Review of Nigel Harris (ed): The Light of the Soul. The 'Lumen anime C' and Ulrich Putsch's 'Das liecht der sel'. Critical Edition with Introduction, Bern: Peter Lang 2007 (original) (raw)
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2014
Nach Angaben des Dr. Charles H. Maye in Rochester ist ein Mensch nicht mehr und nicht weniger wert als vier Mark, wobei Dr. Maye die Bemessung exakt auf Grund der Verwertbarkeit der in einem Menschen enthaltenen Rohstoffe vornimmt. So reicht das Fett eines Menschen zur Herstellung von sieben Stück Seife. Aus dem Eisen eines Menschen läßt sich ein mittelgroßer Nagel machen. Der Zucker langt für ein halbes Dutzend Faschingskrapfen. Mit dem Kalk kann man einen Kückenstall weißen. Der Phosphor liefert die Köpfe von 2200 Zündhölzern. Das Magnesium ergibt eine Dosis Magnesia. Mit dem Schwefel kann man einem Hund die Flöhe vertreiben. Und das Kalium reicht für einen Schuß aus einer Kinderkanone.« 1 Die Anatomie des Menschen, wie sie Rudolf Brunngraber in seinem neusachlichen Roman Karl und das Zwanzigste Jahrhundert zeichnet, ist eine nüchterne. Die minutiöse Bestandsaufnahme weist den Durchschnittsmenschen als Spielball einer prekären Umwelt aus, determiniert durch eine Vielzahl globaler Faktoren. Angeregt wurde Brunngraber zu dem Roman im Zuge seiner Arbeit am Wiener Gesellschaftsund Wirtschaftsmuseum (GWM) -konkret von dessen Leiter, dem Philosophen, Soziologen und Politischen Ökonomen Otto Neurath. Von der Stadtverwaltung engagiert, um eine sozial-hygienische Sprache der Information und Prävention zu schaffen, entwarf Neuraths Arbeitsgruppe Piktogramme, die -Einfachheit und Kohärenz zu einem quantifizierenden System verbindend -später als Wiener Methode der Bildsprache Isotype bekannt wurde. Neuraths Einflussbereich erstreckte sich von Projekten der Demokratisierung und Globalisierung von Wissen, Siedlerbewegung und Arbeiterunfallversicherung bis zur Unity of Science Bewegung des Wiener Kreises und der architektonischen Utopie der globalen Polis -der Idee, den öffentlichen Raum auf Basis von partizipativen Formen des demokratischen Austauschs umzuorganisieren. 2 1 Rudolf Brunngraber: Karl und das 20. Jahrhundert, Kronberg 1978, S. 288-290. 2 Vgl. Nader Vossoughian: Otto Neurath. The Language of the Global Polis, Rotterdam 2008. Neben allgemein sozialwirtschaftlichen Belangen informierte das GWM Besucherinnen und Besucher der Dauerausstellungen im Rathaus oder des Gassenlokals am Tuchlauben über Gesundheit und Gesundhaltung. Gründungsmitglied und Berater für medizinisch-biopolitische Themen war der Anatom Julius Tandler (1869-1936), der 1910 die venia legendi für Anatomie, Vergleichende Anatomie und Entwicklungsgeschichte erhalten hatte. Nicht nur Inhaber der ersten anatomischen Lehrkanzel der Universität Wien (1910-1934) und Dekan (1914-1918), sondern sozialdemokratischer Gesundheitspolitiker war Tandler eine der umstrittensten Persönlichkeiten der Zwischenkriegszeit. In der ersten Republik war Tandler Unterstaatssekretär und Leiter des Volksgesundheitsamtes (Krankenanstaltsgesetzt); mit Ende der Koalition wechselte er zur Stadt Wien und wurde amtsführender Stadtrat für das Wohlfahrts-und Gesundheitswesen. Obwohl er sich als Erwachsener evangelisch taufen ließ, wurde er als einer der prominentesten jüdischen Wissenschaftler der Zwischenkriegszeit wahrgenommen und polarisierte als Ankläger antisemitischer Agitation gerade durch seine einflussreiche Stellung in der Stadtverwaltung. Als Schlüsselfigur in der Entwicklung des Wohlfahrtsmodells des Roten Wien wird an Tandler heute durch Gedenksteine, Briefmarken, Medaillen und Straßennamen für seine Verdienste im Bereich der Kinder und Säuglingsfürsorge, der Schwangeren-und Mütterberatung, der Entwicklungen im Krankenhaus-, öffentlichen Bäder-und Gärtensystem und für seinen Kampf gegen Alkoholismus und Tuberkulose erinnert. 3
Die paradoxe Metapher von Béla Balázs, die der Studie der ungarischen Komparatistin, Gabriella Hima, den Titel gibt, fungiert zugleich als Brennspiegel, in dem die Strahlen ungarischer, österreichischer und deutscher Literaturen, die jeweils von Deszsö Kosztolányi, Joseph Roth, Erich Kästner und Irmgard Keun vertreten werden, konvergieren, um neue Bezüge innerhalb einer bisher fast ausschließlich als deutsches Phänomen aufgefaßten literarischen Richtung aufleuchten zu lassen. Damit stellt Gabriella Hima einen Topos der deutschen Literaturwissenschaft in Frage, demzufolge es sich bei der neusachlichen Prosa um ein Produkt der "weimaranischen Inzucht" handele, das auf eine literarische Bewegung während der Zwischenkriegszeit in Deutschland beschränkt war. Stattdessen definiert sie in Anlehnung an Joseph Roth die Sachlichkeit als "de[n] wache[n] Sinn für die Wirklichkeit", den es zumindest seit zweihundert Jahren in "der belletristischen Literatur aller europäischen Länder" gegeben habe, außer in der deutschen, wo ein Neologismus wie Neusachlichkeit erfunden wurde, da nur dem deutschen Volk "die Sachlichkeit ´neu´ erscheinen konnte". 1
Inhalt Seite 1. Kapitel: jiver nitya o naimittik dharma {Der ewige und der zeitweilige Dharma des Jiva} 9 2. Kapitel: jiver nitya-dharma -shuddha o sanatana Der Ausdruck des Wesensgesetzes der Seele ist lauter und unveränderlich 23 3. Kapitel: naimittik dharma asampurna, heya, mishra, o acirasthayi Der unwesentliche Wesensausdruck (naimittika-Dharma) ist Halbheit (asampurna, unvollkommen), minderwertig (heya), unrein und gemischt (mishra) und temporär (nur kurze Zeit während) (acirasthayi) 34 4. Kapitel: nitya-dharmer namantara vaishnava-dharma Vaishnava-Dharma ist eine andere Bezeichnung für nitya-Dharma 55 5. Kapitel: nitya-dharma, naimittik naya vaidhi-bhakti {Vaidhi-Bhakti ist nitya, nicht naimittika-Dharma} 75 11. Kapitel: nitya-dharma o vyut-parasta arthat pauttalikata Nitya-Dharma und Pauttalikata {Verehrung der Murti} 90 8. Kapitel: nitya-dharma o vyavahar {Nitya Dharma und die gesellschaftlich gebotenen Pflichten} 103 39. Kapitel: lila-pravesha-vicara Erörterung (vicara) des Hineinkommens (pravesha) in die Lila 124 40. Kapitel: sampatti-vicara {Erörterung des höchsten Reichtums} 133 8 9 Erstes Kapitel jiver nitya o naimittik dharma {Der ewige und der zeitweilige Dharma des Jiva} Jambudvipa -Asien -ist der wertvollste Erdteil. Indien -Bharatavarshaist das Wesentlichste an Asien. Von allen indischen Landschaften ist das Gaurland -die Gaurabhumi -die bedeutendste. Mittelpunkt und Herz des Gauralandes ist der heilige Weihekreis von Shri-Navadvipa. Am einen Ende des Weihekreises von Shri-Navadvipa leuchtet in ewiger Schönheit ein bezaubernder Ort -Shri-Godruma. In aller Zeit hausten im Wald um Shri-Godruma viele Einsiedler, die sich der Wonne liebender Gottesverehrung ergeben hatten. Nicht weit von der Stätte, an der früher Shri Surabhi, die göttliche Kuh, Gauracandra, den HERRN, angebetet hatte -es war eine Art Laube aus Schlingpflanzen -stand eine Hütte, für die Anbetung und den Dienst Gottes bestimmt. Sie hieß "Pradyumna-Kunja" oder die Laube Pradyumna's. In ihrer Nähe war eine andere, ganz unter dichtem Gebüsch versteckte Hütte -der Aufenthaltsort des heiligen Shri Prema-Das-Babaji-Mahashaya, der ein Paramahansa war, das heißt, er gehörte der höchsten Stufe des Mönchsordens an. Pradyumna Brahmacari war sein Lehrer gewesen, ein Parshadapravara des HERRN, also einer der edelsten Gestalten, die zum Kreise derer gehören, die dauernd beim Guru weilen und ununterbrochen an Seinem innergöttlichen Leben der Liebe teilnehmen. Premadas-Babaji verbrachte seine Tage in der Wonne liebender Gottesverehrung. Er war ein Pandit, ein Gelehrter, in allen heiligen Schriften wohl bewandert. Als er sich in die Einsamkeit zurückzog, war er nach Shri-Godruma gegangen. Er hatte nämlich erkannt, dass Shri-Godruma nichts anderes als Nandagrama ist. Sein Tageslauf war wohl eingeteilt. Zweihunderttausend Mal sang er den Namen Hari's. Mehr als hundert Mal warf er sich auf die Erde -zu Ehren aller Vaishnava-s. Seinen Leib fristete er von der Almosenspeise, die er in den Hütten der Gopa-s oder Hirten erhielt. (Madhukari, den Honigmacher, nennt man diese Art des Almosenganges, da der Mönch wie eine Biene aus vielen Blüten Honig sammelt, also vielen Hausbewohnern die Gelegenheit gibt, gutes Werk zu tun, das eben darin besteht, dass man als Mensch der Welt dem ausschließlich Gottergebenen die Hülle seines Leibes erhalten hilft.) War er mit diesem Tagesprogramm fertig, dann ruhte er aus. Ausruhen hieß für ihn nicht Verschwendung kostbarer Lebenszeit mit leerem Geschwätz -Dorfgewäsch. Er las vielmehr mit tränenfeuchten Augen den "Prema-Vivarta", das Werk des heiligen Shri Jagadananda. Aus den benachbarten Einsiedlerhütten kamen dann die Gottgeweihten und lauschten mit viel andächtiger Hingabe seiner Rezitation. Und mit Recht kamen sie. War doch der heilige Shri Jagadananda einer aus dem beständigen Gefolge des Guru. Sein Werk, der "Prema-Vivarta", enthält eine Darstellung des Wesens aller Rasa-s in ganzer Fülle. Und noch eins kam hinzu: lauschten sie dem honigreichen, wohltuenden Strom seiner Worte, so konnte das Feuer der Begierde nach den Dingen der Welt ihr Herz nicht verzehren. Eines Nachmittags hatte der heilige Paramahansa Babaji-Maharaj nach Beendung des Gesangs des heiligen Namens sich auf dem von Tulasi-und Jasmingebüschen umgebenen, schattigen Platz niedergesetzt und las den "Prema-Vivarta". Ins Meer der Verzückung war er getaucht. Da kam ein Asket daher, der dem vierten Lebensstadium angehörte. Er trat hinzu, warf sich dem Babaji zu Füßen und blieb wie ein Stock der Länge nach am Boden liegen. Vorerst war der heilige Babaji noch ganz in Gottesliebe versunken. Bald erwachte er jedoch zur Erkenntnis der Außenwelt und sah nun den Sannyasi Mahatma vor sich auf dem Boden liegen, mit allen acht Teilen seines Körpers die Erde berührend. In seiner Demut hielt der Babaji sich für niedriger als ein Grashalm. So fiel er dann vor dem Sannyasi auf die Erde, rief: "O Caitanya, o Nityananda! Gnade diesem Verworfenen!" und fing an zu weinen. Nach einer Weile redete der Sannyasi den heiligen Babaji mit geziemender Höflichkeit an und sagte: "Herr, ich bin so überaus armselig und bescheiden, warum treibt Ihr Euren Spott mit mir." Der Sannyasi nahm Staub von den Füßen Babaji Mahashaya's und setzte sich nieder. Babaji Mahashaya gab ihm als Sitz eine Matte aus Bananenrinde, setzte sich zu seiner Seite nieder und sagte mit stotternder Stimme, die das Zeichen des Erfülltseins von einem besonderen Grad von Gottesliebe, nämlich Prema, war: "Ist dieser armselige Mensch fähig, Euch zu dienen?" Der Asket stellte seine Kürbiswasserflasche beiseite und sagte mit zum Ausdruck seiner Demut vor der Brust aneinandergelegten wie zum Gebet erhobenen Händen: Babaji sagte mit großer Bescheidenheit: "O Mahatma, bleibt einige Tage in Pradyumna's Laube und heiligt mich!". Der Sannyasi erwiderte: "Ich habe mich ganz Euren Lotosfüßen hingeopfert. Warum ‚einige Tage'? Mein innigliches Gebet ist dies: Ich möchte bis zum Verlassen der irdischen Form Euch dienen dürfen." Der Sannyasi war ein guter Kenner aller heiligen Schriften. Ihm war wohl bekannt, dass man eine geraume Zeit in der Gurukula, das heißt der Gemeinschaft mit dem Guru oder Meister leben und von ihm in der Lehre unterwiesen werden muss. Mit größter Freude hauste er in jener Laube. Einige Tage später sagte der Paramahansa Babaji: "He 2 Mahatma! Shri Pradyumna Brahmacari Thakur hat mir seine Gnade geschenkt und mich bei seinen Lotosfüßen gehalten. Er hält sich jetzt in Shridevapalligrama auf, das im Weihekreis von Shri Navadvipa liegt. Er hat sich ganz in den Kult Shri Shri Nrisinha's versenkt. Wenn wir mit dem Almosengang fertig sind, wollen wir uns heute aufmachen, um den Darshana seiner Lotosfüße zu erhalten." Der Sannyasi sagte: "Was immer Ihr befehlt, das will ich ausführen." Es war schon zwei Uhr vorbei. Da setzten sie über die Shri-Alakananda und gingen nach Shri-Devapalli. Die Sonne war bereits untergegangen. Im Tempel des Shri Nrisinha-Deva durften sie die Lotosfüße Shri Pradyumna Brahmacari's, des ewigen Begleiters des Herrn, schauen. Aus der Ferne warf sich der Paramahansa Babaji Mahashaya zu Boden und begrüßte Shri Gurudeva, seinen Meister, indem er sich ihm zu Füßen warf, mit acht Gliedern den Boden berührend. Brahmacari Thakur wurde von liebender Zuneigung (vatsalya) zu dem Gottgeweihten erfasst. Er kam aus dem Tempel heraus, zog mit beiden Händen den Paramahansa Babaji zu sich empor, umarmte ihn, prema-überwältigt, und erkundigte sich nach seinem Wohlergehen. Ausführlich erzählte der Paramahansa Babaji dem Leiter der Gurufamilie, was er über den Sannyasi Thakur wusste. Brahmacari Thakur gab seiner Hochachtung Ausdruck und sagte: "Bruder, du bist zu einem wahrhaftigen Guru gekommen. Lerne bei Prema-Das den Prema-Vivarta!" Und er sang den folgenden Vers aus dem Caitanya-Caritamritam (II.8.127): "Brahmane (vipra) sei er oder Asket (nyasi), warum auch nicht Shudra -2 Sanskrit "he" bedeutet: Oh! Wer das Wesen Krishna's erkannt hat, der ist ein Guru." 3 Der Sannyasi Thakur fiel, mit achtfacher Bodenberührung zu Füßen des Meisters seines eigenen Meisters -{seines} Paramaguru -nieder und sagte: "O Herr, Ihr gehört zum dauernden Gefolge Caitanya's. Ein Strahlenblick Eurer Gnade kann hunderte von den Sannyasi-s wie ich einer bin heiligen. Seid gnädig!" Der Sannyasi Thakur hatte zuvor nicht gelernt, welche Sitten für das Benehmen der Gottgeweihten untereinander gelten. Er hatte aber beobachtet, wie der Meister und der Meister des Meisters sich benahmen. Er verstand, dass das heiliger Lebenswandel war. Und mit aufrichtigem Herzen, ohne Hintergedanken, benahm er sich in gleicher Weise zu seinem eigenen Guru. Nach dem Darshana des Abend-Aratrik, dem abendlichen Lichterschwingen vor der Gottheit im Tempel, kehrten sie nach Shri-Godruma zurück. Einige Tage später wünschte der Sannyasi Thakur Auskunft über Fragen, die das Wesen der Gottheit betreffen. Er war schon ganz wie ein Vaishnava. Nur sein Gewand war geblieben. Schon früher hatte er Beherrschung innerer und äußerer Sinne und volle Zuwendung zu Brahma-Gottheit sich erworben. Jetzt hatte darüber hinaus in ihm beharrliche Zuwendung zum innergöttlichen Leben Parabrahma's, der Über-Gottheit, Fuß gefasst. Damit zog auch Demut in sein Herz ein. Es war früh am Morgen. Die Morgendämmerung brach gerade an. Paramahansa Babaji hatte die körperliche Reinigung beendet. Er setzte sich auf die tulasiumwachsene Plattform und sang den heiligen Namen, die jeweilige Zahl mit Hilfe des Perlenkranzes festhaltend. Unaufhörlich rannen Tränen über sein Gesicht. Prema hatte ihn erfasst, dieweil er sich der Lila der Unterbrechung der Laubenspiele erinnerte. Allmählich schwand das Bewusstsein seines Körpers dahin, und er diente der Gottheit der jeweiligen Lila entsprechend. Er lebte ja ganz in der vollendeten Erkenntnis seines eigenen Urwesens. Der Sannyasi Thakur war ganz verzaubert. Er setzte sich neben seinen Meister und sah alle dessen Sattvika-Bhava-s, das sind die nach außen...
Das Licht. Psychedelische Lehrstücke für die Gegenwart
Geschichte der Gegenwart, 2019
T.C. Boyles LSD-Roman „Das Licht“ sagt mehr über unsere Gegenwart als über die 1960er-Jahre, in denen er spielt. Boyle entwirft ein scharf gestelltes Bild neurochemischer Optimierungstechniken, marktförmiger Leistungssteigerung, kommerzialisierter Selbst- und Sinnsuche und von Kreativität als gesellschaftlicher Ressource.
Das Werden des Lebendigen - Kaasch, Joachim; Kaasch, Michael (Hg.)
Verhandlungen zur Geschichte und Theorie der Biologie 16, 2010
Das Thema der Jahrestagung 2009 der Deutschen Gesellschaft für Geschichte und Theorie der Biologie lautete „Das Werden des Lebendigen“ – eine sehr weit gefasste Einladung zum Nachdenken über Biologiegeschichte. Es war ein „Darwin-Jahr“, konnte man doch den 200. Geburtstag von Charles Robert Darwin (1809 – 1882), des Vaters der Evolutionstheorie, begehen und den 150. Jahrestag der Erstveröffentlichung seines epochalen Hauptwerkes On the Origin of Species feiern. Doch zwei weitere bedeutende Jubiläen standen 2009 an: der 200. Jahrestag der Publikation der Philosophie zoologique (Paris 1809) von Jean-Baptiste de Lamarck (1744 – 1829) und der 250. Jahrestag des Erscheinens der Dissertation von Caspar Friedrich Wolff (1734 – 1794) Theoria generationis (Halle/Saale 1759), mit der Wolff zum Mitbegründer der Embryologie und Entwicklungsgeschichte wurde. Mit den Gedenktagen zu Darwin, Lamarck und Wolff und den daraus ableitbaren biologiehistorischen Implikationen ist auch gut das Koordinatensystem für das Thema „Das Werden des Lebendigen“ umrissen. Neben Texten zur erstmaligen Vergabe der Caspar-Friedrich-Wolff-Medaille an eine Nachwuchswissenschaftlerin und dem öffentlichen Vortrag zu den Sternstunden der Verhaltensevolution von dem bekannten Ethologen Irenäus Eibl-Eibesfeldt enthält der Band Beiträge über den „verkannten“ Lamarck, den jungen Darwin als Ornithologen, das Forschungsprogramm und den schwierigen Lebensweg des russisch-sowjetischen Biologen und Mitbegründers der Synthetischen Theorie der Evolution Nikolaj Vladimirovich Timoféeff-Ressovsky (1900 – 1981) sowie den Einfluss des Nobelpreisträgers Max Delbrück (1906 – 1981) auf die Genetik in der DDR. Außerdem wird berichtet über die Geschichte der Epigenetik, über einen Gegenentwurf zum Darwinismus des Jenenser Professors für Mathematik und Physik Karl Snell (1806 – 1886), über evolutionstheoretische Alternativen zum Sozialdarwinismus, die Verortung von biologistischen Weltanschauungen sowie die sich in den Pflanzendarstellungen spiegelnden Grundüberzeugungen der Morphologen Wilhelm Troll (1897 – 1978) und Theo Eckardt (1910 – 1977).
Anima und Schatten im Roten Buch
Analytische Psychologie, 2012
Im vorliegenden Beitrag wird dem Prozess nachgegangen, den Jung im Roten Buch beschrieb, nachdem er sich aus der psychoanalytischen Gemeinschaft zurückgezogen hatte. Zentrales Thema darin war das Suchen und Wiederfinden seiner Seele. Besonderes Gewicht in diesem Prozess wird der Schatten- und der Animaintegration in der Auseinandersetzung mit dem Mutterarchetyp zugemessen. Auch wird die Frage nach der Bedeutung von Verlust und Trauer in diesem Transformationsversuch gestellt.
Die radikale Gesellschaftskritik Theodor W. Adornos und Max Horkheimers bedient sich immer wieder explizit theologischer und metaphysischer Topoi – selbst dort, wo sie Religion kritisiert. Einerseits arbeiten die Vertreter der Kritischen Theorie die ideologische Funktion von Religion in einer Gesellschaft heraus, deren menschengemachte Zwänge als metaphysisch gegebene, unhintergehbare Tatsachen erscheinen. Um diesen Schein zu durchbrechen, soll aber andererseits am Wahrheitsgehalt der theologischen Versprechen festgehalten werden. Diese Dialektik von Kritik und Rettung wird bei Horkheimer und Adorno bis zum Widerspruch entfaltet, der die Kritische Theorie als negativistische bestimmt. Als solche muss sie jedes verbindliche Bild des ‚Anderen‘ verwerfen und doch fordern, seine unbedingte Möglichkeit der vermeintlich ausweglosen Immanenz des Faktischen entgegenzuhalten. Das „Licht“ der Erlösung scheint nach Adorno nur aus der Immanenz: „auf den Menschen und Dingen“, in „Rissen und Schründen“ des sich ideologisch verabsolutierenden gesellschaftlichen Ganzen. Als profanierte Denk- und Deutungsfiguren werden theologische Bestände dabei philosophisch, sozialtheoretisch und ästhetisch eingeholt. Dem Stellenwert dieser rettenden Religionskritik zwischen Metaphorik und Metaphysik sind die Einzelstudien des vorliegenden Bandes gewidmet. Die Publikation dokumentiert Diskussionsbeiträge des Forschungsprojekts „Kritische Theorie und Religion“, das 2015/16 als Kooperation des Instituts für Sozialforschung und der Martin-Buber-Professur für Jüdische Religionsphilosophie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main durchgeführt wurde. Die Autorinnen und Autoren gehen darin insbesondere religiösen Themen und metaphysischen Thesen Adornos nach, die von dessen Apologet*innen meist stillschweigend übergangen, von den Kritiker*innen hingegen zur Sackgasse seiner kritischen Gesellschaftstheorie erklärt werden. Dabei wird immer wieder deutlich, dass das metaphysisch-theologische Vokabular der Kritischen Theorie gerade auf das scheinbare Gegenteil der Theologie – den Materialismus – verweist und umgekehrt. Mit Beiträgen von Nico Bobka, Dirk Braunstein, Mariska Dekker, Julia Jopp, Verena Katz, Alexander Kern, Felix Lang, Alexander Lingk, Ansgar Martins, Lisa Neher, Anna-Verena Nosthoff, Teresa Roelcke, Tobias Schottdorf, Eraldo Souza dos Santos, Laura Soréna Tittel, Leonie Wellmann, Keisuke Yoshida und Robert Ziegelmann. https://www.neofelis-verlag.de/philosophie/der-schein-des-lichts-der-ins-gefaengnis-selber-faellt/