0 Quelle: Wikimedia Commons
Im Laufe seiner langen Karriere erhielt der populäre Künstler zahlreiche Ehrungen, unter anderem 1961 den "BRAVO-Otto"1) in "Gold", 1962 folgte der "BRAVO-Otto" in "Silber", 1983 überreichte man ihm den Fernsehpreis "Telstar"1) sowie 1990 und 1992 einen "Bambi"1). 1984 würdigte man seine Leistungen mit dem "Bundesverdienstkreuz 1. Klasse"1), am 17. März 1989 wurde er Ehrenbürger der Stadt Köln. Er ist überdies Deutschlands einziger Volksschauspieler, der schon zu Lebzeiten über ein eigenes Denkmal verfügte, 1992 erfolgte am Eisenmarkt in Köln vor dem "Hänneschen-Theater"1) die feierliche Enthüllung → Foto bei Wikimedia Commons. Am 25. April 2014 wurde das "Willi-Millowitsch-Denkmal" vom Eisenmarkt an den im Jahre 2013 benannten "Willy-Millowitsch-Platzz" am so genannten "Gertrudenplätzchen" versetzt. An weiteren Ehrungen sind der "Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen"1) (1989), die "Willi-Ostermann-Medaille"1) in "Gold" (1994) und der "Bayerische Fernsehpreis"1) (1994, "Ehrenpreis des Bayerischen Ministerpräsidenten") zu nennen. Am 8. Januar 1999 feierte Willy Millowitsch seinen 90. Geburtstag, anlässlich dieses Ehrentages fand eine aufwendige TV-Show statt � sein letzter öffentlicher Auftritt. Der 90. Geburtstag dieses großen Volksschauspielers war Anlass für viele Größen aus Politik und Kultur, den Urkölner in dieser bunten Gala mit einem begeisterten Publikum nochmals hochleben zu lassen.
Am 20. September 1999 starb Willy Millowitsch – für alle zu früh – im Kölner "St.-Elisabeth-Krankenhaus" (Hohenlind) an Herzversagen. Das Kölner "Urgestein" wurde unter großer Anteilnahme der Bevölkerung beigesetzt, dicht gedrängt standen Tausende an der abgesperrten Domplatte. _"_Der kölsche Jong hat uns verlassen. Köln hat einen Ehrenbürger und einen großen Sohn verloren", sagte der damalige Oberbürgermeister Norbert Burger1) anlässlich der Trauerfeier im Rathaus vor etwa 700 geladenen Gästen. _Unter den Trauern waren neben der Familie auch Politiker wie Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Wolfgang Clement_1) (SPD) und Regierungspräsident Franz-Josef Antwerpes1), aber auch Künstlerkollegen wie der Kabarettist Hanns Dieter Hüsch und die Schauspielerin Heidi Kabel. (…) _Burger würdigte den Humor, Witz und die Lebensweise von Millowitsch. Unter dessen Regie habe sich das Volkstheater Millowitsch zu einer der beliebtesten deutschen Bühnen entwickelt. "Sein Lebenswerk wird Bestand haben", sagte Burger. Der Publikumsliebling sei als "kölschester aller Kölner" geliebt worden. In Köln sei er seit langem Kultfigur gewesen. Die Trauerrede hielt der Intendant des Hamburger "Thalia-Theaters" und frühere Kölner Theatermacher Jürgen Flimm1)._5) Nach der Trauerfeier fand im "Kölner Dom"1) ein Trauergottesdienst mit Weihbischof Dr. Friedhelm Hofmann1) und Domprobst Bernard Henrichs1) statt, als der Sarg Willy Millowitschs aus dem Dom getragen wurde, brandet unter den Wartenden frenetischer Applaus auf.
Der frühe Erfolg Millowitschs beruhte wohl darauf, dass die Deutschen einen Unbefleckten brauchten, der auf demonstrative Weise das Lachen nicht verlernt hatte, seine spätere Wirkung bestand darin, Humor mit Güte, Plumpheit mit Beweglichkeit zu paaren und aufbrausend komisch zu sein: Der Name Millowitsch wird stets als Markenzeichen für rheinischen Frohsinn und kölsches Mundwerk gelten.
Der "Pausenclown", wie er sich selbst nannte, lachte unaggressiv über andere, ohne denunziatorisch zu sein und verfügte über ein gerüttelt Maß an Selbstironie. Als "Lachsack der Nation" schien er für differenzierte Rollen nicht verhalten und leise genug – aber sein Kommissar Klefisch1) bewies das Gegenteil. Millowitsch hatte den Wunsch geäußert, einen gestandenen Kommissar spielen zu wollen. Für den WDR schrieb daraufhin Hans Werner Kettenbach1), Journalist und Krimiautor, das maßgeschneiderte Drehbuch. Der erste Klefisch-Krimi, "Ein Fall für Onkel"4), wurde 1990 ausgestrahlt, es folgten die Geschichten "Dienstvergehen"4) (1991), "Ein unbekannter Zeuge" (1992), "Tod am Meer" (1993), "Klefischs schwerster Fall"4) (1995) und zuletzt "Vorbei ist vorbei" (1996) → Übersicht Willy Millowitsch im Fernsehen. Vereinzelt stand der Schauspieler zudem im Hörspielstudio, eine Auswahl der bei der ARD Hörspieldatenbank gelisteten, meist Mundart-Produktionen findet man hier.Willy Millowitsch und Loki Schmidt1) (1919 – 2010) Das Foto wurde mir freundlicherweise von der FotografinVirginia Shue (Hamburg) zur Verfügung gestellt. Das Copyright liegt bei Virginia Shue.
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