Martina Pesditschek - Academia.edu (original) (raw)
Papers by Martina Pesditschek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.
Anfang stellte sich die Situation für junge Wissenschaftler, die nach einer Professur strebten, n... more Anfang stellte sich die Situation für junge Wissenschaftler, die nach einer Professur strebten, nicht einfach dar. Ein anderer junger Althistoriker und Mitbewerber um eine althistorische Professur im deutschen Sprachraum, der schon früher erwähnte Friedrich Bilabel, beschrieb in einem Brief an seinen Konkurrenten Fritz Schachermeyr seine persönliche und zugleich auch die allgemeine damalige Lage, wie sie Schachermeyr seinerseits kaum anders empfinden konnte, folgendermaßen: "Daß ich in Berufungssachen einige Enttäuschungen erlebte, wissen Sie ja. Am überraschendsten war mir Graz, da das Gutachten von Prof. Oertel, das ich gelesen habe, außerordentlich günstig war u[nd] eine Reihe von Fakultätsmitgliedern mich zugern [sic] deswegen an erste Stelle setzen wollten [sic]. Wenn ich hier die Gründe meines Nichtberufenwerdens erführe, so wäre ich sehr dankbar. [Es] wird wohl, wie immer, irgend jemand gegen mich intrigiert haben. Aber ich ahne nicht, wer. Vielleicht erfahren Sie etwas von Lehmann-Haupt? Der wird ja nun wohl auch bald pensionsreif werden[,] und dann hoffe ich sehr, daß Sie sein Nachfolger werden. Tübingen ist auch nicht besetzt. Daß man W. Weber 997 zurückberufen hat, haben Sie wohl gelesen. Da er unglaubliche Gehaltsforderungen gestellt hat, so hat ihn die Regierung fallen laßen [sic] d. h. er (!) hat abgelehnt? Er war unico loco vorgeschlagen. Von weiteren Vorschlägen habe ich noch nichts gehört, aber daß man nur einen, der schon Ordinarius ist, haben will, ist mir von einem Fakultätsmitglied 997 180 versichert worden. T. 998 kann uns Jüngeren also höchstens indirekt nützen. Judeich 999 , der längst überfällig ist, hat man gebeten, noch weiterzulesen. Von Wien habe ich keine zuverlässigen Nachrichten. So sind in Deutschland also die Aussichten nicht gerade vielversprechend. Besonders interessant ist der Endkampf um Berlin, da Wilcken 1000 im Laufe dieses Jahres ausscheidet u[nd] gerne sehr, wie er mir sagt[,] ‚um endlich arbeiten zu können'." 1001 Für Schachermeyr sollte die Situation des Wartens auf eine Professur allerdings schon bald ein Ende haben -Anfang 1931 erging an ihn ein Ruf nach Jena auf den Lehrstuhl des soeben genannten Walther Judeich, und dies, obwohl er im Jenenser Ternavorschlag nur an dritter Stelle genannt worden war 1002 . An erste Stelle waren die 998 Gemeint ist zweifellos das eben erwähnte Tübingen, wo dann seit 1932 tatsächlich vielmehr Woldemar Graf Uxkull-Gyllenband (1898-1939; auch Üxküll geschrieben, so zuletzt bei K. lehrte, der zuvor noch nicht Ordinarius gewesen und selbst einer von "uns Jüngeren" war; und da es deshalb keinen Wechsel eines schon andernorts etablierten Lehrstuhlinhabers nach Tübingen gab, konnten Bilabel und seinesgleichen auch nicht, wie von diesem erhofft, von einer so herbeigeführten Vakanz an einer anderen Universität profitieren. . Daß die Kandidaten von der Fakultät für ein Ordinariat gelistet wurden, geht auch aus dem Glückwunschschreiben Judeichs an Schachermeyr hervor (A I, W. Judeich an Schachermeyr, Brief vom 21.2.1931). 1007 "Nach dem neuen Statut [von 1924] gehörten alle ordentlichen und alle diejenigen beamteten außerordentlichen Professoren, die alleinige Vertreter eines selbständigen Faches waren, zur Engeren Fakultät. Diese wurde durch geheime Wahl der Weiteren Fakultät aus dem Kreis derjenigen Mitglieder ergänzt, die nicht der Engeren Fakultät angehörten. Ihre Zahl sollte jedoch nicht mehr als ein Viertel der Inhaber ordentlicher Lehrstellen betragen, und diese Mitglieder des Lehrkörpers durften an Verhandlungen und Beschlußfassungen über ihre eigene Person nicht teilnehmen […]. Die Weitere Fakultät bestand aus allen ordentlichen Professoren, den außerordentlichen Professoren und den Privatdozenten. […] ‚Der Große Senat setzt sich aus sämtlichen Mitgliedern der engeren [sic] Fakultäten zusammen', denen […] jetzt auch Nichtordinarien angehörten, teils in ihrer Eigenschaft als alleinige Vertreter eines selbständigen Faches, teils als gewählte Vertreter der sonst außerhalb der Fakultät Professor in Jena (1931-1936) 182 ehesten Schachermeyr den Ruf annehmen würde, denn jeder Ruf an eine Universität war für die von ihm ohne Zweifel angestrebte wissenschaftliche Karriere besser als weiterer Gymnasialunterricht. So machte denn also Schachermeyr das Rennen, wofür folgende Begründung gegeben wurde: "Allgemeine Aufmerksamkeit hat Schachermeyr mit seinem im Jahr 1929 veröffentlichten großen Buch 'Etruskische Frühgeschichte' 1008 erregt. Zwar der Nachweis, der das Ziel des Buches bildet, wird bestritten, der Nachweis nämlich, daß die Herkunft der Etrusker im nordwestlichen Kleinasien zu suchen sei. Aber die umfassende Kenntnis, die Vorlegung des Materials, die großen Gesichtspunkte und die mit historischem Takt getroffenen Fragestellungen, endlich die Vorzüge der Darstellung, die besonders in der Beschreibung der archäologischen Denkmäler hervortreten, haben volle Anerkennung, teilweise geradezu Bewunderung gefunden. Schachermeyr hat sich mit diesem Buch, das einen viel umfassenderen Inhalt hat[,] als der Titel verrät[,] und auf Grund genauer Kenntnis und großzügiger Betrachtung der Frühgeschichte der ganzen östlichen Mittelmeerwelt geschrieben ist, als Historiker von Rang ausgewiesen." 1009 Bereits im Sommer 1930 hatte der Archäologe Camillo Praschniker (1884-1949) 1010 , der nur das Sommersemester 1930 in Jena lehrte und danach nach Wien wechselte, Schachermeyr mitgeteilt, daß sein Name "unter einer großen Zahl sozusagen zur engeren Wahl stehenden Lehrkräfte. Hinsichtlich der Mitgliedschaft zum Kleinen Senat wurde präzisiert, daß von den sieben Wahlsenatoren fünf aus dem Kreis der ordentlichen Professoren, und zwar je einer aus jeder Fakultät stammen mußten" (R. Ludloff 1958, 561); vgl. dazu M. Schmeiser 1994, 62, der allerdings nur über die preußischen Verhältnisse berichtet. 183 gestellt wurde" 1011 . Am 19. Dezember 1930 holte das Thüringische Volksbildungsministerium, im besonderen Oberregierungsrat Friedrich Stier (1886-1966) 1012 , der zusätzlich an der Jenenser Universität las, im Österreichischen Bundesministerium für Unterricht Auskünfte über Schachermeyr ein, wobei man sich auch über dessen Persönlichkeit sowie politische Aktivitäten informierte 1013 . Das Ministerium in Wien gab diese Fragen nach Tirol weiter, und dort hieß es, Schachermeyr sei, "soweit dem Landesschulrate bekannt, politisch nie hervorgetreten" 1014 . Bezüglich seiner Besoldung wird angegeben, daß Schachermeyr samt diversen Zulagen und Überstundenvergütung auf ein monatliches Nettoeinkommen von ATS 517,60 komme 1015 . Auch der Dekan der Philosophischen Fakultät der Universität Innsbruck, Ernst Philippi (1888 1016 , der 1945 entlassen wurde, weiß von keiner politischen Betätigung Schachermeyrs, er sei ihm "persönlich als sehr sympathischer jüngerer Kollege bekannt, der meines Wissens auch bei den anderen Kollegen beliebt ist" 1017 . Schachermeyr selbst bezeichnete sich später als bis zu diesem Zeitpunkt "vollkommen unpolitisch". Weiters führte er erklärend und völlig glaubhaft aus: "An eine studentische Korporation habe ich mich während meiner Universitätsjahre nicht angeschlossen. In den nachfolgenden zehn Jahren, welche ich 1011
In einer eher für ein breites Publikum bestimmten Darstellung des zeitgenössischen Standes der Ge... more In einer eher für ein breites Publikum bestimmten Darstellung des zeitgenössischen Standes der Geisteswissenschaften in Österreich aus dem Jahr 1965 ist zu lesen: "Der international anerkannteste und befruchtendste Zweig der österreichischen Geschichtswissenschaften ist zweifellos die alte [sic] Geschichte, und zwar ihre griechische Abteilung, die in Fritz Schachermeyr einen Gelehrten von europäischem Rang aufweist." 3784 Es gab und gibt Mitforscher von anderen Kontinenten wie den Harvard-Professor Ernst Badian, die Schachermeyr an dieser Stelle wohl sogar als einen Gelehrten von Weltrang apostrophiert hätten, andererseits dürfte heute der größere Teil der anderen Altertumsforscher im Westen und Norden von Salzburg in Schachermeyr bloß eine eher kuriose Lokalgröße von durchaus geringerer wissenschaftlicher Bedeutung als etwa jener sehen, die dem politisch kaum weniger diskreditierten Helmut Berve zuzuerkennen ist 3785 . Sieht man von seinem kurzfristigen akademischen Lehrer Eduard Meyer ab, dürfte Fritz Schachermeyr jedenfalls der vielseitigste Altertumsforscher unter den nominellen Althistorikern gewesen sein. Er äußerte sich als Fachmann nicht nur zur Altgriechischen Geschichte, sondern auch über Themen aus den Bereichen der Ur-und Frühgeschichte, Klassischen Archäologie, Altorientalistik und Etruskologie. Daneben publizierte er mit wissenschaftlichem Anspruch auch noch über Fragen der Sprach-und Religionsgeschichte, der Rassenlehre und der Geschichtsphilosophie. Sehr spärlich sind in seinem publizierten Werk allerdings die Epigraphik und die Römische 3783
gilt weithin als bisher bedeutendster Althistoriker Österreichs. Es lassen sich auf ihn aber auch... more gilt weithin als bisher bedeutendster Althistoriker Österreichs. Es lassen sich auf ihn aber auch noch zahlreiche andere Superlative oder doch zumindest Elative anwenden: er war vielleicht der vielseitigste unter allen AItertumswissenschaftlern überhaupt, äußerte er sich doch mit wissenschaftlichem Anspruch nicht nur zu Fragen der Alten Geschichte, sondern auch zu Themen aus den Bereichen der Klassischen Archäologie, der Altorientalistik (speziell der Hethitologie), der Etruskologie, der Mykenologie, der Sprachwissenschaft, der Geschichtsphilosophie und der Rassenkunde. Er war einer der profiliertesten Nationalsozialisten unter den Historikern, und hat von ihnen allen am konsequentesten die Thesen der nationalsozialistischen Rassenlehre für Fragen der Geschichtswissenschaft nutzbar zu machen versucht. Schließlich war Fritz Schachermeyr einer der prominentesten und höchstdekorierten Wissenschaftler der Zweiten Republik überhaupt. 1
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übe... more Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdruckes, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf fotomechanischem oder ähnlichem Wege, der Wiedergabe im Internet und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten.
Reviews by Martina Pesditschek
IFB, 2023
fuer-bibliotheken.de/showfile.php?id=8476 2 Über die wissenschaftshistorische Tätigkeit von Karl ... more fuer-bibliotheken.de/showfile.php?id=8476 2 Über die wissenschaftshistorische Tätigkeit von Karl Christ informiert dankenswerterweise eine umfängliche Fußnote im Vorwort der Herausgeber (S. X, Anm. 4; vgl. auch S. XI Anm. 5 für weitere von Christ angeregte wissenschaftsgeschichtliche Arbeiten).
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.
Anfang stellte sich die Situation für junge Wissenschaftler, die nach einer Professur strebten, n... more Anfang stellte sich die Situation für junge Wissenschaftler, die nach einer Professur strebten, nicht einfach dar. Ein anderer junger Althistoriker und Mitbewerber um eine althistorische Professur im deutschen Sprachraum, der schon früher erwähnte Friedrich Bilabel, beschrieb in einem Brief an seinen Konkurrenten Fritz Schachermeyr seine persönliche und zugleich auch die allgemeine damalige Lage, wie sie Schachermeyr seinerseits kaum anders empfinden konnte, folgendermaßen: "Daß ich in Berufungssachen einige Enttäuschungen erlebte, wissen Sie ja. Am überraschendsten war mir Graz, da das Gutachten von Prof. Oertel, das ich gelesen habe, außerordentlich günstig war u[nd] eine Reihe von Fakultätsmitgliedern mich zugern [sic] deswegen an erste Stelle setzen wollten [sic]. Wenn ich hier die Gründe meines Nichtberufenwerdens erführe, so wäre ich sehr dankbar. [Es] wird wohl, wie immer, irgend jemand gegen mich intrigiert haben. Aber ich ahne nicht, wer. Vielleicht erfahren Sie etwas von Lehmann-Haupt? Der wird ja nun wohl auch bald pensionsreif werden[,] und dann hoffe ich sehr, daß Sie sein Nachfolger werden. Tübingen ist auch nicht besetzt. Daß man W. Weber 997 zurückberufen hat, haben Sie wohl gelesen. Da er unglaubliche Gehaltsforderungen gestellt hat, so hat ihn die Regierung fallen laßen [sic] d. h. er (!) hat abgelehnt? Er war unico loco vorgeschlagen. Von weiteren Vorschlägen habe ich noch nichts gehört, aber daß man nur einen, der schon Ordinarius ist, haben will, ist mir von einem Fakultätsmitglied 997 180 versichert worden. T. 998 kann uns Jüngeren also höchstens indirekt nützen. Judeich 999 , der längst überfällig ist, hat man gebeten, noch weiterzulesen. Von Wien habe ich keine zuverlässigen Nachrichten. So sind in Deutschland also die Aussichten nicht gerade vielversprechend. Besonders interessant ist der Endkampf um Berlin, da Wilcken 1000 im Laufe dieses Jahres ausscheidet u[nd] gerne sehr, wie er mir sagt[,] ‚um endlich arbeiten zu können'." 1001 Für Schachermeyr sollte die Situation des Wartens auf eine Professur allerdings schon bald ein Ende haben -Anfang 1931 erging an ihn ein Ruf nach Jena auf den Lehrstuhl des soeben genannten Walther Judeich, und dies, obwohl er im Jenenser Ternavorschlag nur an dritter Stelle genannt worden war 1002 . An erste Stelle waren die 998 Gemeint ist zweifellos das eben erwähnte Tübingen, wo dann seit 1932 tatsächlich vielmehr Woldemar Graf Uxkull-Gyllenband (1898-1939; auch Üxküll geschrieben, so zuletzt bei K. lehrte, der zuvor noch nicht Ordinarius gewesen und selbst einer von "uns Jüngeren" war; und da es deshalb keinen Wechsel eines schon andernorts etablierten Lehrstuhlinhabers nach Tübingen gab, konnten Bilabel und seinesgleichen auch nicht, wie von diesem erhofft, von einer so herbeigeführten Vakanz an einer anderen Universität profitieren. . Daß die Kandidaten von der Fakultät für ein Ordinariat gelistet wurden, geht auch aus dem Glückwunschschreiben Judeichs an Schachermeyr hervor (A I, W. Judeich an Schachermeyr, Brief vom 21.2.1931). 1007 "Nach dem neuen Statut [von 1924] gehörten alle ordentlichen und alle diejenigen beamteten außerordentlichen Professoren, die alleinige Vertreter eines selbständigen Faches waren, zur Engeren Fakultät. Diese wurde durch geheime Wahl der Weiteren Fakultät aus dem Kreis derjenigen Mitglieder ergänzt, die nicht der Engeren Fakultät angehörten. Ihre Zahl sollte jedoch nicht mehr als ein Viertel der Inhaber ordentlicher Lehrstellen betragen, und diese Mitglieder des Lehrkörpers durften an Verhandlungen und Beschlußfassungen über ihre eigene Person nicht teilnehmen […]. Die Weitere Fakultät bestand aus allen ordentlichen Professoren, den außerordentlichen Professoren und den Privatdozenten. […] ‚Der Große Senat setzt sich aus sämtlichen Mitgliedern der engeren [sic] Fakultäten zusammen', denen […] jetzt auch Nichtordinarien angehörten, teils in ihrer Eigenschaft als alleinige Vertreter eines selbständigen Faches, teils als gewählte Vertreter der sonst außerhalb der Fakultät Professor in Jena (1931-1936) 182 ehesten Schachermeyr den Ruf annehmen würde, denn jeder Ruf an eine Universität war für die von ihm ohne Zweifel angestrebte wissenschaftliche Karriere besser als weiterer Gymnasialunterricht. So machte denn also Schachermeyr das Rennen, wofür folgende Begründung gegeben wurde: "Allgemeine Aufmerksamkeit hat Schachermeyr mit seinem im Jahr 1929 veröffentlichten großen Buch 'Etruskische Frühgeschichte' 1008 erregt. Zwar der Nachweis, der das Ziel des Buches bildet, wird bestritten, der Nachweis nämlich, daß die Herkunft der Etrusker im nordwestlichen Kleinasien zu suchen sei. Aber die umfassende Kenntnis, die Vorlegung des Materials, die großen Gesichtspunkte und die mit historischem Takt getroffenen Fragestellungen, endlich die Vorzüge der Darstellung, die besonders in der Beschreibung der archäologischen Denkmäler hervortreten, haben volle Anerkennung, teilweise geradezu Bewunderung gefunden. Schachermeyr hat sich mit diesem Buch, das einen viel umfassenderen Inhalt hat[,] als der Titel verrät[,] und auf Grund genauer Kenntnis und großzügiger Betrachtung der Frühgeschichte der ganzen östlichen Mittelmeerwelt geschrieben ist, als Historiker von Rang ausgewiesen." 1009 Bereits im Sommer 1930 hatte der Archäologe Camillo Praschniker (1884-1949) 1010 , der nur das Sommersemester 1930 in Jena lehrte und danach nach Wien wechselte, Schachermeyr mitgeteilt, daß sein Name "unter einer großen Zahl sozusagen zur engeren Wahl stehenden Lehrkräfte. Hinsichtlich der Mitgliedschaft zum Kleinen Senat wurde präzisiert, daß von den sieben Wahlsenatoren fünf aus dem Kreis der ordentlichen Professoren, und zwar je einer aus jeder Fakultät stammen mußten" (R. Ludloff 1958, 561); vgl. dazu M. Schmeiser 1994, 62, der allerdings nur über die preußischen Verhältnisse berichtet. 183 gestellt wurde" 1011 . Am 19. Dezember 1930 holte das Thüringische Volksbildungsministerium, im besonderen Oberregierungsrat Friedrich Stier (1886-1966) 1012 , der zusätzlich an der Jenenser Universität las, im Österreichischen Bundesministerium für Unterricht Auskünfte über Schachermeyr ein, wobei man sich auch über dessen Persönlichkeit sowie politische Aktivitäten informierte 1013 . Das Ministerium in Wien gab diese Fragen nach Tirol weiter, und dort hieß es, Schachermeyr sei, "soweit dem Landesschulrate bekannt, politisch nie hervorgetreten" 1014 . Bezüglich seiner Besoldung wird angegeben, daß Schachermeyr samt diversen Zulagen und Überstundenvergütung auf ein monatliches Nettoeinkommen von ATS 517,60 komme 1015 . Auch der Dekan der Philosophischen Fakultät der Universität Innsbruck, Ernst Philippi (1888 1016 , der 1945 entlassen wurde, weiß von keiner politischen Betätigung Schachermeyrs, er sei ihm "persönlich als sehr sympathischer jüngerer Kollege bekannt, der meines Wissens auch bei den anderen Kollegen beliebt ist" 1017 . Schachermeyr selbst bezeichnete sich später als bis zu diesem Zeitpunkt "vollkommen unpolitisch". Weiters führte er erklärend und völlig glaubhaft aus: "An eine studentische Korporation habe ich mich während meiner Universitätsjahre nicht angeschlossen. In den nachfolgenden zehn Jahren, welche ich 1011
In einer eher für ein breites Publikum bestimmten Darstellung des zeitgenössischen Standes der Ge... more In einer eher für ein breites Publikum bestimmten Darstellung des zeitgenössischen Standes der Geisteswissenschaften in Österreich aus dem Jahr 1965 ist zu lesen: "Der international anerkannteste und befruchtendste Zweig der österreichischen Geschichtswissenschaften ist zweifellos die alte [sic] Geschichte, und zwar ihre griechische Abteilung, die in Fritz Schachermeyr einen Gelehrten von europäischem Rang aufweist." 3784 Es gab und gibt Mitforscher von anderen Kontinenten wie den Harvard-Professor Ernst Badian, die Schachermeyr an dieser Stelle wohl sogar als einen Gelehrten von Weltrang apostrophiert hätten, andererseits dürfte heute der größere Teil der anderen Altertumsforscher im Westen und Norden von Salzburg in Schachermeyr bloß eine eher kuriose Lokalgröße von durchaus geringerer wissenschaftlicher Bedeutung als etwa jener sehen, die dem politisch kaum weniger diskreditierten Helmut Berve zuzuerkennen ist 3785 . Sieht man von seinem kurzfristigen akademischen Lehrer Eduard Meyer ab, dürfte Fritz Schachermeyr jedenfalls der vielseitigste Altertumsforscher unter den nominellen Althistorikern gewesen sein. Er äußerte sich als Fachmann nicht nur zur Altgriechischen Geschichte, sondern auch über Themen aus den Bereichen der Ur-und Frühgeschichte, Klassischen Archäologie, Altorientalistik und Etruskologie. Daneben publizierte er mit wissenschaftlichem Anspruch auch noch über Fragen der Sprach-und Religionsgeschichte, der Rassenlehre und der Geschichtsphilosophie. Sehr spärlich sind in seinem publizierten Werk allerdings die Epigraphik und die Römische 3783
gilt weithin als bisher bedeutendster Althistoriker Österreichs. Es lassen sich auf ihn aber auch... more gilt weithin als bisher bedeutendster Althistoriker Österreichs. Es lassen sich auf ihn aber auch noch zahlreiche andere Superlative oder doch zumindest Elative anwenden: er war vielleicht der vielseitigste unter allen AItertumswissenschaftlern überhaupt, äußerte er sich doch mit wissenschaftlichem Anspruch nicht nur zu Fragen der Alten Geschichte, sondern auch zu Themen aus den Bereichen der Klassischen Archäologie, der Altorientalistik (speziell der Hethitologie), der Etruskologie, der Mykenologie, der Sprachwissenschaft, der Geschichtsphilosophie und der Rassenkunde. Er war einer der profiliertesten Nationalsozialisten unter den Historikern, und hat von ihnen allen am konsequentesten die Thesen der nationalsozialistischen Rassenlehre für Fragen der Geschichtswissenschaft nutzbar zu machen versucht. Schließlich war Fritz Schachermeyr einer der prominentesten und höchstdekorierten Wissenschaftler der Zweiten Republik überhaupt. 1
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übe... more Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdruckes, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf fotomechanischem oder ähnlichem Wege, der Wiedergabe im Internet und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten.
IFB, 2023
fuer-bibliotheken.de/showfile.php?id=8476 2 Über die wissenschaftshistorische Tätigkeit von Karl ... more fuer-bibliotheken.de/showfile.php?id=8476 2 Über die wissenschaftshistorische Tätigkeit von Karl Christ informiert dankenswerterweise eine umfängliche Fußnote im Vorwort der Herausgeber (S. X, Anm. 4; vgl. auch S. XI Anm. 5 für weitere von Christ angeregte wissenschaftsgeschichtliche Arbeiten).
IFB, 2023
Queer archaeology : Winckelmann and his passionate followers-queer archaeology, egyptology and th... more Queer archaeology : Winckelmann and his passionate followers-queer archaeology, egyptology and the history of arts since 1750 / hrsg. und mit einer Einl. von Wolfgang Cortjaens ;
IFB, 2022
The new late antiquity : a gallery of intellectual portraits / ed.
IFB, 2022
Im zweisprachigen Vorwort der Herausgebenden / Foreword from the Editors (S. 1-10) wird der Raub ... more Im zweisprachigen Vorwort der Herausgebenden / Foreword from the Editors (S. 1-10) wird der Raub von Kulturgütern als Zerstörung des "materiellen Kulturerbes" und der "kulturellen Identität und Erinnerungskultur" klassifiziert, der besonders in den im Titel genannten Ländern durch Kriegshandlungen bzw. Revolutionen zum Problem geworden und dessen Ausmaß "bisher bestenfalls Experten bekannt" sei. Hier werden nun "prägnante Fallbeispiele für ein breiteres Publikum dokumentiert" (S. 1), wobei "die Betroffenen vor Ort selbst zu Wort kommen" (S. 2-3) sollten. Betont wird, daß das "Phänomen von Kulturraub, Museumsdiebstahl und illegalen Ausgrabungen bei Weitem nicht auf Länder in Konfliktsituationen beschränkt ist" (S. 2). Die Vervollständigung einer Datenbank von vermißten Objekten sei auch insofern schwierig, als "die absolute Mehrheit der geraubten Kulturgüter aus illegalen Ausgrabungen stammt und damit nicht fotografisch dokumentierbar ist" (S. 4), wodurch zuallermeist auch der wissenschaftlich so wichtige Befund unwiederbringlich zerstört sei. Es folgt eine ebenfalls zweisprachige Übersicht der Beiträge / Abstracts (S. 10-25) mit dem Hinweis, daß "der Aufbau" der Abschnitte "für jedes der fünf Länder identisch ist" (S. 10): zunächst wird "die aktuelle Situation und Konfliktlage" skizziert, die den die Nachrichten in den letzten Jahren verfolgt habenden Lesern wohlbekannt sein wird, dann wird eine Karte zur Orientierung geboten (
IFB, 2021
Wie aus dem Vorwort der Herausgeber (S. VII-VIII) hervorgeht, handelt es sich bei diesem Sammelba... more Wie aus dem Vorwort der Herausgeber (S. VII-VIII) hervorgeht, handelt es sich bei diesem Sammelband 1 um die Ergebnisse eines von der Zentrale des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) am 10. November 2017 veranstalteten Workshops im Wiegandhaus. Anlaß war die 25. Jährung der zum Jahreswechsel 1991/1992 als Folge der deutschen Einigung erfolgten Auflösung des seinerzeitigen Zentralinstituts für Alte Geschichte und Archäologie (ZIAGA) der Akademie der Wissenschaften der DDR. An dieser "Abwicklung" war das DAI alles andere als unbeteiligt; nicht nur übernahm es in deren Gefolge eine Reihe von fachlich einschlägigen Mitarbeitern des ZIAGA, es hat von ihr zusätzlich auch noch in anderer, (infra)struktureller Hinsicht profitiert; die Herausgeber nennen als "die sichtbarsten Auswirkungen des Übergangs von Teilen des Akademieinstituts an das DAI […] die Gründung der Eurasien-Abteilung und des Referats für Naturwissenschaften an der Wissenschaftlichen Abteilung der Zentrale" des DAI 2 (S. VIII).
IFB, 2021
1 Dies ist die im deutschen Sprachraum seit langem übliche Wiedergabe des russischen Namens, an d... more 1 Dies ist die im deutschen Sprachraum seit langem übliche Wiedergabe des russischen Namens, an der auch die Autorin des vorliegenden Bandes vernünftigerweise festhält; gemäß den heute zumindest für den deutschen Sprachraum gültigen Regeln wissenschaftlicher Umschrift wäre die korrekte Transliteration Rostovcev (vgl. in vorliegendem Band S. 26-27). 2 Vgl. etwa Felix Solmsen "grammatikotatos kai philologikotatos" / Martin Peters. // In: Vina diem celebrent : studies in linguistics and philology in honor of
IFB, 2021
AUFSATZSAMMLUNG 21-1 Der Nachlass Paul de Lagarde : orientalistische Netzwerke und antisemitische... more AUFSATZSAMMLUNG 21-1 Der Nachlass Paul de Lagarde : orientalistische Netzwerke und antisemitische Verflechtungen / hrsg. von Heike Behlmer, Thomas L. Gertzen und Orell Witthuhn. -Berlin [u.a.] : De Gruyter, 2020. -VIII, 228 S. : Ill. ; 23 cm. -(Europäisch-jüdische Studien : Beiträge ; 46). -ISBN 978-3-11-061247-9 : EUR 79.95 [#7103]