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Books by Wolf Wucherpfennig

Research paper thumbnail of Kritische Ästhetik der Fremdheit. Abschließende Essays. Würzburg: Königshausen & Neumann. ISBN 978-3-8260-7477-6

D ie Altersreflexionen des deutsch-dänischen Literaturwissenschaftlers zeichnen die existentielle... more D ie Altersreflexionen des deutsch-dänischen Literaturwissenschaftlers zeichnen die existentielle Fremdheitserfahrung nach, von der große Kunst ausgeht, die sie aber auch bewältigt. In Strukturanalogie zu gnostischem Denken setzt die Kunst das Leiden an der Wirklichkeit und die Sehnsucht nach einer transzendenten Ganzheit voraus und lässt letztere zugleich erahnen. Hierin liegt sowohl ihre versöhnende Kraft als auch ihr kritisches Potential, auch und gerade in einer Zeit zivilisatorischen Niedergangs, in welcher Kultur und Bildung nichts mehr gelten. Der Zusammenhang von Kunst und Fremdheitserfahrung wird exemplarisch gezeigt an Thomas Wolfes Look Homeward, Angel! und an L'Étranger von Albert Camus, die Kraft dieses Denkens wird, der französischen Moralistik und Adornos Minima moralia nachfolgend, in kritischen Überlegungen erprobt, die aphoristisch und essayistisch Erscheinungen der Politik, der Kunst, des Alltagslebens zum Anlass nehmen und dabei zugleich die Alterserfahrung existentieller Fremdheit reflektieren.

Research paper thumbnail of Drei Studien zum Bildungswesen

Research paper thumbnail of Bruchstücke. Gedanken in einer zerbrechenden Welt.

Privatdruck, 2021

Kutsche hindurchzufahren. Ein Beispiel nur dafür, wie die Kunst, in diesem Fall die Gartenkunst, ... more Kutsche hindurchzufahren. Ein Beispiel nur dafür, wie die Kunst, in diesem Fall die Gartenkunst, uns mit ihren Illusionen beschützt. Zunehmende Fremde. Je älter man wird, desto fremder fühlt man sich in der Welt, und desto mehr schätzt man Freundschaft, und desto schwerer ist sie zu gewinnen. Ewige Heimat. Der fliegende Holländer ist eigentlich ein Fährmann. Denn ob man nun auf den Ozeanen hin und her segelt, von einem Ort, wo man nicht sein will, zu einem anderen, wo man nicht sein darf, und umgekehrt, oder ob man auf einem Fluss, etwa der Mosel, dem Neckar, dem Main, oder einem Flüsschen, etwa dem Lethe, hin und her rudert, das ist im Grunde doch dasselbe. Denn sind wir nicht alle Fährleute, seit der Geburt auf der Überfahrt von dem einen Ufer zum andern? Eine schöne Fahrt, auf der man immer neuen Leuten begegnet, mit immer neuen Hoffnungen und Ideen. Oder sind es im Grunde immer wieder die alten? Möchte nicht jeder Hans im Glück sein, spielt den Hans Dampf oder den Hans Wurst und lässt sich vom Leben hänseln, bis die Stunde der Wahrheit schlägt? Geliebte Ferne. Wir lieben den Blick aus der Höhe auf die Meeresbucht, weil wir dabei erleben, wie die gefährliche Ferne sich freundlich nähert und sich uns gleichsam zu Füßen legt, wie sie zugleich aber lockt mit Abenteuern hinter den Wolken, die wie Berge am Horizont stehen. Schwarzwald. Was mich am Südschwarzwald so anzieht, ist der Übergang: die Harmonie der Linien, die gerade durch die beginnende Schroffheit betont wird, die Weite, die nicht, wie das Meer, bloß sie selber ist, übermächtig in ihrem So-Sein, sondern immer als Öffnung aus der Enge erlebt wird. Man könnte jeden Augenblick abfliegen, und so gehört das Gefühl, vom Berggipfel weit in das sich öffnende Tal hinabfliegen zu können, zu meinem Schwarzwälder Urgefühl. Fülle des Wohllauts…. wenn die Fülle des Wohllauts fast unerträglich schön ist, weil sie die Fülle der Schmerzen enthält. Der Kampf aller gegen alle. Wir treiben auf einen Zustand hin, in dem einerseits als einzige zulässige Moral das Vorteilstreben gilt, der finanzielle Erfolg, andererseits jede Kritik durch eine Pädagogik verhindert wird, welche die Menschen davon nis und das Bewusstsein, sie mit den anderen zu teilen, die nicht den Divertissements verfallen sind. Das Bewusstsein der Gemeinsamkeit in der Fremde, welches die Gnosis auf eine Erfahrung der Nichtfremdheit jenseits von Geburt und Tod zurückführt. Ist dieser jenseitige Ort das Nichts? Warum nicht? Aber noch eines: Gerade im "étre de trop" liegt unsere Würde. Fremd, ausgesetzt in der elenden Schöpfung des Demiurgen, jenes hochmütigen göttlichen Lehrlings, können wir unsere Würde bewahren in der Klage, von Schillers Nänie bis zu den unvergänglichen Versen Baudelaires: Ces malédictions, ces blasphèmes, ces plaintes, Ces extases, ces cris ces pleurs, ces Te Deum, Sont un écho redit par mille labyrinthes ; C'est pour les coeurs mortels un divin opium ! C'est un cri répété par mille sentinelles, Un ordre renvoyé par mille porte-voix ; C'est un phare allumé sur mille citadelles, Un appel de chasseurs perdus dans les grands bois ! Car c'est vraiment, Seigneur, le meilleur témoignage Que nous puissions donner de notre dignité Que cet ardent sanglot qui roule d'âge en âge Et vient mourir au bord de votre éternité ! Freundschaft. Anscheinend ist Montaigne der einzige, der Freundschaft losgelöst von einem weiteren Tugendsystem beschreibt. Seine Beschreibung, die schwärmerischromantisch anmuten kann, läuft darauf hinaus, wie mir scheint, dass sie das einzige zwischenmenschliche Verhältnis ist, das ambivalenzfrei sein kann, eben weil sie von nichts außer ihrer selbst beeinflusst ist: eine Ich-Verdoppelung. Ob das realistisch sein kann, ist die Frage. Vielleicht funktioniert sein Beispiel, die Freundschaft mit La Boétie, nur deswegen, weil der Freund gestorben war, so dass kein störender Konflikt mehr zu erwarten war. Vielleicht ist sie eher möglich bei Alten, bei denen Konkurrenz manchmal schwächer ist. Aber festzuhalten ist, dass solche Freundschaft, wie immer auch idealisiert, das einzige Gegenbild sein kann gegen die zwischenmenschlichen Verhältnisse, so wie sie heute idealisiert werden, Verhältnisse, die rein durch Dummheit, Egoismus und Konkurrenz bestimmt werden. Ein gesellschaftsfreies Gegenbild also, kein Vorbild für funktionierende innergesellschaftliche Bezüge, bei denen ja immer irgendwelche Kompromisse gemacht werden müssen. Eben die Freiheit von solchen Bezügen macht das Besondere von Montaignes Freundschafts-Vorstellung aus. Dennoch gibt es ein Vorbild, Schillers Ode an die Freude, die in Beethovens Vertonung sogar zur Europa-Hymne geworden

Research paper thumbnail of Das Narrenschiff. Überlegungen zur Ästhetik im Angesicht zivilisatorischen Niedergangs. Rangsdorf: Basilisken-Presse 2017, 58 S. ISBN 978-3-941365-61-2

Im ersten Teil des Essays wird der Niedergang der Zivilisation beschrieben anhand einer politisch... more Im ersten Teil des Essays wird der Niedergang der Zivilisation beschrieben anhand einer politisch-psychologischen Analyse der zunehmenden Rechtspopulismen vor dem Hintergrund des Computerkapitalismus und der Klimakatastrophe. Der kulturhistorische Befund legt die Grundlage für eine gnostisch inspirierte Darstellung der neuzeitliche Geschichte des Schönen als Verwandlung einer misslungenen Schöpfung , an die sich die moderne künstlerische Verfremdung anschließt, die als Protest gegen das Verschwinden des Menschen in seinen Produkten verstanden wird, als ein Protest, der Menschlichkeit gerade dadurch bewahrt, dass er die Zerstörbarkeit des Menschen zum Thema macht. Die ästhetischen Überlegungen, die mit einem Exkurs über den Geschmack enden, machen den zweiten Teil des Essays aus. Dieser Teil ist eine erweiterte Fassung meines früheren Essays "Kunst und Vandalismus im Zeichen der Moderne".

Research paper thumbnail of Nachgetragene Kommentare zu den "Zeitgemäßen Betrachtungen" (zuletzt Nov. 2015)

zu S. 7: Die Bemerkung über die Diskreditierung des Ästhetischen ist vielleicht doch etwas zu kry... more zu S. 7: Die Bemerkung über die Diskreditierung des Ästhetischen ist vielleicht doch etwas zu kryptisch. Ich wende mich gegen den Versuch, unter dem Titel aisthesis die Ästhetik zu entleeren, indem man sie um das Reklameschöne zu erweitert. Das Schöne ist zunächst einmal Verwandlung der Welt, und zwar Verwandlung des Schrecklichen derart, dass es erträglich wird, ja genossen werden kann. Darum rühmt der Dichter, wenn er das Schöne singt, so lehren es Rilkes Sonette an Orpheus, die Verwandlung als Wesen des Lebendigen. Die Frage, ob wir das Kunstwerk eher mit dem Intellekt oder mit den Sinnen erfassen, wenn wir es genuin rezipieren, geht an der Sache vorbei, denn entscheidend ist, dass wir das Schöne nur dann als Schönes erfassen, wenn wir das als ganzer Mensch tun, mit interesselosem Wohlgefallen, mag man sagen, das heißt als lebendiges Wesen, das, für diesmal wenigstens, nicht durch den Gedanken an irgendeinen Nutzen angegriffen ist. Das Argument, dass das Naturschöne durch den Rekurs auf die Perzeption allererst zu seinem Recht käme, überzeugt mich nicht, denn das Naturschöne ist schon immer materiell gestaltete Natur (etwa im Landschaftsgarten) oder motivgeschichtlich gestaltete Natur. Eine "unschuldige" Perzeption, unabhängig von künstlerischer Tradition, gibt es nicht.

Research paper thumbnail of Zeitgemäße Betrachtungen oder Consolatio Artis:  Von der Kunst, würdevoll und heiter unterzugehen. Würzburg: Königshausen & Neumann 2015, ISBN 978-3-8260-5762-5

Inhalt Zeitgemäße Betrachtungen 9 Der disponible Mensch 13 Schattenboxen oder Der ... more Inhalt

Zeitgemäße Betrachtungen 9

Der disponible Mensch 13

Schattenboxen oder Der Verfall der Literaturwissenschaft 22

Das Lesen und die Dinge 40

Spätantike und Gegenwart 50

Das Ende einer Illusion 60

Die böse Seite des Guten 68

Die Brüder des Todes 75

Nachtrag: Satire und Blasphemie 83

Für eine Philosophie des Untergangs 89

Der Freitod des Ästheten 101

Vom Alter 106

Eine Idylle in finsteren Zeiten 110

Research paper thumbnail of Das Schreckliche und die Schönheit. Studien zu Ambivalenz und Identität in der europäischen Literatur. Würzburg: Königshausen & Neumann  2013, 318 S.

Inhalt Vorwort 8 Der existenzielle und der geschichtliche Aspekt der Kunst: Ambivalenz, Id... more Inhalt

Vorwort 8

Der existenzielle und der geschichtliche Aspekt der Kunst:
Ambivalenz, Identität, Intellektuelle und Modernisierung 10
Ästhetik der Ambivalenz 10
Identitätskonstruktionen 22
Intellektuelle 32

Komik und Vergeblichkeit 42
Das Lachen des Todes 42
Schweizer Tragikomödien. Zu Dürrenmatts Romulus der Große
und Frischs Don Juan oder Die Liebe zur Geometrie 69

Fünf Gedichte: Die Auflösung des Symbolischen und der
gedeuteten Welt im Prozess der Selbstbewusstwerdung des modernen Ich 85
Vorbemerkung 85
Barthold Hinrich Brockes: Kirschblüte bei der Nacht (1730) 85
Matthias Claudius: Abendlied (1779) 89
Ludwig Christoph Heinrich Hölty: Die Mainacht (1774) 97
Erste geschichtliche Zwischenüberlegung 101
Johann Wolfgang Goethe: Chinesisch-deutsche Jahres- und
Tageszeiten, Gedicht VIII (1827) 103
Zweite geschichtliche Zwischenüberlegung 106
Mörike: Im Frühling (1828) 108
Geschichtliche Nachüberlegung 121

Literarische Identitätsentwürfe zwischen dem Rückblick auf die
Kindheit und dem Vorausblick auf den Tod 124
Vorbemerkung 124
Männer, Mütter, Moderne. Identitätsarbeit bei Lewis Carroll und
Joris-Karl Huysmans 125
Die Einsamkeit des Westens. Moderne, Dekadenz und Identität im Heliogabal-Stoff (Lombard, Couperus, George) 144
Il Ritorno in Infanzia. Literarische Formen der Rückkehr in
die Kindheit: Jules Renard, Frank McCourt, Bogumil Goltz, Wilhelm Raabe 164
Die Jünglinge und der Tod von Wien: Hofmannsthal, Beer-Hofmann, Schnitzler 186

Im Angesicht des Fremden und Schrecklichen 205
Vorbemerkung 205
Kleist. Die Verlobung in Santo Domingo oder die Tragödie des Narzissmus 206
Flaubert: Salammbô: der fremde Spiegel 226
Die Angst der Welt. Raabes Odfeld und das deutsche Kriegstrauma 246
Weibliches Phantasieren und das innere Afrika: Karen Blixen 264
Dieter Forte: Todesbegegnung und autobiographisches Schreiben 281
Identität an den Rändern des Todes. Wolfgang Hilbigs Alte Abdeckerei 292

Anstelle einer Konklusion 308

Personenverzeichnis 311

An Zeugnissen aus sieben europäischen Nationalliteraturen wird dargestellt, wie große Literatur sich mit Schrecken und Fremdheit der menschlichen Existenz auseinandersetzt. Wie sie lachend, tröstend, sich nach dem Anderen sehnend oder der Opfer gedenkend einen ästhetischen Raum eröffnet, in dem sie uns, wenngleich nur scheinhaft, mit der Ambivalenz unseres Daseins versöhnt und Gedankenexperimente macht, die zu Identitätsvorschlägen führen. Jede der einzelnen Untersuchungen veranschaulicht einen oder mehrere Aspekte des übergeordneten Themas. Den inneren Zusammenhang verdeutlichen Zwischentexte; sie sind sozusagen der Mörtel des Gebäudes, von dessen Höhe sich ein Überblick über die Signatur unserer Epoche und einige wichtige Züge ihres geistigen Werdegangs eröffnen sollten.

Research paper thumbnail of Leben im Übergang oder Vom Kloster zur Wissensfabrik. Erinnerung und Reflexion. Würzburg: Königshausen & Neumann 2007

In seiner Autobiographie sucht der deutschdänische Germanist sich als Kind einer Zeit von vorher ... more In seiner Autobiographie sucht der deutschdänische Germanist sich als Kind einer Zeit von vorher unvorstellbaren Veränderungen zu begreifen. Vorn Großeltern mitgeprägt, die geistig noch im 19. Jahrhundert wurzelten, bearbeitet er in sozialgeschichtlicher und psychoanalytischer Reflexion das Verhältnis zur Elterngeneration der Nazizeit, das Aufwachsen in der Adenauerzeit, die Erfahrungen mit der Studentenbewegung von 1968 und die Begegnungen mit unterschiedlichen nationalen Kulturen. Darüber hinaus setzt er sich als kritische Beobachter seiner selbst mit den unvermeidlichen Krisen und Enttäuschungen des Lebens, mit den Ängsten und mit dem Altern auseinander. Dabei verbindet sich gesellschaftliches Engagement mit einem Unterton gelassener Melancholie. Das Buch ist aber mehr als eine Autobiographie. Es enthält auch eine aus eigener Schreiberfahrung hervorgegangene Theorie autobiographischen Schreibens und ist zugleich eine Streitschrift gegen die Kommerzialisierung des Bildungswesens.

Research paper thumbnail of Deutsche Literaturgeschichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Stuttgart: Klett 2010, 351 S.

Research paper thumbnail of Die Augen des Katers. Moderne Märchen. Birkerød: Selbstverlag des Verfassers 2005

Warum moderne Märchen? Gegen die Wunder der Technik berufen sie das Wunderbare, das nicht machbar... more Warum moderne Märchen? Gegen die Wunder der Technik berufen sie das Wunderbare, das nicht machbar ist, gegen die Beschleunigung der modernen Welt berufen sie die Einheit von Kindheit und Alter, gegen ihre Zahlenhaftigkeit die ziellose Sehnsucht, gegen die absolute Trennung von Gut und Böse die Verwandlung der beiden ineinander. Sie lehren, nicht die Augen zu verschließen vor der Unmenschlichkeit der Machbarkeits-Welt wie auch vor dem Gemeinen, das guten Gewissens weitergründelt wie eh und je, während oben die Wogen der Veränderung schlagen, beides aber mit einem Lächeln zu betrachten, das sich einig zu müssen weiß mit der Vergänglichkeit. „Wucherpfennigs Märchen sind satirische Arabesken aus Wehmut und Ironie.“ (Fr. Schlegel)

Research paper thumbnail of Kindheitskult und Irrationalismus in der Literatur um 1900. Friedrich Huch und seine Zeit. München: Wilhelm Fink 1980

Research paper thumbnail of Die "Groschenhefte": Individualität als Ware (Schwerpunkte Germanistik), Wiesbaden: Athenaion 1976

Research paper thumbnail of Klugheit und Weltordnung. Das Problem politischen Handelns in Lohensteins »Arminius«.

Freiburg i. Br.: Becksmann, Deutsche Literatur und Sprachstudien A 2, 1973

Papers by Wolf Wucherpfennig

Research paper thumbnail of Über André Gide und Bertolt Brecht und die Kunst (2024)

Wolf Wucherpfennig Über André Gide und Bert Brecht und die Kunst Liebe Leser, lassen Sie mich mit... more Wolf Wucherpfennig Über André Gide und Bert Brecht und die Kunst Liebe Leser, lassen Sie mich mit André Gides Traité du Narcisse (Théorie du Symbole) beginnen. Mit dem Satz « Narcisse rêve au paradis » endet der einführende Abschnitt. Das Paradies wird als die vollkommene Harmonie gedacht. Darum ist es zeitlos, denn was sich ändert, kann nicht vollkommen sein. Und Adam und Eva können es nicht bewohnen, denn zwei verschiedene Menschen bedeuten Spaltung: Unvollkommenheit. Der erste Bewohner kann nur vollkommen sein, wenn er androgyn ist.

Research paper thumbnail of Die Rückkehr des Mittelalters (2024)

Die Rückkehr des Mittelalters Der Untergang der menschlichen Zivilisation ist ein überaus komplex... more Die Rückkehr des Mittelalters Der Untergang der menschlichen Zivilisation ist ein überaus komplexer globaler Prozess. Umweltkatastrophen, soziale Kämpfe und Kriege sind miteinander verwoben. Der Kampf gegen die vordergründigen Miseren verschlimmert die eine hintergründige, die allen gemeinsam ist. Den Zusammenhang zu durchschauen, verbietet ein Zusammenspiel diverser unmittelbarer Interessen. Doch es gibt Optimismus: La razón cierra los ojos para no ver los monstruos que produce su sueño. Die Vernunft schließt die Augen, um die Ungeheuer nicht zu sehen, die ihr Schlaf gebiert. Es wird zu zeigen sein, dass das politische Chaos ein psychisches Chaos gebiert, in dem Langsicht und Selbstzwang, nach Norbert Elias die beiden Triebfedern des Zivilisationsprozesses, sich auflösen. Meine These ist, dass wir im Zusammenhang mit dem zunehmenden ökonomisch-politisch-sozialen Chaos eine teilweise Rückkehr zum Habitus des mittelalterlichen Menschen erleben. Mit dem Zerfall des Römischen Reiches zerfallen auch die überregionalen Wirtschaftsbeziehungen. Um die Jahrtausendwende beruht die Gesellschaft auf kleinen, miteinander konkurrierenden grundherschaftlichen Einheiten. Sozial ist die weltliche Gesellschaft gespalten zwischen der Oberschicht der Ritter und der Unterschicht rechtloser Bauern. "Das Gros der weltlichen Oberschicht des Mittelalters führte das Leben von Bandenführern," schreibt Norbert Elias.1 Und weiter über den Ritter:

Research paper thumbnail of Kultur und Schönheit oder Schicksale der Schicklichkeit. Kleiner Versuch über das große Ganze (2023)

Wolf Wucherpfennig Kultur und Schönheit oder Schicksale der Schicklichkeit. Kleiner Versuch über ... more Wolf Wucherpfennig Kultur und Schönheit oder Schicksale der Schicklichkeit. Kleiner Versuch über das große Ganze In den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts begann die Austreibung des Humanum aus den Humanwissenschaften, vorgenommen vom Anarchismus teils hochgebildeter Intellektueller, teils denkfauler Bildungsfeinde. Beiden gemeinsam ist, dass sie die Frage danach, was der Mensch sei, verwerfen. Erstere, angeführt von Foucault, Lyotard, Deleuze, Derrida, Barthes lieferten mit ihrem Kampf gegen die Sprache, ihrem Lobpreis des Murmelns oder des weißen Rauschens einen Gegenentwurf zu Hegels Lehre von der im Beginn angelegten, durch Widersprüche hindurch fortschreitenden Selbstbewusstwerdung des Geistes. Austreibung des Geistes aus den Geisteswissenschaften lautet der entsprechende Titel eines Buches meines ehemaligen Kommilitonen Friedrich A. Kittler. Und Foucault schließt sein Buch Die Ordnung der Dinge. Eine Archäologie der Humanwissenschaften mit dem berühmt gewordenen Satz, dass der Mensch verschwinden wird, "wie am Meeresufer ein Gesicht im Sand". Es wird kein geschichtsverstehendes Subjekt mehr geben, geschweige denn ein geschichtsmächtiges, nur noch anonyme Strukturen. Kein Ganzes, nur Einzelnes: « Guerre au tout, témoignons de l'imprésentable, activons les différends, sauvons l'honneur du nom. » (Krieg der Ganzheit, zeugen wir vom Undarstellbaren, aktivieren wir die Unterschiede, retten wir die Ehre des Eigennamens.) So Lyotard. 1 Die zweite Gruppe scheut die Mühen der Identitätsarbeit. Was ist damit gemeint? Ich unterscheide zwischen der vorgegebenen und der aufgegebenen Identität. Die feste religiös-soziale Ordnung des Feudalstaates gibt dem einzelnen seine gesellschaftliche Identität vor, die er in seinem Leben verwirklichen muss Mit der Dynamisierung der kapitalistisch-bürgerlichen Gesellschaft wird die Identität immer mehr und für immer breitere Schichten zur Aufgabe. Wer seine gesellschaftliche Position verändert, muss sich eine neue Identität erarbeiten, die nicht mehr von einem festen religiös-sozialen Ganzen bereitgestellt wird, sondern aus einem neuen Verständnis des Ganzen hergeleitet werden muss. Hierzu liefert der Intellektuelle, eine Gestalt der dynamisch-modernen Welt, wechselnde, immer wieder neue, immer wieder scheiternde Entwürfe, weil er das sich verändernde

Research paper thumbnail of Nur durch den zauber bleibt das leben wach. Lob des Märchens (2023)

Research paper thumbnail of Was bleibt? Über die Freundschaft (2022)

Research paper thumbnail of Die Angst der Welt : Raabes Odfeld und das deutsche Kriegstrauma

Ebenso wie einzelne Menschen können auch ganze Nationen traumatischen Erfahrungen ausgesetzt sein... more Ebenso wie einzelne Menschen können auch ganze Nationen traumatischen Erfahrungen ausgesetzt sein. Sie werden, nicht anders als Siege, in die identitätschaffenden nationalen Gründungsmythen eingearbeitet. Das Trauma deutscher Erniedrigung, das nach dem Zweiten Weltkrieg vom Trauma deutscher Täterschaft abgelöst wurde, war bis nach dem Ersten Weltkrieg, der jenes erste Trauma aktualisierte, der Dreißigjährige Krieg. Das war der längste Krieg in Deutschland, oder genauer: eine Reihe von Kriegen europäischer Großmächte auf deutschem Boden, die eine Spur der Verwüstung und Entvölkerung von der Ostsee bis in den deutschen Südwesten zogen. Dass Christenmenschen aufs barbarischste gegeneinander kämpften, erschütterte den christlichen Glauben bis in die Grundfesten

Research paper thumbnail of Weiterzuleben, um weiter zu leben, ist keine Option. Über die Sehnsucht nach dem Ganzen

Weiterzuleben, um weiter zu leben, ist keine Option.

Research paper thumbnail of Kritische Ästhetik der Fremdheit. Abschließende Essays. Würzburg: Königshausen & Neumann. ISBN 978-3-8260-7477-6

D ie Altersreflexionen des deutsch-dänischen Literaturwissenschaftlers zeichnen die existentielle... more D ie Altersreflexionen des deutsch-dänischen Literaturwissenschaftlers zeichnen die existentielle Fremdheitserfahrung nach, von der große Kunst ausgeht, die sie aber auch bewältigt. In Strukturanalogie zu gnostischem Denken setzt die Kunst das Leiden an der Wirklichkeit und die Sehnsucht nach einer transzendenten Ganzheit voraus und lässt letztere zugleich erahnen. Hierin liegt sowohl ihre versöhnende Kraft als auch ihr kritisches Potential, auch und gerade in einer Zeit zivilisatorischen Niedergangs, in welcher Kultur und Bildung nichts mehr gelten. Der Zusammenhang von Kunst und Fremdheitserfahrung wird exemplarisch gezeigt an Thomas Wolfes Look Homeward, Angel! und an L'Étranger von Albert Camus, die Kraft dieses Denkens wird, der französischen Moralistik und Adornos Minima moralia nachfolgend, in kritischen Überlegungen erprobt, die aphoristisch und essayistisch Erscheinungen der Politik, der Kunst, des Alltagslebens zum Anlass nehmen und dabei zugleich die Alterserfahrung existentieller Fremdheit reflektieren.

Research paper thumbnail of Drei Studien zum Bildungswesen

Research paper thumbnail of Bruchstücke. Gedanken in einer zerbrechenden Welt.

Privatdruck, 2021

Kutsche hindurchzufahren. Ein Beispiel nur dafür, wie die Kunst, in diesem Fall die Gartenkunst, ... more Kutsche hindurchzufahren. Ein Beispiel nur dafür, wie die Kunst, in diesem Fall die Gartenkunst, uns mit ihren Illusionen beschützt. Zunehmende Fremde. Je älter man wird, desto fremder fühlt man sich in der Welt, und desto mehr schätzt man Freundschaft, und desto schwerer ist sie zu gewinnen. Ewige Heimat. Der fliegende Holländer ist eigentlich ein Fährmann. Denn ob man nun auf den Ozeanen hin und her segelt, von einem Ort, wo man nicht sein will, zu einem anderen, wo man nicht sein darf, und umgekehrt, oder ob man auf einem Fluss, etwa der Mosel, dem Neckar, dem Main, oder einem Flüsschen, etwa dem Lethe, hin und her rudert, das ist im Grunde doch dasselbe. Denn sind wir nicht alle Fährleute, seit der Geburt auf der Überfahrt von dem einen Ufer zum andern? Eine schöne Fahrt, auf der man immer neuen Leuten begegnet, mit immer neuen Hoffnungen und Ideen. Oder sind es im Grunde immer wieder die alten? Möchte nicht jeder Hans im Glück sein, spielt den Hans Dampf oder den Hans Wurst und lässt sich vom Leben hänseln, bis die Stunde der Wahrheit schlägt? Geliebte Ferne. Wir lieben den Blick aus der Höhe auf die Meeresbucht, weil wir dabei erleben, wie die gefährliche Ferne sich freundlich nähert und sich uns gleichsam zu Füßen legt, wie sie zugleich aber lockt mit Abenteuern hinter den Wolken, die wie Berge am Horizont stehen. Schwarzwald. Was mich am Südschwarzwald so anzieht, ist der Übergang: die Harmonie der Linien, die gerade durch die beginnende Schroffheit betont wird, die Weite, die nicht, wie das Meer, bloß sie selber ist, übermächtig in ihrem So-Sein, sondern immer als Öffnung aus der Enge erlebt wird. Man könnte jeden Augenblick abfliegen, und so gehört das Gefühl, vom Berggipfel weit in das sich öffnende Tal hinabfliegen zu können, zu meinem Schwarzwälder Urgefühl. Fülle des Wohllauts…. wenn die Fülle des Wohllauts fast unerträglich schön ist, weil sie die Fülle der Schmerzen enthält. Der Kampf aller gegen alle. Wir treiben auf einen Zustand hin, in dem einerseits als einzige zulässige Moral das Vorteilstreben gilt, der finanzielle Erfolg, andererseits jede Kritik durch eine Pädagogik verhindert wird, welche die Menschen davon nis und das Bewusstsein, sie mit den anderen zu teilen, die nicht den Divertissements verfallen sind. Das Bewusstsein der Gemeinsamkeit in der Fremde, welches die Gnosis auf eine Erfahrung der Nichtfremdheit jenseits von Geburt und Tod zurückführt. Ist dieser jenseitige Ort das Nichts? Warum nicht? Aber noch eines: Gerade im "étre de trop" liegt unsere Würde. Fremd, ausgesetzt in der elenden Schöpfung des Demiurgen, jenes hochmütigen göttlichen Lehrlings, können wir unsere Würde bewahren in der Klage, von Schillers Nänie bis zu den unvergänglichen Versen Baudelaires: Ces malédictions, ces blasphèmes, ces plaintes, Ces extases, ces cris ces pleurs, ces Te Deum, Sont un écho redit par mille labyrinthes ; C'est pour les coeurs mortels un divin opium ! C'est un cri répété par mille sentinelles, Un ordre renvoyé par mille porte-voix ; C'est un phare allumé sur mille citadelles, Un appel de chasseurs perdus dans les grands bois ! Car c'est vraiment, Seigneur, le meilleur témoignage Que nous puissions donner de notre dignité Que cet ardent sanglot qui roule d'âge en âge Et vient mourir au bord de votre éternité ! Freundschaft. Anscheinend ist Montaigne der einzige, der Freundschaft losgelöst von einem weiteren Tugendsystem beschreibt. Seine Beschreibung, die schwärmerischromantisch anmuten kann, läuft darauf hinaus, wie mir scheint, dass sie das einzige zwischenmenschliche Verhältnis ist, das ambivalenzfrei sein kann, eben weil sie von nichts außer ihrer selbst beeinflusst ist: eine Ich-Verdoppelung. Ob das realistisch sein kann, ist die Frage. Vielleicht funktioniert sein Beispiel, die Freundschaft mit La Boétie, nur deswegen, weil der Freund gestorben war, so dass kein störender Konflikt mehr zu erwarten war. Vielleicht ist sie eher möglich bei Alten, bei denen Konkurrenz manchmal schwächer ist. Aber festzuhalten ist, dass solche Freundschaft, wie immer auch idealisiert, das einzige Gegenbild sein kann gegen die zwischenmenschlichen Verhältnisse, so wie sie heute idealisiert werden, Verhältnisse, die rein durch Dummheit, Egoismus und Konkurrenz bestimmt werden. Ein gesellschaftsfreies Gegenbild also, kein Vorbild für funktionierende innergesellschaftliche Bezüge, bei denen ja immer irgendwelche Kompromisse gemacht werden müssen. Eben die Freiheit von solchen Bezügen macht das Besondere von Montaignes Freundschafts-Vorstellung aus. Dennoch gibt es ein Vorbild, Schillers Ode an die Freude, die in Beethovens Vertonung sogar zur Europa-Hymne geworden

Research paper thumbnail of Das Narrenschiff. Überlegungen zur Ästhetik im Angesicht zivilisatorischen Niedergangs. Rangsdorf: Basilisken-Presse 2017, 58 S. ISBN 978-3-941365-61-2

Im ersten Teil des Essays wird der Niedergang der Zivilisation beschrieben anhand einer politisch... more Im ersten Teil des Essays wird der Niedergang der Zivilisation beschrieben anhand einer politisch-psychologischen Analyse der zunehmenden Rechtspopulismen vor dem Hintergrund des Computerkapitalismus und der Klimakatastrophe. Der kulturhistorische Befund legt die Grundlage für eine gnostisch inspirierte Darstellung der neuzeitliche Geschichte des Schönen als Verwandlung einer misslungenen Schöpfung , an die sich die moderne künstlerische Verfremdung anschließt, die als Protest gegen das Verschwinden des Menschen in seinen Produkten verstanden wird, als ein Protest, der Menschlichkeit gerade dadurch bewahrt, dass er die Zerstörbarkeit des Menschen zum Thema macht. Die ästhetischen Überlegungen, die mit einem Exkurs über den Geschmack enden, machen den zweiten Teil des Essays aus. Dieser Teil ist eine erweiterte Fassung meines früheren Essays "Kunst und Vandalismus im Zeichen der Moderne".

Research paper thumbnail of Nachgetragene Kommentare zu den "Zeitgemäßen Betrachtungen" (zuletzt Nov. 2015)

zu S. 7: Die Bemerkung über die Diskreditierung des Ästhetischen ist vielleicht doch etwas zu kry... more zu S. 7: Die Bemerkung über die Diskreditierung des Ästhetischen ist vielleicht doch etwas zu kryptisch. Ich wende mich gegen den Versuch, unter dem Titel aisthesis die Ästhetik zu entleeren, indem man sie um das Reklameschöne zu erweitert. Das Schöne ist zunächst einmal Verwandlung der Welt, und zwar Verwandlung des Schrecklichen derart, dass es erträglich wird, ja genossen werden kann. Darum rühmt der Dichter, wenn er das Schöne singt, so lehren es Rilkes Sonette an Orpheus, die Verwandlung als Wesen des Lebendigen. Die Frage, ob wir das Kunstwerk eher mit dem Intellekt oder mit den Sinnen erfassen, wenn wir es genuin rezipieren, geht an der Sache vorbei, denn entscheidend ist, dass wir das Schöne nur dann als Schönes erfassen, wenn wir das als ganzer Mensch tun, mit interesselosem Wohlgefallen, mag man sagen, das heißt als lebendiges Wesen, das, für diesmal wenigstens, nicht durch den Gedanken an irgendeinen Nutzen angegriffen ist. Das Argument, dass das Naturschöne durch den Rekurs auf die Perzeption allererst zu seinem Recht käme, überzeugt mich nicht, denn das Naturschöne ist schon immer materiell gestaltete Natur (etwa im Landschaftsgarten) oder motivgeschichtlich gestaltete Natur. Eine "unschuldige" Perzeption, unabhängig von künstlerischer Tradition, gibt es nicht.

Research paper thumbnail of Zeitgemäße Betrachtungen oder Consolatio Artis:  Von der Kunst, würdevoll und heiter unterzugehen. Würzburg: Königshausen & Neumann 2015, ISBN 978-3-8260-5762-5

Inhalt Zeitgemäße Betrachtungen 9 Der disponible Mensch 13 Schattenboxen oder Der ... more Inhalt

Zeitgemäße Betrachtungen 9

Der disponible Mensch 13

Schattenboxen oder Der Verfall der Literaturwissenschaft 22

Das Lesen und die Dinge 40

Spätantike und Gegenwart 50

Das Ende einer Illusion 60

Die böse Seite des Guten 68

Die Brüder des Todes 75

Nachtrag: Satire und Blasphemie 83

Für eine Philosophie des Untergangs 89

Der Freitod des Ästheten 101

Vom Alter 106

Eine Idylle in finsteren Zeiten 110

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Inhalt Vorwort 8 Der existenzielle und der geschichtliche Aspekt der Kunst: Ambivalenz, Id... more Inhalt

Vorwort 8

Der existenzielle und der geschichtliche Aspekt der Kunst:
Ambivalenz, Identität, Intellektuelle und Modernisierung 10
Ästhetik der Ambivalenz 10
Identitätskonstruktionen 22
Intellektuelle 32

Komik und Vergeblichkeit 42
Das Lachen des Todes 42
Schweizer Tragikomödien. Zu Dürrenmatts Romulus der Große
und Frischs Don Juan oder Die Liebe zur Geometrie 69

Fünf Gedichte: Die Auflösung des Symbolischen und der
gedeuteten Welt im Prozess der Selbstbewusstwerdung des modernen Ich 85
Vorbemerkung 85
Barthold Hinrich Brockes: Kirschblüte bei der Nacht (1730) 85
Matthias Claudius: Abendlied (1779) 89
Ludwig Christoph Heinrich Hölty: Die Mainacht (1774) 97
Erste geschichtliche Zwischenüberlegung 101
Johann Wolfgang Goethe: Chinesisch-deutsche Jahres- und
Tageszeiten, Gedicht VIII (1827) 103
Zweite geschichtliche Zwischenüberlegung 106
Mörike: Im Frühling (1828) 108
Geschichtliche Nachüberlegung 121

Literarische Identitätsentwürfe zwischen dem Rückblick auf die
Kindheit und dem Vorausblick auf den Tod 124
Vorbemerkung 124
Männer, Mütter, Moderne. Identitätsarbeit bei Lewis Carroll und
Joris-Karl Huysmans 125
Die Einsamkeit des Westens. Moderne, Dekadenz und Identität im Heliogabal-Stoff (Lombard, Couperus, George) 144
Il Ritorno in Infanzia. Literarische Formen der Rückkehr in
die Kindheit: Jules Renard, Frank McCourt, Bogumil Goltz, Wilhelm Raabe 164
Die Jünglinge und der Tod von Wien: Hofmannsthal, Beer-Hofmann, Schnitzler 186

Im Angesicht des Fremden und Schrecklichen 205
Vorbemerkung 205
Kleist. Die Verlobung in Santo Domingo oder die Tragödie des Narzissmus 206
Flaubert: Salammbô: der fremde Spiegel 226
Die Angst der Welt. Raabes Odfeld und das deutsche Kriegstrauma 246
Weibliches Phantasieren und das innere Afrika: Karen Blixen 264
Dieter Forte: Todesbegegnung und autobiographisches Schreiben 281
Identität an den Rändern des Todes. Wolfgang Hilbigs Alte Abdeckerei 292

Anstelle einer Konklusion 308

Personenverzeichnis 311

An Zeugnissen aus sieben europäischen Nationalliteraturen wird dargestellt, wie große Literatur sich mit Schrecken und Fremdheit der menschlichen Existenz auseinandersetzt. Wie sie lachend, tröstend, sich nach dem Anderen sehnend oder der Opfer gedenkend einen ästhetischen Raum eröffnet, in dem sie uns, wenngleich nur scheinhaft, mit der Ambivalenz unseres Daseins versöhnt und Gedankenexperimente macht, die zu Identitätsvorschlägen führen. Jede der einzelnen Untersuchungen veranschaulicht einen oder mehrere Aspekte des übergeordneten Themas. Den inneren Zusammenhang verdeutlichen Zwischentexte; sie sind sozusagen der Mörtel des Gebäudes, von dessen Höhe sich ein Überblick über die Signatur unserer Epoche und einige wichtige Züge ihres geistigen Werdegangs eröffnen sollten.

Research paper thumbnail of Leben im Übergang oder Vom Kloster zur Wissensfabrik. Erinnerung und Reflexion. Würzburg: Königshausen & Neumann 2007

In seiner Autobiographie sucht der deutschdänische Germanist sich als Kind einer Zeit von vorher ... more In seiner Autobiographie sucht der deutschdänische Germanist sich als Kind einer Zeit von vorher unvorstellbaren Veränderungen zu begreifen. Vorn Großeltern mitgeprägt, die geistig noch im 19. Jahrhundert wurzelten, bearbeitet er in sozialgeschichtlicher und psychoanalytischer Reflexion das Verhältnis zur Elterngeneration der Nazizeit, das Aufwachsen in der Adenauerzeit, die Erfahrungen mit der Studentenbewegung von 1968 und die Begegnungen mit unterschiedlichen nationalen Kulturen. Darüber hinaus setzt er sich als kritische Beobachter seiner selbst mit den unvermeidlichen Krisen und Enttäuschungen des Lebens, mit den Ängsten und mit dem Altern auseinander. Dabei verbindet sich gesellschaftliches Engagement mit einem Unterton gelassener Melancholie. Das Buch ist aber mehr als eine Autobiographie. Es enthält auch eine aus eigener Schreiberfahrung hervorgegangene Theorie autobiographischen Schreibens und ist zugleich eine Streitschrift gegen die Kommerzialisierung des Bildungswesens.

Research paper thumbnail of Deutsche Literaturgeschichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Stuttgart: Klett 2010, 351 S.

Research paper thumbnail of Die Augen des Katers. Moderne Märchen. Birkerød: Selbstverlag des Verfassers 2005

Warum moderne Märchen? Gegen die Wunder der Technik berufen sie das Wunderbare, das nicht machbar... more Warum moderne Märchen? Gegen die Wunder der Technik berufen sie das Wunderbare, das nicht machbar ist, gegen die Beschleunigung der modernen Welt berufen sie die Einheit von Kindheit und Alter, gegen ihre Zahlenhaftigkeit die ziellose Sehnsucht, gegen die absolute Trennung von Gut und Böse die Verwandlung der beiden ineinander. Sie lehren, nicht die Augen zu verschließen vor der Unmenschlichkeit der Machbarkeits-Welt wie auch vor dem Gemeinen, das guten Gewissens weitergründelt wie eh und je, während oben die Wogen der Veränderung schlagen, beides aber mit einem Lächeln zu betrachten, das sich einig zu müssen weiß mit der Vergänglichkeit. „Wucherpfennigs Märchen sind satirische Arabesken aus Wehmut und Ironie.“ (Fr. Schlegel)

Research paper thumbnail of Kindheitskult und Irrationalismus in der Literatur um 1900. Friedrich Huch und seine Zeit. München: Wilhelm Fink 1980

Research paper thumbnail of Die "Groschenhefte": Individualität als Ware (Schwerpunkte Germanistik), Wiesbaden: Athenaion 1976

Research paper thumbnail of Klugheit und Weltordnung. Das Problem politischen Handelns in Lohensteins »Arminius«.

Freiburg i. Br.: Becksmann, Deutsche Literatur und Sprachstudien A 2, 1973

Research paper thumbnail of Über André Gide und Bertolt Brecht und die Kunst (2024)

Wolf Wucherpfennig Über André Gide und Bert Brecht und die Kunst Liebe Leser, lassen Sie mich mit... more Wolf Wucherpfennig Über André Gide und Bert Brecht und die Kunst Liebe Leser, lassen Sie mich mit André Gides Traité du Narcisse (Théorie du Symbole) beginnen. Mit dem Satz « Narcisse rêve au paradis » endet der einführende Abschnitt. Das Paradies wird als die vollkommene Harmonie gedacht. Darum ist es zeitlos, denn was sich ändert, kann nicht vollkommen sein. Und Adam und Eva können es nicht bewohnen, denn zwei verschiedene Menschen bedeuten Spaltung: Unvollkommenheit. Der erste Bewohner kann nur vollkommen sein, wenn er androgyn ist.

Research paper thumbnail of Die Rückkehr des Mittelalters (2024)

Die Rückkehr des Mittelalters Der Untergang der menschlichen Zivilisation ist ein überaus komplex... more Die Rückkehr des Mittelalters Der Untergang der menschlichen Zivilisation ist ein überaus komplexer globaler Prozess. Umweltkatastrophen, soziale Kämpfe und Kriege sind miteinander verwoben. Der Kampf gegen die vordergründigen Miseren verschlimmert die eine hintergründige, die allen gemeinsam ist. Den Zusammenhang zu durchschauen, verbietet ein Zusammenspiel diverser unmittelbarer Interessen. Doch es gibt Optimismus: La razón cierra los ojos para no ver los monstruos que produce su sueño. Die Vernunft schließt die Augen, um die Ungeheuer nicht zu sehen, die ihr Schlaf gebiert. Es wird zu zeigen sein, dass das politische Chaos ein psychisches Chaos gebiert, in dem Langsicht und Selbstzwang, nach Norbert Elias die beiden Triebfedern des Zivilisationsprozesses, sich auflösen. Meine These ist, dass wir im Zusammenhang mit dem zunehmenden ökonomisch-politisch-sozialen Chaos eine teilweise Rückkehr zum Habitus des mittelalterlichen Menschen erleben. Mit dem Zerfall des Römischen Reiches zerfallen auch die überregionalen Wirtschaftsbeziehungen. Um die Jahrtausendwende beruht die Gesellschaft auf kleinen, miteinander konkurrierenden grundherschaftlichen Einheiten. Sozial ist die weltliche Gesellschaft gespalten zwischen der Oberschicht der Ritter und der Unterschicht rechtloser Bauern. "Das Gros der weltlichen Oberschicht des Mittelalters führte das Leben von Bandenführern," schreibt Norbert Elias.1 Und weiter über den Ritter:

Research paper thumbnail of Kultur und Schönheit oder Schicksale der Schicklichkeit. Kleiner Versuch über das große Ganze (2023)

Wolf Wucherpfennig Kultur und Schönheit oder Schicksale der Schicklichkeit. Kleiner Versuch über ... more Wolf Wucherpfennig Kultur und Schönheit oder Schicksale der Schicklichkeit. Kleiner Versuch über das große Ganze In den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts begann die Austreibung des Humanum aus den Humanwissenschaften, vorgenommen vom Anarchismus teils hochgebildeter Intellektueller, teils denkfauler Bildungsfeinde. Beiden gemeinsam ist, dass sie die Frage danach, was der Mensch sei, verwerfen. Erstere, angeführt von Foucault, Lyotard, Deleuze, Derrida, Barthes lieferten mit ihrem Kampf gegen die Sprache, ihrem Lobpreis des Murmelns oder des weißen Rauschens einen Gegenentwurf zu Hegels Lehre von der im Beginn angelegten, durch Widersprüche hindurch fortschreitenden Selbstbewusstwerdung des Geistes. Austreibung des Geistes aus den Geisteswissenschaften lautet der entsprechende Titel eines Buches meines ehemaligen Kommilitonen Friedrich A. Kittler. Und Foucault schließt sein Buch Die Ordnung der Dinge. Eine Archäologie der Humanwissenschaften mit dem berühmt gewordenen Satz, dass der Mensch verschwinden wird, "wie am Meeresufer ein Gesicht im Sand". Es wird kein geschichtsverstehendes Subjekt mehr geben, geschweige denn ein geschichtsmächtiges, nur noch anonyme Strukturen. Kein Ganzes, nur Einzelnes: « Guerre au tout, témoignons de l'imprésentable, activons les différends, sauvons l'honneur du nom. » (Krieg der Ganzheit, zeugen wir vom Undarstellbaren, aktivieren wir die Unterschiede, retten wir die Ehre des Eigennamens.) So Lyotard. 1 Die zweite Gruppe scheut die Mühen der Identitätsarbeit. Was ist damit gemeint? Ich unterscheide zwischen der vorgegebenen und der aufgegebenen Identität. Die feste religiös-soziale Ordnung des Feudalstaates gibt dem einzelnen seine gesellschaftliche Identität vor, die er in seinem Leben verwirklichen muss Mit der Dynamisierung der kapitalistisch-bürgerlichen Gesellschaft wird die Identität immer mehr und für immer breitere Schichten zur Aufgabe. Wer seine gesellschaftliche Position verändert, muss sich eine neue Identität erarbeiten, die nicht mehr von einem festen religiös-sozialen Ganzen bereitgestellt wird, sondern aus einem neuen Verständnis des Ganzen hergeleitet werden muss. Hierzu liefert der Intellektuelle, eine Gestalt der dynamisch-modernen Welt, wechselnde, immer wieder neue, immer wieder scheiternde Entwürfe, weil er das sich verändernde

Research paper thumbnail of Nur durch den zauber bleibt das leben wach. Lob des Märchens (2023)

Research paper thumbnail of Was bleibt? Über die Freundschaft (2022)

Research paper thumbnail of Die Angst der Welt : Raabes Odfeld und das deutsche Kriegstrauma

Ebenso wie einzelne Menschen können auch ganze Nationen traumatischen Erfahrungen ausgesetzt sein... more Ebenso wie einzelne Menschen können auch ganze Nationen traumatischen Erfahrungen ausgesetzt sein. Sie werden, nicht anders als Siege, in die identitätschaffenden nationalen Gründungsmythen eingearbeitet. Das Trauma deutscher Erniedrigung, das nach dem Zweiten Weltkrieg vom Trauma deutscher Täterschaft abgelöst wurde, war bis nach dem Ersten Weltkrieg, der jenes erste Trauma aktualisierte, der Dreißigjährige Krieg. Das war der längste Krieg in Deutschland, oder genauer: eine Reihe von Kriegen europäischer Großmächte auf deutschem Boden, die eine Spur der Verwüstung und Entvölkerung von der Ostsee bis in den deutschen Südwesten zogen. Dass Christenmenschen aufs barbarischste gegeneinander kämpften, erschütterte den christlichen Glauben bis in die Grundfesten

Research paper thumbnail of Weiterzuleben, um weiter zu leben, ist keine Option. Über die Sehnsucht nach dem Ganzen

Weiterzuleben, um weiter zu leben, ist keine Option.

Research paper thumbnail of Anatole France: Der Prokurator von Judäa

Neuübersetzung der Erzählung von Anatole France und Kommentar

Research paper thumbnail of Kann es eine ästhetische Ethik geben? (Februar 2018)

Kann es eine ästhetische Ethik geben? Er war ein Dichter und hasste das Ungefähre. Wenn man Julia... more Kann es eine ästhetische Ethik geben? Er war ein Dichter und hasste das Ungefähre. Wenn man Julia Lezhneva Händel-Arien singen hört, Canalettos Bild vom Canal Grande betrachtet oder die feierliche Sprache Thomas Manns in Joseph und seine Brüder liest, dann bekommt man eine Vorstellung davon, dass zur Schönheit der Kunst zunächst und vor allem Präzision gehört. (Die Sprache in Thomas Manns Roman -das sei angemerkt -ist feierlich, weil sie die ewig-mythische Verbindung des Göttlichen und Menschlichen feiert, aber auch ironischschelmisch, weil es ein Schelm ist, ein mythischer Picaro, der hier tief hinabgestürzt und hoch erhoben wird.) Die Sprache der Kunst ist nicht das Unverständliche im Gegensatz zur Nüchternheit mathematischer Logik oder der Eindeutigkeit zweckbezogener Alltagssprache ("Reich mir den Hammer!"), sie

Research paper thumbnail of Kunst und Vandalismus im Zeichen der Moderne (2017)

In: Milli mála (University of Iceland) 8 (2016), S. 253-280

In memoriam Uffe Hansen 1. Preludio G emeinhin versteht man unter Vandalismus die blindwütige Sac... more In memoriam Uffe Hansen 1. Preludio G emeinhin versteht man unter Vandalismus die blindwütige Sachbeschädigung, im engeren Sinn das Zerstören von Kunstwerken und Kulturschätzen. Wie nun, wenn die ganze Menschheitsgeschichte mehr ein Zerstörungs-als ein Aufbauprozess gewesen wäre, so wie in Hermann Kasacks Roman Die Stadt hinter dem Strom? Hier, im allegorischen Jenseits, arbeiten zwei Fabriken gegeneinander; eine zerstört die würfelförmigen Kunststeine, welche die andere produziert, die andere produziert aus dem Schutt erneut Steine. Allmählich gewinnt die Zerstörung die Oberhand. Nach dieser Allegorie wäre die Weltgeschichte nichts als ein Prozess des Vandalismus. Ist es nicht tatsächlich an der Zeit, Geschichte so zu beschreiben? Nicht als Fortschritt, sondern als die zunehmende Zerstörung von Natur und die wahrscheinlich endgültige der menschlichen Zivilisation. Es fehlt jetzt nur noch ein Zünder, vergleichbar der Ermordung eines Erzherzogs irgendwo auf dem Balkan, um eine schlimmere Katastrophe als den Ersten Weltkrieg auszulösen. Und zwar einfach deswegen, weil die Menschheit sich der Entfaltung ihrer technischen Mittel nicht gewachsen zeigt. 2

Research paper thumbnail of Die Furcht vor dem Alter und die Sehnsucht danach: Adalbert Stifter und die Vergeblichkeit (März 2017)

In: Joachim Küchenhoff / Carl Pietzcker (Hrsg.): Altern. Jahrbuch für Literatur und Psychoanalyse 36. Würzburg: Königshausen & Neumann 2017, S 185-203

Wolf Wucherpfennig DIE FURCHT VOR DEM ALTER UND DIE SEHNSUCHT DANACH: ADALBERT STIFTER UND DIE VE... more Wolf Wucherpfennig DIE FURCHT VOR DEM ALTER UND DIE SEHNSUCHT DANACH: ADALBERT STIFTER UND DIE VERGEBLICHKEIT Den alten Freunden Uffe Hansen † und A.V. Wernsing Die Generationen, das Alter und das Alte In sich selbst ist das hohe Alter uninteressant, außer für Mediziner, Seelsorger und andere Betreuer. Es ist ja die langweilige Epoche, in der man neben vielem anderen auch dem Irrtum, man könne die Welt verbessern, endgültig entsagen muss. »I'm so bored with it all« sollen die letzten Worte Winston Churchills gewesen sein. »Die letzte Zeit erinnert an eine Existenz im Wartesaal«, schreibt Siegfried Lenz in einem Zeitungsartikel. 1 Allerdings ist es möglich, das Alter in seiner Vergeblichkeit darzustellen, sogar eindringlich mit den Mitteln symbolischer Verfremdung, so wie Samuel Beckett in Happy days, doch dann halten die Jüngeren das für absurdes Theater, denn so viel Tiefenrealismus ist tatsächlich schwer zu ertragen. Interessant ist das Alter hingegen im Verhältnis zur Jugend. Für die Alten, weil sie erinnernd ihre Erwartungen wieder beleben und zu ihnen Stellung nehmen können -ein Stück auswählender Nachträglichkeit, um einen Begriff Sigmund Freuds zu gebrauchen, die leicht zu einer Autobiographie führt -, für die Jüngeren, weil sie ihre Versagensängste durch Projektion ins Alter dämpfen oder kompensieren können. Stifters Texte sind hierin exemplarisch, denn in ihnen kämpft die Angst der Jugend vor dem Alter mit ihrem Wunsch nach dem Alter. Das möchte ich vor allem an zwei Erzählungen untersuchen, am Hagestolz und am Nachsommer. Der Hagestolz beginnt mit der Angst, das heißt scheinbar eher umgekehrt: mit der Lebenslust der Jugend. Sie beginnt frühlingsund zukunfts-und, wenn man den Nachtigallen glauben darf, auch liebesfroh: An einem schönen grünen Plaze, der bergan steigt, wo Bäume stehen und Nachtigallen schlagen, gingen mehrere Jünglinge in dem 1 FAZ vom 30.10.2010, http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/autoren/sieg fried-lenz-etwas-ueber-das-alter-1605846.html (abgerufen am 29.06.2016). Wolf Wucherpfennig Brausen und Schäumen ihres jungen kaum erst beginnenden Lebens. Eine glänzende Landschaft war rings um sie geworfen. 2 Mitten in die Zukunftsfreude hinein ruft einer der jungen Männer: »Es ist nun für alle Ewigkeit ganz gewiß, daß ich nie heiraten werde.« 3 Verhängnisvoll, denn damit beschwört er eine einsame Zukunft, die von keiner Vergangenheit zehren kann; von ihr liest man schon fünf Seiten später: Weit von dem grünen Baumplaze, wo die Nachtigallen geschlagen und die Jünglinge so fröhlich gelacht hatten, lag hinter den glänzenden blauen Bergen, die die Aussicht des Plazes besäumten, eine Insel mit dem Hause. Der Greis saß an dem Hause und zitterte vor dem Sterben. 4 2 Hagestolz, Bd. 1,6, S. 13. Stifter wird mit Bandnummer und Seitenzahl zitiert nach Adalbert Stifter: Werke und Briefe. Historisch-kritische Gesamtausgabe, hg. v. Alfred Doppler u. Wolfgang Frühwald, Bd.

Research paper thumbnail of Populismus und Flüchtlingskrise (Nov. 2016)

Die Flüchtlingskrise muss als ein Aspekt unter vielen in der komplexen politisch-ökonomischen Gem... more Die Flüchtlingskrise muss als ein Aspekt unter vielen in der komplexen politisch-ökonomischen Gemengelage unserer Zeit betrachtet werden. Der umfassendste Aspekt ist wohl der Komplex aus Klimakatastrophe und Hightech-Kapitalismus (W. F. Haug), der bisher letzten Phase einer Entwicklung, die schon Marx und Engels im Kommunistischen Manifest beschrieben haben. Was sie hier als Vollzogenes beschreiben, könnte man auch als Prophezeiung des Neoliberalismus lesen:

Research paper thumbnail of Der Mittelmäßige und der Intellektuelle: zwei Gestalten der Moderne. (August 2016)

In: Scheidewege. Jahresschrift für skeptisches Denken 46 (2016/2017), S. 79-96

Research paper thumbnail of Maria Stuart oder Die Kunst des Sterbens (2016)

In: Astrid Lange-Kirchheim / Joachim Pfeiffer / Carl Pietzcker (Hrsg): Friedrich Schiller. Jahrbuch für Literatur und Psychoanalyse 35. Würzburg: Königshausen & Neumann 2016. S. 257-289

Schillers Dichtung, so möchte man einem alten Vorurteil zustimmen, wenn man einen Blick auf die b... more Schillers Dichtung, so möchte man einem alten Vorurteil zustimmen, wenn man einen Blick auf die berühmten Balladen wie Die Bürgschaft oder Die Kraniche des Ibicus oder gar auf Die Glocke wirft, ist rhetorisch ausgedrückte Moral. Tatsächlich ist Schillerwir sprechen hier vom Schiller der klassischen Periode, also etwa ab 1788 -aber gar nicht unmittelbar an Ethik im Sinn des guten (tugendhaft-glücklichen) Lebens in der Gesellschaft interessiert, sondern am schönen Bild. Allerdings so, dass es immer auch Erscheinung der menschlichen Freiheit ist, nämlich der Versöhnung von Natur und Geist, Sinnlichkeit und Vernunft, die sich im Menschen auseinandergelebt haben. Das gibt es nicht wirklich, wie Schiller weiß, sogar der Mythos kann solche Vollkommenheit im Irdischen nur als untergehende zeigen; darum wird die Kunst in der Nänie zur orphischen Klage über die Sterblichkeit des Schönen und bewahrt so das Ideal in der Erinnerung, während »das Gemeine«, die gesamte Gegenwart, »klanglos zum Orkus hinab« muss. Die Gegenwart, die zum hässlichen Totenreich geworden ist, seitdem mit den Göttern Griechenlands, wie das Klagegedicht lautet, auch die »schöne Welt« beseelter Natur verschwunden ist, an welcher das Irdische, wenngleich selbst nicht vollkommen, immerhin teilhaben durfte. Gelänge es nun aber, die gesamte Gesellschaft in ein schönes Bild zu verwandeln, so dass der Wille jedes einzelnen auch der Wille aller ist, oder mit Kant gesagt: so dass die Maxime meines Handelns die Maxime des Handelns aller ist -und das wäre möglich, wenn alle im schönen Bild die Verwirklichung dessen erkennten, was ihr Wesen ist, und diese Verwirklichung auch wollten -, dann wäre die ersehnte Versöhnung tendenziell erreichbar. Harmonie ist alles. Wenn sie allgemein ist, der gespaltene Mensch wieder eins, ist das Problem des Guten gleichsam nebenbei gelöst, wird das Moralgesetz, in dessen Dienst der Mensch er selbst wird, von selbst erfüllt. Das scheint mir der Grundgedanke der Ästhetischen Erziehung zu sein, mit der Schiller auf die Erfahrung der Französischen Revolution antwortete. So antwortet auf die Kunst als Klage die politische Aufgabe der Kunst. 1 1 Schillers Überlegungen über seine Gedichte im Brief an Humboldt vom 29. und 30. Nov. 1795 geben auch Aufschluss über deren geschichtspsychologische Bedeutung. Die Elegie 258 Das setzt allerdings voraus, dass wir die Freiheit der Wahl haben. Wie steht es mit dem schönen Bild, wenn mir die freie Wahl genommen ist und mir nichts anderes bleibt, ob ich will oder nicht, als mein Schicksal zu ertragen? Das ist der Fall in der Tragödie, in der nach Goethes bekannten Worten »die prätendierte Freiheit unseres Wollens, mit dem notwendigen Gang des Ganzen zusammenstößt« 2 , und zwar derart, so muss man Selbstverständliches hinzufügen, dass wir dabei untergehen. Kein Wunder, dass Schillers Dramenhelden ihre Wahlfreiheit so lange wie möglich zu bewahren, Entscheidungen zu vermeiden suchen, um die vermeintliche Herrschaft über das Geschehen, aber auch die über sich selbst nicht zu verlieren. Vor allem Ilse Graham hat dies herausgearbeitet. 3 Stattdessen trifft die Sprache fast von sich aus Entscheidungen. 4 Ist die Wahlfreiheit mir endgültig genommen, so bleibt mir nur die Möglichkeit, meinen Untergang ins erhabene Bild zu verwandeln, das, auch wenn der erhabene Augenblick außerhalb von Sinnenwelt und Schönheit steht, als künstlerisch gestaltetes weiterhin schön ist. (Daraus ergibt sich, wie unten an Maria Stuarts Todesaugenblick gezeigt, eine Dialektik von Bild und Nicht-Bild.) Auch hier ist Verallgemeinerung möglich: Das Bild meines erhabenen Untergangs kann für alle zum Vorbild werden. Dies aber nicht im kantischen Sinn, sondern in demjenigen eines Märtyrergedankens, der gerade im Todesaugenblick Freiheit verspricht, eine echte, nicht prätendierte Freiheit, freilich die eines merkwürdig ästhetisierten Märtyrergedankens, dem es um die Kunst des Sterbens geht, nicht um eine christliche, sondern um eine utopischästhetische Blutzeugenschaft. Neben die (Nänie) steht ihm am nächsten, mit ihr verglichen »ist das Reich der Schatten [Das Ideal und das Leben] bloß ein Lehrgedicht«. Vgl. Friedrich Schiller: Briefe II. 1795-1805, in: Otto Dann (Hg.): Werke und Briefe in zwölf Bänden, Frankfurt a.M. Bd. 12, 2002b, S. 101. Die Klage über den modernen Weltzustand ist unmittelbarer Ausdruck der Melancholie, die ästhetische Geschichtstheorie, die aus den anderen erwähnten Gedichten spricht, ist ein Versuch, sie zu überwinden. Das Vorhaben, in einer »Idylle« das erreichte Ideal zu beschreiben und so die Unmittelbarkeit zu erreichen, auf welche die Lehrgedichte nur hinzielen, wird nicht durchgeführt, weil es nicht durchführbar ist. Allerdings kann sie in den Dramen immer wieder als Utopie aufscheinen. Die genuine Stimmung des modernen Dichters, als den Schiller sich erkannt hat, ist Melancholie oder, in den Dramen, der Aufschwung zum erhabenen Untergang, soweit die geschichtstheoretische Konstruktion nicht den sinngebenden und damit tröstlichen Weg zur Utopie aufzeigt. 259 Klage um Verlorenes und die dauernde politische Aufgabe tritt so der Todesaugenblick der Verwandlung. 5 Vergötterung und Tod hat Gerhard Kaiser diese Thematik benannt. 6 Tatsächlich geht es in den genannten Gedichten auch weniger um Moral als vielmehr um Abwehr bzw. um Überwindung dessen, was Individuum oder Gemeinwesen zu vernichten droht. Kaiser zeigt, wie bei Schiller im Lauf der Zeit aus der Vergötterung trotz Tod die »Vergötterung durch den Tod« 7 wird. Dabei ist der Tod nicht Durchgang wie im Christentum, sondern er bleibt das Ende. Gerade das ermöglicht die Vergötterung: Die Vollendung geschieht im Todesaugenblick, aber sie dauert als erhabenes Bild, weil die Prosa der Wirklichkeit ihr nichts mehr anhaben kann. Festzuhalten ist, dass der vollendete, also harmonische (und darum moralische), von keinem Riss in seiner Psyche gequälte Mensch sein Wesen verwirklicht, und dass er als solcher der Baustein einer vollendeten Gesellschaft ist. Und schließlich: dass dieser Mensch, solange die Gesellschaft sich nicht als ganze verschönt, nur im Vorgriff als Bild des Erhabenen denkbar ist. Dieses Bild ist an den Todesaugenblick gebunden, weil es nur dadurch Dauer gewinnen kann, und es ist erhaben, weil es die freiwillige Absage an das materielle Sein verlangt um der geistigen Dauer des Schönen willen. Dass es diese geistige Dauer tatsächlich gibt, ist ein Glaube, ist Kunstreligion, die nicht ohne Todessehnsucht ist, und ihr dient eine Rhetorik, die ihren Ausgangspunkt dort zu erkennen gibt, wo sie sich von der politischen Inszenierung löst und in den Predigtton wechselt. 8 Hier schlägt Schiller dichterische Funken gerade aus der Abwehr des Gefühls. Er verbietet, wie Gottfried August Bürger erfahren musste (Über Bürgers Gedichte), den ungeschönten Ausdruck des Affekts; umso stärker ist rhetorisches Pathos gefordert, denn es muss die widersprüchliche Aufgabe lösen, eine seelische Erhebung hervorzurufen, welche tiefe Erschütterung mit der Freude an der geglückten Form 5 Auch das Erhabene wird durch die klägliche Gegenwart gerechtfertigt: »Unsere Tragödie, wenn wir eine solche hätten, hat mit der Ohnmacht, der Schlaffheit, der Charakterlosigkeit des Zeitgeistes und mit einer gemeinen Denkart zu ringen, sie muß also Kraft und Charakter zeigen, sie muß das Gemüt zu erschüttern, zu erheben, aber nicht aufzulösen suchen. Die Schönheit ist für ein glückliches Geschlecht; aber ein unglückliches muß man erhaben zu rühren suchen« (Brief an Süvern vom 26. Juli 1800, in: Briefe II. 1795-1805, 2002b [wie Anm. 1], S. 522). 6 Gerhard Kaiser: Vergötterung und Tod. Die thematische Einheit von Schillers Werk, Stuttgart 1967. Den Tod als eine Grundform von Schillers Erleben beschreibt schon Benno von Wiese: Friedrich Schiller, Stuttgart 1963, S. 44-52. 7 Kaiser 1967, S. 18. 8 Die Kritik am Rhetorischen und Konstruierten begleitet Schillers Werk von Anfang an, nicht zuletzt am Beispiel der Maria Stuart. Man braucht sie nicht mehr zu wiederholen. Eine psychologische Begründung für die Funktion des rhetorischen Pathos findet sich in der Forschung nicht.

Research paper thumbnail of Überlegungen zur Griechenland-Krise (Juli 2015)

Research paper thumbnail of Gedanken zu Tragödie und Kriminalroman (2015)

Unsere Zeit interessiert sich kaum mehr für die Tragödie, umso mehr aber für den Kriminalroman. M... more Unsere Zeit interessiert sich kaum mehr für die Tragödie, umso mehr aber für den Kriminalroman. Man kann das bedauern, aber seitdem die Tragödie mit Dürrenmatt bei der Endzeit angekommen ist -Brechts Dramen halten immer noch an der Möglichkeit eines besseren Lebens fest -, ist ihre Entwicklung am Ende. Sie versandet im Monologischen oder im Gerede (bei Botho Strauß, Thomas Bernhard, Heiner Müller, Peter Handke, Elfriede Jelinek). Wir werden darauf zurückkommen, doch zuerst wollen wir nach den Gattungsunterschieden fragen.

Research paper thumbnail of Mörikes Gedicht Im Frühling: Die Selbstbewusstwerdung des modernen Ich (2013)

Perspektiven. Das IX. Nordisch-Baltische Germanistentreffen (Acta Universitatis Stockholmiensis. Stockholmer Germanistische Forschungen 78). Stockholm University Library (wieder abgedruckt in meinem Buch Das Schreckliche und die Schönheit), 2013

Die Interpretation von Mörikes Gedicht soll zeigen, dass gerade das Epigonale sowohl modern als a... more Die Interpretation von Mörikes Gedicht soll zeigen, dass gerade das Epigonale sowohl modern als auch künstlerisch gelungen sein kann. Im Gedicht vollzieht sich Identität als Prozess: als Selbstbewusstwerdung eines Ich auf dem Weg zu sich selbst in Auseinandersetzung mit der Natur im biedermeierlichen Landschaftserlebnis. Dabei spricht das Gedicht die Unsagbarkeit des modernen Ich aus, ohne diese aufzuheben.

Research paper thumbnail of Die Enttäuschung am Leben, die Kunst, die Macht und der Tod. Thomas Manns Frühe Erzählungen (2012)

In: Ortrud Gutjahr (Hrsg): Thomas Mann. Jahrbuch für Literatur und Psychoanalyse 31. Würzburg: Königshausen & Neumann 2012, S. 119-141

Warum bemächtigt sich des Kindersinns So hohe Ahnung von den Lebensdingen, Daß dann die Dinge, we... more Warum bemächtigt sich des Kindersinns So hohe Ahnung von den Lebensdingen, Daß dann die Dinge, wenn sie wirklich sind, Nur schale Schauer des Erinnerns bringen? 2 Diese Frage des neunzehnjährigen Hugo von Hofmannsthal trieb im ausgehenden 19. Jahrhundert in Deutschland und Österreich eine ganze Generation um. Enttäuschung am banalen, geschäftlichen Leben und Angst vor den sich abzeichnenden gesellschaftlichen Konflikten bewegten die jungen Angehörigen eines Bildungsbürgertums, dessen Werte ihre gesellschaftsprägende Kraft zu verlieren begannen. Diejenigen unter ihnen, wie Hofmannsthal in Österreich, die Brüder Mann in Deutschland, die, aus gehobenem Bürgertum stammend, sich selbstverständlich und bewusst in der Welt des Schönen bewegten und sich ein Leben hinter Geschäftsbüchern, das ihnen als Erwachsenen vorgezeichnet schien, nicht vorstellen konnten, machten aus der Not eine Tugend, indem sie den Konflikt zwischen der von den Müttern geprägten künstlerischen Welt und der Vaterwelt geschäftlicher Pflichten literarisch verarbeiteten. So hilft die Kunst, eine Krise der künstlerischen Werte, die sich als Enttäuschung am Leben äußert, zu bewältigen. Freilich auf unterschiedliche Weise und mit unterschiedlichen Ergebnissen.

Research paper thumbnail of Deutsch als Sprache der humanistischen Wissenschaften (2012)

Wie krank ist die deutsche Sprache? Seit längerem tobt eine heftige Diskussion zwischen Sprachwis... more Wie krank ist die deutsche Sprache? Seit längerem tobt eine heftige Diskussion zwischen Sprachwissenschaftlern und Sprachpuristen. Die einen sind im Extremfall Technokraten, welche die Sprache als bewundernswertes homöostatisches System ansehen, das dort eine Beule ausbildet, wenn es hier eine Delle erhält. Sie wollen nichts regeln, nur beschreiben; für sie wird Gassensprache zum Soziolekt und Kiez-Deutsch ("Ich mach dich Messer") zum Schulfach. Die anderen plädieren im Extremfall für unveränderliche Normen. Die Diskussion ist deswegen wichtig, weil es hier nicht abstrakt um Sprache, sondern um sprachliche Identität geht. Diese wird ebenso wie nationale Identität von der Globalisierung bedroht, und auch wenn sprachliche und nationale Grenzen keineswegs immer übereinstimmen, so verschmelzen beide Bedrohungen miteinander im Empfinden der Menschen. Bedrohung der Identität ist aber eine ernste Sache, gar nicht so sehr von der Bedrohung körperlicher Unversehrtheit unterschieden.

Research paper thumbnail of Vom Genuss des Lesens. Erinnerung eines Literaturwissenschaftlers.

Eduard Beutner / Ulrike Tanzer (Hrsg.): lesen. heute. perspektiven (ide-extra 15). Innsbruck, Wien, Bozen: StudienVerlag S. 126-139, 2010

Research paper thumbnail of Die Kunst und das Abgründige. Zu Carole Martinez: La Terre qui penche (2016)

Vor einer Zeit geriet mir zufällig ein französischer Roman in die Hände. Ich hatte mir als Reisel... more Vor einer Zeit geriet mir zufällig ein französischer Roman in die Hände. Ich hatte mir als Reiselektüre für einen Flug von Kopenhagen nach Basel einen dänischen Roman mitgenommen, der mich alsbald langweilte, weil ich, offensichtlich im Gegensatz zu vielen dänischen Lesern, nicht finden kann, dass die Beschreibung eines halbproletarischen Kopenhagener Milieus unvermeidlich etwas Poetisches hat. In Basel sah ich dann einen französischen Roman, La Terre qui penche von Carole Martinez, welcher der Inhaltsangabe zufolge eine gewisse Verwandtschaft mit dem magischen Realismus der Zeit nach dem 2. Weltkrieg hat, jenes Verwischen der Grenze zwischen Tod und Leben, wie wir es etwa aus Jean Cocteaus wunderbarem Film Orphée kennen. Hier vermutete ich jenes Poetische, von dem ich in meinem Buch über die Verwandlung des Schrecklichen in die Schönheit geschrieben habe. Darin bestärkten mich die beiden Motti, eines von Nerval, der von der sehnsuchtsvollen Schönheit einer alten Trauermelodie schreibt, und eines aus den Wilden Schwänen von H. C. Andersen; es ist die Stelle, an der die Heldin erfährt, dass sie ihre verwandelten Brüder retten kann, wenn sie jedem von ihnen ein Hemd aus Brennnesseln webt, die auf dem Kirchhof wachsen. (Bei Andersen steht noch: "und vor deiner Höhle", aber Martinez wollte wohl die Todesnähe nicht stören.) In einem Radiointerview, das ich später im Internet hörte, hat sie das dann auch ganz so interpretiert: Die Kunst schafft aus dem Schrecklichen das Schöne und Rettende.

Research paper thumbnail of Anke Bennholdt-Thomsen / Alfredo Guzzoni: Aspekte empirischer Psychologie im 18. Jahrhundert und ihre literarische Resonanz (2014)

Astrid Lange-Kirchheim / Joachim Pfeiffer (Hg.): Film und Filmtheorie (Freiburger literaturpsychologische Gespräche 33) (Jahrbuch für Literatur und Psychoanalyse) 2014, S. 280-284

Research paper thumbnail of Dänisch-deutsche Doppelgänger. Transnationale und bikulturelle Literatur zwischen Barock und Moderne. Hg. von H. Detering, A.-B. Gerecke, J. de Mylius.  (2001)

Das achtzehnte Jahrhundert 25 (2001), H. 2, S. 284 f.

Wolf Wucherpfennig Dänisch-deutsche Doppelgänger. Transnationale und bikulturelle Literatur zwisc... more Wolf Wucherpfennig Dänisch-deutsche Doppelgänger. Transnationale und bikulturelle Literatur zwischen Barock und Moderne. Hg. von Heinrich Detering, Anne-Bitt Gerecke, Johan de Mylius. Göttingen: Wallstein 2001 (Grenzgänge. Studien zur skandinavisch-deutschen Literaturgeschichte, 3). Die hier behandelten Doppelgänger gehören, wie es sich für solche Gestalten ziemt, einem vergänglichen Zwischenreich an, sei es dem Bildungsraum zwischen Latein-und Volkskultur, dem religiösen Raum, den sich der Pietismus zwischen sichtbarer und unsichtbarer Welt einrichtete, oder dem bikulturellen Raum zwischen Deutschland und Dänemark. Vergängliche Räume, ganz gewiß, aber mit spezifischen

Research paper thumbnail of Malte Stein: „Sein Geliebtestes zu töten“. Literaturpsychologische Studien zum Geschlechter- und Generationskonflikt im erzählerischen Werk Theodor Storms (2007)

Freuds Aktualität. (Freiburger literaturpsychologische Gespräche. Jahrbuch für Literatur und Psychoanalyse 26).Würzburg: Königshausen & Neumann 2007), S. 286-288

Malte Stein: »Sein Geliebtestes zu töten«. Literaturpsychologische Studien zum Geschlechter-und G... more Malte Stein: »Sein Geliebtestes zu töten«. Literaturpsychologische Studien zum Geschlechter-und Generationenkonflikt im erzählerischen Werk Theodor Storms, Berlin: Erich Schmidt Verlag, 2005 (= Husumer Beiträge zur Storm-Forschung, Bd. 5) . -273 S., € 39,80.

Research paper thumbnail of Peter Rusterholz, Andreas Solbach (Hrsg.): Schweizer Literaturgeschichte (2007)

Text & Kontext 32 (2010), S. 181-188

Research paper thumbnail of Alexander Kosenina: Literarische Experimente auf dem Weg zum psychologischen Roman (2006)

Research paper thumbnail of Helmut Kuzmics / Gerald Mozetic: Literatur als Soziologie. Zum Verhältnis von gesellschaftlicher und literarischer Wirklichkeit. (2003)

Text & Kontext 12.2 (2004), S. 218-223

In der Studentenbewegung, vor dreißig, vierzig Jahren, konkurrierten zwei Emporkömmlinge, der Neo... more In der Studentenbewegung, vor dreißig, vierzig Jahren, konkurrierten zwei Emporkömmlinge, der Neopositivistismus (in Gestalt des Strukturalismus) und der Marxismus, miteinander um die Deutungshoheit im Reich der Literaturwissenschaft. Der Strukturalismus gewann. In einem ersten Schritt verbündete er sich mit der werkimmanenten Deutung und ließ das Problem der Vermittlung zwischen Realität und Fiktion, an dem der Marxismus arbeitete, links liegen. In einem zweiten Schritt verwandelte er sich in den Neostrukturalismus und propagierte den "lingustic turn"; das heißt er führte die gesellschaftliche Realität auf sprachliche Konstrukte (Diskurse) zurück und konnte damit seine Deutungshoheit auf nichtliterarische gesellschaftliche Phänomene ausweiten und das Vermittlungsproblem überflüssig machen.

Research paper thumbnail of Ludwig Janus (Hg.): Geboren im Krieg. Kindheitserfahrungen im 2. Weltkrieg und ihre Auswirkungen (2008)

Heinrich von Kleist (Freiburger literaturpsychologische Gespräche 27). Würzburg: Königshausen & Neumann 2008, S. 344-347

Ludwig Janus (Hg.): Geboren im Krieg. Kindheitserfahrungen im 2. Weltkrieg und ihre Auswirkungen.... more Ludwig Janus (Hg.): Geboren im Krieg. Kindheitserfahrungen im 2. Weltkrieg und ihre Auswirkungen. Gießen: Psychosozial-Verlag 2006, 324 S. Die Bearbeitung einer von Nationalsozialismus und Weltkrieg geprägten Kindheit ist, seitdem die Kriegskinder ins Alter gekommen sind und den Halt einer Berufsrolle verlieren, in eine neue Phase getreten: nicht mehr, wie in den ersten Jahren nach dem Weltkrieg, die existentialistische Verwandlung der Welt ins Absurde, in der bedrängende Schuld als zwar überall gegenwärtiges, aber abstraktes Phänomen besprochen werden konnte, nicht mehr die Abrechnung mit der Elterngeneration von einem

Research paper thumbnail of Mathias Hirsch (Hg.): Das Kindesopfer. Eine Grundlage unserer Kultur. (2006)

Heinrich von Kleist (Freiburger literaturpsychologische Gespräche 27). Würzburg: Königshausen & Neumann 2008, S. 318-322

Mathias Hirsch (Hg.): Das Kindesopfer. Eine Grundlage unserer Kultur. Gießen: Psychosozial-Verlag... more Mathias Hirsch (Hg.): Das Kindesopfer. Eine Grundlage unserer Kultur. Gießen: Psychosozial-Verlag 2006. 217 S. Kindesopfer gehören zur den mythischen Anfängen der Kulturen, dort, wo Gewalt durch Ritualisierung kanalisiert und als eine für das künftige Wohl der gesamten Gemeinschaft unerlässliche Handlung gerechtfertigt wird. Sie werden immer noch vollzogen in Kriegen, in denen junge Männer als Helden oder Märtyrer sterben, und sie machen ein entscheidendes Element der Tragödie aus. Mythos, Krieg, Kunst und am Rande auch Familiendynamik sind die Bereiche, über die sich die hier versammelten Beiträge erstrecken. Einleitend unterscheidet der Herausgeber zwischen einem älteren matriarchalen Opfer, das dem Erhalt naturzyklischer Ordnung, und einem jüngeren patriarchalen, das dem Erhalt gesellschaftlicher Ordnung dient.

Research paper thumbnail of Casimir Ulrich Boehlendorff: Geschichte der Helvetischen Revoluzion. Hg. Von Klaus Pezold (1998)

Text & Kontext 22 (1999), H. 1-2. Kopenhagen und München: Fink 2000 [faktisch 2001], S. 238-241

Schweizer Texte NF 12). Bern, Stuttgart, Wien: Haupt 1998, 271 S. Die "helvetische Revolution" st... more Schweizer Texte NF 12). Bern, Stuttgart, Wien: Haupt 1998, 271 S. Die "helvetische Revolution" stellt einen Wendepunkt der schweizerischen Geschichte dar. Im 18. Jahrhundert hatte sich in der Schweiz ein städtisches Handelspatriziat entwickelt, das nicht nur die Städte beherrschte, sondern weithin auch Landgemeinden unterworfen hatte. Meyers Konversations-Lexikon von 1896, das man in solchen Dingen auch heute noch mit Vorteil zu Rate ziehen kann, vermeldet unter dem Stichwort "Schweiz", daß "auch in der S. despotische Allmacht der Regierungen, Ungleichheit der Stände, Unfreiheit des Handels und Gewerbes, Glaubens-und Gewissenszwang, Zensur, unablösliche

Research paper thumbnail of Florian Huber: Durch Lesen sich selbst verstehen (2008)

Kindheiten. Jahrbuch für Literatur und Psychoanalyse 30. Würzburg: Königshausen & Neumann 2011, S. 219-222

Florian Huber: Durch Lesen sich selbst verstehen. Zum Verhältnis von Literatur und Identitätsbild... more Florian Huber: Durch Lesen sich selbst verstehen. Zum Verhältnis von Literatur und Identitätsbildung (Reflexive Sozialpsychologie 2). Bielefeld: transcript 2008. -245 S., € 24,80 Die Untersuchung besteht aus einem theoretischen Teil, in dem Forschungsliteratur zum Begriff der Identität sowie zum Verhältnis von Lesen und Identität vorgestellt wird, und aus Interviews, in denen einzelne Personen zur Bedeutung eines sie bewegenden Buches für ihre Biographie befragt werden.

Research paper thumbnail of Fricke: Das hört nicht auf. Trauma, Literatur und Empathie (2004)

Freuds Aktualität. (Freiburger literaturpsychologische Gespräche. Jahrbuch für Literatur und Psychoanalyse 26).Würzburg: Königshausen & Neumann 2007), S. 281-283

An 24 Beispielen untersucht Fricke, wie das traumatische Schlüsselerlebnis, wie traumatisierende ... more An 24 Beispielen untersucht Fricke, wie das traumatische Schlüsselerlebnis, wie traumatisierende Erlebnisreihen bei Vernachlässigung, Krieg und Folter oder wie posttraumatische Symptome künstlerisch wiedergegeben werden. Die Beispiele, teils einzelne Szenen, teils ganze Texte und Filme, reichen vom Rasen des Achill über die Kerkerszene im Urfaust bis zur derjenigen Szene im Comic, in der Batmans Eltern ermordet werden, von George Orwells 1984 bis zu Agota Kristofs Romantrilogie Le grand cahier, La preuve, Le troisième mensonge und zu den Romanen von Thomas Harris bzw. ihrer Verfilmung (Red Dragon [verfilmt als Manhunter] und The Silence of the Lambs).

Research paper thumbnail of Soldt: Ästhetische Erfahrungen (2007)

Goethe (Freiburger literaturpsychologische Gespräche 29). Würzburg: Königshausen & Neumann 2010, S. 370-374

Philipp Soldt (Hg.). Ästhetische Erfahrungen. Neue Wege zur Psychoanalyse künstlerischer Prozesse... more Philipp Soldt (Hg.). Ästhetische Erfahrungen. Neue Wege zur Psychoanalyse künstlerischer Prozesse (Imago). Gießen: Psychosozial Verlag 2007, 374 S., 18 € Die vielen hier gesammelten Aufsätze verwirren mit einer Fülle theoretischer Ansätze, teils auch mit einer wenig ergiebigen Überfülle theoretischer Erwägungen. Nimmt man dazu die Betonung der Neuartigkeit, so gibt das Buch sich als Ergebnis eines DFG-Projekts unter den Bedingungen der Globalisierung zu erkennen. Der gemeinsame Nenner ist wohl der, dass man Übereinstimmungen sucht zwischen dem psychoanalytischen Prozess und dem Prozess ästhetischer Wahrnehmung. Ästhetischer Wahrnehmung, nicht ästhetischer Analyse, denn der Herausgeber geht, die aisthesis-Diskussion der letzten Jahre aufgreifend, davon aus, dass alles zum Gegenstand ästhetischer Erfahrung werden kann, auch wenn das Kunstwerk dazu eher Anlass gibt als anderes. Das Ästhetische besteht dann im dialogischen Charakter des Rezeptionsprozesses. Tatsächlich scheint für den Herausgeber aber vom nachdrücklich betonten Dialogischen -das wäre wohl das Hin und Her der Hermeneutik zwischen den Einfällen des Interpreten und ihrer Kontrolle am Kunstgegenstand -nur noch die Produktion des Rezipienten übrig zu bleiben. Zwei Berichte, einer des Herausgebers Philipp Soldt, einer von Martin Wurthmann, über ein von Soldt geleitetes Bremer Forschungsprojekt bestätigen diesen Eindruck. Sie sind Protokolle von Assoziationen zu einem Kunstwerk, die einiges über den Assoziierenden, nichts über das Kunstwerk aussagen. Der Hinweis auf die aisthesis-Diskussion führt nicht dazu, Gegenstände von zuverlässiger Hässlichkeit zu untersuchen -tatsächlich gilt das Interesse der Beiträger nur malerischen, musikalischen oder literarischen Kunstwerken -, er dient lediglich der Begründung des Rezeptionsrelativismus. Die Vorliebe fürs Kunstwerk begründet Soldt in einem abschließenden Beitrag. Hier fragt er nach dem Mehr des Kunstwerkes gegenüber anderen Gegenständen, die ästhetische Erfahrungen auslösen. Er sieht es in der Metaphorik, womit er aufeinander bezogene Gegensätze meint, die szenisches Phantasieren herausfordern.

Research paper thumbnail of Krobb / Strümper-Krobb: Literaturvermittlung um 1900 (2004)

Text & Kontext 26.2 (2004), S. 224-227

Research paper thumbnail of Ein Buch fürs Kaffeehaus (Karlheinz Rossbacher: Lesen und Leben) (2013)

Dieses Buch muss man im Kaffeehaus lesen. Nicht Computer und Smartphone sind die richtigen Orte f... more Dieses Buch muss man im Kaffeehaus lesen. Nicht Computer und Smartphone sind die richtigen Orte für uns unbehauste Menschen der Moderne; in ihnen machen wir Ausflüge, um schnell wieder zu uns zurückzukehren, wo uns Frustration erwartet, denn als Kur gegen die Einsamkeit bieten sie die Selbstvergessenheit an. Im Kaffeehaus dagegen kann man draußen bei sich zuhaus sein. Man kann in einer Ecke sitzen und beobachten, besonders im Wiener Café mit seinen Spiegeln, über alles nachdenken und dann den Blick in solch ein Buch versenken, das einen dazu einlädt, noch mehr bei sich selbst zu sein und noch weiter in die Welt hinaus zu blicken. Man wird nicht von der Geschäftigkeit verschluckt, man beobachtet sie in Ruhe.

Research paper thumbnail of Kitsch und Political Correctness. Anlässlich von Markus Zusak: Die Bücherdiebin (26.10.2010)

Heute, nach 130 Seiten von 590, habe ich die Lektüre von Markus Zusaks Buch "Die Bücherdiebin" ab... more Heute, nach 130 Seiten von 590, habe ich die Lektüre von Markus Zusaks Buch "Die Bücherdiebin" abgebrochen. Ein SPIEGEL-Bestseller, von der Kritik hoch gelobt als Buch für Kinder und Erwachsene. Wie kann man ohne Übelkeit Sätze wie die folgenden lesen? "Denkt euch Fetzen und Splitter aus fließender Verzweiflung." "Seine sanfte Stimme bahnte sich in den Weg hinein, als ob sie durch eine Menschenmenge schlüpfte." "Seine Gedanken liefen kreuz und quer über die Tischplatte, die er unentwegt anstarrte." "Sein Gesicht stolperte über sich selbst." "Sie schaute auf und sah den Himmel niederkauern." Das soll poetisch sein und ist doch nichts als reiner Kitsch. "Nicht gesehen," hätte Walter Killy gesagt, dessen Buch über den Kitsch heute vergessen ist. Dazu eine stereotype Schwarz-Weiß-Zeichnung der Charaktere. Gewiss, Sentimentalität ist hier mit einem gewissen Humor verbunden, gewiss, die Teenager erfahren etwas von der Innenseite des Nationalsozialismus, vom dem sie nichts wissen. (Aber Victor Klemperers Tagebücher zeigen das besser.) Das ändert nichts daran, dass es miserable Literatur ist. Doch bei aller inneren Verlogenheit der sprachlichen Bilder ist es gut gemeint und politisch korrekt und wird darum reflexhaft gelobt. Leider sind literarische Qualität und politische Korrektheit keineswegs verschwistert. Um gleich ins Extrem zu gehen: Es gibt große Denker und Dichter, Martin Heidegger, Knut Hamsun, Louis-Ferdinand Céline und andere, die zumindest in einer Periode ihres Lebens überzeugte Nazis waren. Wie ist das möglich? Ich sehe zwei, miteinander zusammenhängende Erklärungsmöglichkeiten.

Research paper thumbnail of Überlegungen zu Charles Lewinsky: Melnitz (28.07.2010)

Es spricht nun ja nicht gerade gegen einen Roman, wenn ein alter Mann ihn mit der gleichen Spannu... more Es spricht nun ja nicht gerade gegen einen Roman, wenn ein alter Mann ihn mit der gleichen Spannung liest, mit der er als kleiner Junge in seinem Karl May schmökerte. Der Schweizer Charles Lewinsky verbindet in seinem Roman Melnitz (2006) detailgesättigte epische Fülle mit dramatischen Spannungsbögen aus verblüffenden Wendungen und nachträglichen Erhellungen. Er hat auch keine Angst vor den ganz großen Gefühlen, vor enttäuschter Liebe, vor Tapferkeit und Edelmut, Gefühle, die zumindest teilweise jedoch psychologisch durchleuchtet werden. Der Leser wird geführt von einem Erzähler, der alles weiß, was in den Personen und um sie herum vorgeht, aber nicht alles verrät, jedenfalls nicht gleich. Vor allem von den Schicksalsschlägen der europäischen Geschichte erfährt der Leser erst zusammen mit den Figuren. Manchmal will der Erzähler auch etwas nicht wissen, und dann kann ihm schon einmal eine Figur zur Karikatur geraten, wie jener Dr. Stern, ehemaliger Rabbiner, der nun den jüdischen Glauben bekämpft. Stern wird allein von außen gesehen und erscheint so wie eine Puppe aus eitler Selbstgerechtigkeit. Meistens aber herrscht ein spielerischer Wechsel von Außen-und Innenansicht, der Raum lässt für freundliche Ironie, wenn etwa der Erzähler erkennbar nur vorschützt, die eigentlichen Motive der Personen nicht zu kennen oder ihre unausgesprochenen Selbstrechtfertigungen kommentarlos referiert. Lewinsky schreibt effektbewusst, und hält doch die feine Grenze zur Effekthascherei fast immer ein; hier einer der ganz wenigen Ausrutscher: "Onkel Melnitz lachte. Warf sein Gelächter auf den Tisch, eine Hand voll scharfkantiger Kieselsteine." (S. 690). Das ist deplacierter Expressionismus, jedoch nicht ganz unverständlich, wo doch gleich von schrecklicher Grausamkeit der Christenmenschen die Rede sein wird.

Research paper thumbnail of Überlegungen zu Herman Charles Bosman: Mafeking Road (Büchergilde Gutenberg) (09.09.2010)

Aus dem guten literarischen Text spricht das Bewusstsein von der Gebrechlichkeit der irdischen Di... more Aus dem guten literarischen Text spricht das Bewusstsein von der Gebrechlichkeit der irdischen Dinge. Deswegen muss er nicht gleich vom Tod handeln. Es muss nicht immer ein Alter sterben, wenn zwei Junge heiraten, obwohl Fontanes alter Stechlin viel interessanter ist als das junge Paar. Wenn aber das Bewusstsein der Gebrechlichkeit nicht durchscheint, so fehlt Entscheidendes. Doch indem er von der Gebrechlichkeit erzählt, hält der Text auch das Dahingeschiedene am Leben, sowohl in der fiktiven als auch in der wirklichen Welt. Solange Goethe oder Flaubert nicht vergessen sind, bleiben Ottilie und Madame Bovary begraben und lebendig, so wie umgekehrt die Autoren durch ihr Werk vor dem Vergessen bewahrt wurden. Der Text ist, in Fiktion und Wirklichkeit, dort angesiedelt, wo die Wege der Toten und der Lebenden einander kreuzen. Das gilt auch für nicht erzählende Texte. Gedichte etwa verleihen dem Augenblick Ewigkeit, indem sie seine Vergänglichkeit ausstellen. Rilkes Blaue Hortensie verblüht ewig, wenigstens solange das Gedicht nicht vergessen wird.

Research paper thumbnail of Ein Brief. Anlässlich des Buches von Ludger Lütkehaus: Nichts. Abschied vom Sein, Ende der Angst (10.01.2011)

Lieber Freund, im Zusammenhang unseres Gesprächs über Theodizee und Tod haben Sie mir Ludger Lütk... more Lieber Freund, im Zusammenhang unseres Gesprächs über Theodizee und Tod haben Sie mir Ludger Lütkehausens Buch über das »Nichts« empfohlen. Ich kannte nur einen kleinen Teil der umfangreichen Buchproduktion meines früheren Freiburger Kommilitonen, überhaupt nicht dieses sein Hauptwerk. Nun habe ich das Buch gelesen, die letzten Seiten freilich nur überflogen, denn es enthält allzu viele Wiederholungen. Doch es ist kenntnisreich, anregend und sehr gut geschrieben. Eine kleine Philosophiegeschichte aus gekonnten Porträts. Vorzüglich ist das Nietzsche-Kapitel, es gibt auch manche schöne humoristische Stellen, vor allem im Camus-Kapitel. Den Untertitel »Ende der Angst« hätte er sich freilich sparen können. Das ordnet sein Buch der »Traktätchen-Literatur neuen Typs« zu, über die er sich lustig macht. Man kann sich kaum über solch ein Buch äußern, ohne ins Bekenntnishafte zu geraten. Darum habe ich länger gezögert, meinen Teil des Gesprächs öffentlich zu machen. Doch meine immer wieder bestätigte Überzeugung, dass das Persönlichste das ist, was alle gleichermaßen berührt, hat schließlich den Zweifel besiegt. Und sind, was Lütkehaus und die von ihm zitierten Philosophen geschrieben haben, nicht auch mehr oder (zumeist) weniger versteckte Bekenntnisse? Sie werden bemerken, dass ich Ihnen weniger eine Rezension, als vielmehr eine Antwort auf die Herausforderung des Buches sende. Es leuchtet mir ein, dass die Theodizee sich nach Gottes Tod in eine Anthropodizee verwandelt, die sie im Grunde schon vorher war. Das bedeutet auch, wie sich an Lütkehaus' Darstellung erkennen lässt, dass die Eigenschaften Gottes teilweise dem Sein, teilweise dem Menschen zugesprochen werden; bei Sartre etwa wird Gottes creatio ex nihilo zur Selbstbestimmung des Menschen aus bloßer Faktizität heraus. Mir leuchtet aber nicht ein, dass das Leben überhaupt sich rechtfertigen muss. Insofern halte ich Biodizee weiterhin für einen unangemessenen Begriff. Er würde ja einschließen, dass auch die Stechmücken sich verantworten müssten. Insofern hat die Theodizee-Problematik, haben die Streitereien der Kirchenväter, bei denen Sie sich bewundernswert gut auskennen, für mich eher akademischen Charakter. Existenziell berühren würden sie mich, wenn ich das Christentum bekämpfen wollte. Allerdings müsste ich dann konsequenterweise alle Religionen bekämpfen, und dazu gehören nicht nur diejenigen, die sich als solche bezeichnen, auch der Nationalsozialismus war eine Religion, auch der Glaube an die wissenschaftliche Unfehlbarkeit des dialektischen Materialismus. Die Verfolgung Trotzkis und anderer sogenannter Abweichler erinnert durchaus an Ketzerverfolgungen, und in der 68er Zeit habe ich genügend Streitereien und Wortklaubereien erlebt, die an die Auseinandersetzungen der Kirchenväter erinnern, auch Möchtegern-Führer kennengelernt, die, hätten sie nur die Macht dazu gehabt, Andersdenkende hätten exekutieren lassen. Religionen können das Beste und das Schlimmste im Menschen zum Vorschein bringen. Es ist falsch, den Menschen ihre Religion nehmen zu wollen. Man muss sie an ihren Taten messen, an ihrer Menschlichkeit oder Unmenschlichkeit, gleich welcher Religion sie folgen. Daher halte ich mich weiter an die Ringparabel von Lessings »Nathan«, die das praktische Handeln an die Stelle des »richtigen« Glaubens setzt.

Research paper thumbnail of Trauma und Rache. Überlegungen zu Jussi-Adler-Olsen (18.09. 2011)

Jetzt habe ich die ersten drei Romane von Jussi Adler-Olsen hinter mir, und dabei wird es wohl au... more Jetzt habe ich die ersten drei Romane von Jussi Adler-Olsen hinter mir, und dabei wird es wohl auch bleiben. Ich habe immer nur wenige Seiten am Stück lesen können, denn die Grausamkeit und Gefühllosigkeit, die einem hier entgegenschlägt, ist einfach überwältigend. Doch dann sagt man sich "Das darf es doch nicht gewesen sein!" und muss weiterlesen. Wer das vermeiden will, sollte gar nicht mit dem Lesen beginnen. Adler-Olsen schreibt einerseits ungemein realistisch, die Dialoge und Gedanken der Personen sind psychologisch durchdacht und glaubhaft, andererseits ist die Empathielosigkeit der Täter ganz unfassbar selbstverständlich. Man sagt sich "Nein, das darf nicht sein, das kann doch nicht sein!", aber es geschieht doch. So wird dem Leser die entscheidende Erfahrung der traumatischen Situation vermittelt. Die Lektüre selbst bekommt etwas Traumatisches.

Research paper thumbnail of Exsecratio Latin/English/Deutsch/Dansk: Curse on the Book-thief!

Exsecratio Latin/English/Deutsch/Dansk: Curse on the Book-thief!

Aigis, nordisk tidsskrift for klassiske studier, 2018, 1 [full text in link http://aigis.igl.ku.dk/aigis/2018,1/Vol.18,1.html\], 2018

Harry C. Schnur's Exsecratio, with translations and a comment, a.o.t. on the Carmina Priapea

Research paper thumbnail of Identitetspolitik &  Krænkelseskultur: To Limericks /  Identitätspolitik & Kränkungskultur: Zwei Limericks

Research paper thumbnail of 1667/2022: Unhappy New Year – Trælst Nytår – Trübes Neujahr

Disillusioned New Year's poem by the neolatin Danish Poet Zacharias Lund (1608-67), with Danish, ... more Disillusioned New Year's poem by the neolatin Danish Poet Zacharias Lund (1608-67), with Danish, German and English Translations

Research paper thumbnail of Mit fremden Augen (2019)

Research paper thumbnail of Nils Ferlin: Nattkvarter

När kroppens krematorium Wenn bald in Leibes Krematorium förbränt din själ till aska die Seele wi... more När kroppens krematorium Wenn bald in Leibes Krematorium förbränt din själ till aska die Seele wird zu Ascheflocken och snus och vin och opium und Wein samt Schnupftabak und Opium till föga fröjder för, geringe Freuden nur mehr geben, då tör du nöjsam, bror, och stum dann machst du, Bruder, stillvergnügt und stumm mot evigheten traska zur Ewigkeit dich auf die Socken. -det är en ren formalitet Die meisten tun allein der Form Genüge, för mången att han dör.

Research paper thumbnail of Bedingte Weltabsage. Autobiographische Reflexion über den letzten Anfang (Mai 2019)

Bedingte Weltabsage. Autobiographische Reflexion über den letzten Anfang Ich bin in einem Alter, ... more Bedingte Weltabsage. Autobiographische Reflexion über den letzten Anfang Ich bin in einem Alter, das manche nur noch als Tote erleben, in dem andere nur noch Präsident oder Papst werden, nachdem sie für untergeordnete Stellen nicht mehr zu brauchen sind. So scheiden sich am irdischen Ende die Geister und die Körper untereinander. Dass man etwas selbst erfahren muss, um es zu kennen, gilt auch für das Alter. Ich hatte es mir bis jetzt anders, oder eigentlich gar nicht richtig vorgestellt. Und dann tue ich, was die anderen Alten auch tun, so weit sie Intellektuelle sind: Vor ein paar Jahren schon schrieb ich eine Autobiographie, und jetzt versuche ich mich an einer Art abschließender Selbstbesinnung. Allerdings bin ich in einer anderen Situation als die Alten vor mir. Ich sehe nicht nur mein Ende nahen, sondern in zufälligem Zusammenfall auch das der menschlichen Zivilisation. Das ist in der Zeit des Anthropozän etwas ganz anderes und Rationaleres als die Weltuntergangsängste mancher früherer Epochen. Gerade hat mir das Herz signalisiert, dass es etwas außer Takt gerät. Kein Wunder, es spiegelt den Weltzustand. Der häufige Trost, dass es nach dem eigenen Tod doch irgendwie weitergehe, wenn nicht mit der Familie, so wenigstens mit der Menschheit, funktioniert nicht mehr. Mich hat er sowieso noch nie angesprochen. Warum soll das bloße Weitergehen, Slogan konservativer Parteien ("Keine Experimente", Weiter so"), in irgendeiner Weise positiv sein?

Research paper thumbnail of Ein Verfall. Aus dem Tagebuch von Udo Wanz (2019)

Dieser Text ist eine Satire nach niederländischem Vorbild. Sie handelt von den "kleinen Seelen" (... more Dieser Text ist eine Satire nach niederländischem Vorbild. Sie handelt von den "kleinen Seelen" (Couperus) und erinnert an Batavus Droogstoppel, aber auch an Bertolt Brechts Schlachterkönig.

Research paper thumbnail of Der Aufstand der Zellen  (Februar 2018)

Research paper thumbnail of Der Heimatlose (November 2017, neue Version September 2018))

Als er geboren wurde, im kleinen Städtchen Idar, das neun Jahre vorher mit der Nachbarstadt Obers... more Als er geboren wurde, im kleinen Städtchen Idar, das neun Jahre vorher mit der Nachbarstadt Oberstein zu einer einzigen Gemeinde zusammengelegt worden war, dröhnten Motoren hoch in der Luft, ein finsterer Ton, an den auch der alte Mann sich noch ganz genau erinnern würde. Von Bomben blieb das Städtchen weitgehend verschont, die fielen weiter weg über der Großstadt, wo kleine Extrawölkchen am Himmelszelt auf Fontänen aus Schutt und Leibern und auf Brände am Boden antworteten, wo auch Verwandte des Kindes in den Trümmern den Tod fanden. Es war Krieg, nicht jener kleine alte, der von Ort zu Ort hüpfte oder sich einmal hier, einmal dort über die Landkarte schlängelte, sondern der große neue, der seitdem den ganzen Erdball in seiner hohlen Hand hält. Das Kind lernte die Gemütlichkeit von Kellern und Höhlen kennen, aber auch, in den Pausen des großen Schauspiels, die Wälder und Berge, wo es sein kleines Theater für sich selber spielte, so wie die Phantasie es ihm eingab. Es wuchs heran, ging zur Schule, studierte, und der Mann lebte, ohne sich dessen bewusst zu sein, im Schatten des ewigen, inzwischen globalen Krieges. Er war sich dessen nicht bewusst, denn die großen Feuer waren anderswo, und die Opfer, oft Tausende auf einen Schlag, starben anderswo. Auch im Krieg der Reichen gegen die Armen wurde er nicht selbst getroffen, der war nur wie ein drohendes Rauschen um ihn herum.

Research paper thumbnail of Der Archäologe (November 2017)

Wenigstens funktionieren die Bremsraketen, dachte Mingh, als seine Rettungskapsel sich durch heiß... more Wenigstens funktionieren die Bremsraketen, dachte Mingh, als seine Rettungskapsel sich durch heißen Dunst auf den Ozean des fremden Planeten senkte. Sein Raumgleiter verglühte als roter Punkt in der Ferne. Mit einem leichten Stoß setzte die Kapsel auf, tauchte ins Wasser ein, sprang wieder heraus, um dann von einer kräftigen Meeresströmung fortgetrieben zu werden. 70 Grad Außentemperatur und eine ausgeglichene Mischung von Kohlendioxyd und Sauerstoff wurden ihm angezeigt. Das hätte ich auch bequem von weiter oben erfahren können, dache Mingh, dafür hätte ich nicht abstürzen müssen. Hätte ich die Landekapsel wie geplant absetzen können, dann wüssten die da draußen genau so gut, wie schnell oder langsam das Wasser verdunstet. Er hakte den Messapparat seiner Rettungskapsel aus, der gleich darauf neben der Rettungskapsel schwamm und, wie Mingh befriedigt feststellte, brav seine Messungen hinauf funkte. Auch das Notsignal funktionierte.

Research paper thumbnail of Gedichte.docx

Research paper thumbnail of Freundschaft (September 2016)

"Nun, Lysis, willst du nicht einmal aufblicken von deinem Smartphone?" Lysis hob die Augen und sa... more "Nun, Lysis, willst du nicht einmal aufblicken von deinem Smartphone?" Lysis hob die Augen und sah einen alten Mann mit Pferdeschwanz in zerrissenen Jeans und geflicktem Hemd, eine Bierflasche in der Hand, auf einer Parkbank sitzen. Er errötete, als er Sokrates erkannte. "Immer noch der feine Pinkel, mit Anzug und Krawatte," sagte Sokrates, "aber das hilft dir auch nicht zum Menschwerden, solange du in einer Maschine liest, statt dich im lebendigen Gespräch zu bilden. "Entschuldige, Sokrates," sagte Lysis, "ich habe gerade den Namen Platon bei Wikipedia eingegeben, um vielleicht etwas mehr über unser Gespräch zu erfahren, das neulich so plötzlich von den Erziehern abgebrochen wurde."

Research paper thumbnail of Von denen Seelen (Juli 2016)

fühlte ein Beben, nicht so wie ein Erdbeben; nicht der Grund, auf dem es stand, bewegte sich, son... more fühlte ein Beben, nicht so wie ein Erdbeben; nicht der Grund, auf dem es stand, bewegte sich, sondern das Netz der unsichtbaren Fäden, die es mit allem verbanden, was ist, begann zu zittern, erst leise, dann immer heftiger, und schließlich ward ihm eine Botschaft zuteil: Es war einberufen zum Erdendienst. Dann war wieder alles ruhig, nur die Botschaft stand ganz ruhig und unbeweglich vor ihm oder auch in ihm.

Research paper thumbnail of Das Märchen von der Entstehung des Märchens (Dez.2015)

Wieder einmal beschloss der erleuchtete Gott Rama, unter Menschen zu wandeln. Als er sich umblick... more Wieder einmal beschloss der erleuchtete Gott Rama, unter Menschen zu wandeln. Als er sich umblickte, sah er Krieg und Chaos so wie früher auch.

Research paper thumbnail of Das Glück (Nov. 2015)

Als Gott die Welt erschaffen hatte, alle Dinge, alle Lebewesen, auch den Menschen, und mit allede... more Als Gott die Welt erschaffen hatte, alle Dinge, alle Lebewesen, auch den Menschen, und mit alledem auch die Zeit, da sah er, dass es nicht gut war. Nun konnte er seine Schöpfung aber auch nicht rückgängig machen, so als wäre sie nie gewesen, denn dann hätte es ja eine Zeit vor der Schöpfung und eine Zeit nach ihr gegeben, also eben Zeit. Die Zeit ließ sich nicht mehr abschaffen. Das begriff er freilich erst spät, zunächst einmal wollte er sich nur die Möglichkeit offenhalten, die Rückgängigmachung selbst wieder rückgängig zu machen, und deshalb gab er Noah die Idee mit der Arche ein. Erst als die Sintflut schon alles außer der Arche zerstört hatte, sah er ein, dass er den Folgen seines Tuns nicht gebieten konnte, schüttelte resigniert den Kopf und ließ die Dinge laufen, wie sie nun einmal liefen.

Research paper thumbnail of Alles nur ein Spiel (2. Fassg. 24.9.15)

Das Schreckliche auszusprechen, dachte er, ist ein Sieg des Geistes. Denn er zwingt damit das Übe... more Das Schreckliche auszusprechen, dachte er, ist ein Sieg des Geistes. Denn er zwingt damit das Übermächtige, das uns widerfährt, in die Regeln der Sprache. Das um so mehr, wenn wir in dichterischer Sprache reden, denn dann unterwerfen wir das Faktische dem Zwang der Form, die ihren eigenen Gesetzen gehorcht, unter anderem auch demjenigen, dass die Form dem Inhalt angemessen sei, denn das kann nur geschehen, wenn der Inhalt sich dem Maß der Form fügt. Wenn Dichten, wie Nietzsche sagt, ein Tanz in Ketten ist, dann ist es nicht nur ein Sieg über die Ketten, sondern auch ein Sieg über das Ausgesagte, das damit in Ketten gelegt wird. Im kreativen Akt gilt dem Ausgesagten das Interesse nur soweit, als es tänzerisch zu bewältigender Stoff ist. Was man Vernichtung der Materie durch die künstlerische Form genannt hat, ist eine Befreiung vom Materiellen. Aber das heißt nicht, beeilte er sich hinzuzudenken, dass wir das Materielle gänzlich verleugnen müssen. Mit dem Vers, mit Reim und Rhythmus, schützen wir uns vor dem zerstörerischen Chaos unserer Welt, ohne doch unsere Körperlichkeit zu verleugnen, die nach Zusammenklang und Rhythmus verlangt. Das Entscheidende aber bliebt die Macht des Geistes. Oder nicht? Alles Materielle, so dachte er weiter, ist Formverwandlung, immer neue Zusammenstellung von mehr oder weniger elementaren Bauteilen, bis sie irgendwann ihr thermodynamisches Ende findet. Galt das auch für Geistiges? War Geistiges nicht einzigartig, etwas, das sich nicht zu anderer Form, sondern zum Formlosen verhält? Bei materieller Verwandlung gibt es kein Nichts, eines wird lediglich zu einem anderen. Hier ist die Frage: Wie kommt es, dass etwas nicht mehr ist, sondern ein anderes? Geistige Verwandlung hingegen musste doch etwas Anderes, Grundsätzlichere sein. Wie kommt es, dass etwas ist und nicht eher nichts, wäre hier zu fragen. Geistiges wäre also Auseinandersetzung mit dem Nichts, ein Sieg über das Nichts, doch natürlich einer, der durch die nächste materielle Verwandlung, Veränderung des Mediums, in dem das geistige Produkt erscheint, vom Gehirn bis zur Festplatte, wieder zunichte wird. Gerne hätten wir ein ewiges Reich des Geistes, ganz ohne materielle Unterlage; das wäre der Traum der Religionen. Doch das Reich des Geistes ist an die Materie gebunden. Oder? Er lächelte und murmelte: May the force be with you.

Research paper thumbnail of Sonnensturm (09.06.14)

Früher hatte man Sprichwörter und prächtige Phantasien, mit denen man seinem Ende begegnete. Etwa... more Früher hatte man Sprichwörter und prächtige Phantasien, mit denen man seinem Ende begegnete. Etwa so: Er sagte: "Wenn das Haus fertig ist, kommt der Tod", und sah jenen langsam heraufkommen über die von geflügelten Löwen getragene Brücke des Palastes des fertigen Hauses, angefüllt mit der wundervollen Beute des Lebens. Heute wünscht man sich einen einsamen Tod, fern von den Maschinen, die das Stück Fleisch, das sie nicht mehr am Leben erhalten können, auszuschlachten beginnen. Richard wachte manchmal nachts aus einem Traum auf, er könne nicht mehr nach Hause finden, und das Bewusstsein, fremd zu sein in einer bösen Welt, schlug ihn wie mit einer Keule. Er wünschte sich, einen einsamen Tod zu sterben, irgendwo auf einer Anhöhe mit einem Blick hinunter über die Weite des Meeres und hinauf in den unendlichen Sternenhimmel, vor dem Tausende von Jahren wie ein Tag sind. Mit einer Musik im Kopfhörer, die ihn an die Lieder erinnerte, mit denen die Großmutter ihn als Kind in den Schlaf gesungen hatte, mit einem Sonnenuntergang, der ihn daran erinnerte, wie er als Kind selig einschlief, während ein Lichtschein durch den Türspalt aus dem Nebenzimmer drang, in dem die Großeltern sich leise unterhielten. Früher hatte er einmal daran gedacht, an den Ort seiner Kindheit zurückzukehren, aber der war ihm längst fremd geworden. Mit der rechten Musik in rechter Umgebung, draußen in der Natur bei freundlichem Wetter war er der Kindheit seelisch am nächsten. Hier einschlafen, so wie er als Kind eingeschlafen war, das war sein Wunsch. Die Pillen dazu hatte er sich schon seit langem besorgt. Im Ausland unter falschem Namen, um keinen Verdacht zu erregen. Denn nichts, was er tat, entging der Kontrolle. Er konnte den Chip in seiner Brust nicht abstellen, der seinen Standort, seinen Herzschlag und den Blutdruck zum Ministerium für Sicherheit und Wohlfahrt funkte. Hier würde man einen unerlaubten Selbstmordversuch sofort entdecken und ihn verhaften lassen. Mit Grausen dachte er an die Umerziehungsanstalt für positives Denken und effektives Leben, in die man ihn dann einliefern würde. Ein Freund, der verurteilt worden war, weil er einen Polizisten angezeigt hatte, war zur Strafe in eine solche Anstalt eingeliefert worden; er sprach nicht darüber, nur einmal, als er sich betrunken hatte, erzählte er Richard, wie man einen Insassen langsam ums Leben gebracht hatte; der Mann war ein kleiner Bankangestellter, der seinen Chef wegen Geldwäsche angezeigt hatte. Bald nachdem er Richard davon erzählt hatte, starb der Freund bei einem Verkehrsunfall. Richard konnte den Chip nicht entfernen, er war kein Arzt, und es würde auch sogleich bemerkt werden. Einmal legte er sich einen starken Magneten auf die Brust, um die Funkverbindung zu stören. Nach zwei Minuten klingelte sein Handy Sturm, und eine wütende Stimme befahl ihm, den Unfug zu unterlassen. So setzte er sich öfter auf die Bank, dort, auf der Anhöhe, wo er einzuschlafen wünschte, um das Weltvergessen zu üben oder um über Möglichkeiten nachzudenken, sich doch dem Kontrollsystem zu entziehen. Bis er eines Tages entdeckte, dass im Spalt eines geborstenen Baumes, in

Research paper thumbnail of Angst (29.04.14)

Man wird mich nicht davon überzeugen, dass Amoklauf nicht ein Protest gegen ständige Forderungen ... more Man wird mich nicht davon überzeugen, dass Amoklauf nicht ein Protest gegen ständige Forderungen eines gleichgültigen Daseins ist. "Und dann schoss er, und dann schoss er, und dann schoss er" wiederholt Hans zwanghaft, wenn er nachts aufwacht, und richtet sein Gedankengewehr gegen das Leben, so hilflos wie ein Soldat in einem Science Fiction Film, der auf ein unverletzliches gespenstisches Wesen schießt. Denn nicht den Tod fürchtet er, sondern das Leben, oder eher die Angst vor dem Leben. Hans könnte sich vorstellen, so wie andere durchgedrehte junge Menschen, durch eine Schule oder ein Warenhaus zu laufen und alle abzuknallen. Doch er wird es nie tun, denn er weiß, dass die anderen weder besser noch glücklicher noch wichtiger sind als er. Er weiß: es ist überall das gleiche Elend. Für die höheren Mächte, falls es sie gibt, ist dieses Wissen, das auf Gleichgültigkeit mit Gleichgültigkeit antwortet, zweifellos eine Herausforderung. Jedenfalls erhielt Hans eines Tages eine Mail von dem merkwürdigen Absender angstfabrik@ubique.ens: Wie kann man Angst beschreiben? Wenn ihre feurigen Flügel über einem zusammenschlagen und einem das Blut in den Ohren rauscht, wenn man in ihrem brausenden Meer versinkt und von den Wellen an eine ferne Insel gespült wird, wo einem der Galgen schon errichtet ist? Doch was ein Galgen scheint, ist ein Totenmal, eines von unüberschaubar vielen, eines für jeden, auch für die noch Lebenden. So ist ja auch, was wir Stammbaum nennen, kein grüner Baum des Lebens, sondern ein toter, stiller Wald. Den Totenwald durchschreiten die Engel des Lebens. Der Kinder Engel sind wie die auf Öldruck-Bildern Mit segnender Gebärde und mit sehr viel Güte, Bis sie allmählich dann vergilben und verwildern, An ganz Vergessenes uns vag erinnernd, So wie ein buntes Blatt an eine ferne Blüte. Doch manche Engel wachsen über ihre Leben Hinaus wie Stalagmiten, und mit strengen Mienen, Die nicht vergessen können und erst spät vergeben, Und die den Leben, diese überdauernd, Indem sie sie befestigen, für immer dienen. Die Engel breiten den Schimmer der Sehnsucht über den Wald, und sie verwandeln die Leben in Werke und Taten und die toten Bäume in Gedenksäulen. Aus bloßer Dauer entsteht so Vergangenheit und Zukunft und schließlich der schöne Schein der Kunst. Doch die Brandung der Angst frisst die Insel auf, Stück um Stück. Wenn die Insel aber versunken ist im Meer, dann gibt es keine Angst mehr, nur noch reines Vergessen. Hans war verwirrt; der Text sprach ihn an, aber er verstand kein Wort. Doch nachts träumte er davon. Er verließ das Haus, ging durch seltsam leere Straßen, die in einem fahlen Licht lagen. Hier und da standen Menschen, immer den Rücken ihm zugekehrt. Dennoch sprach er einen an: "Können Sie mir sagen, wo die Angstfabrik liegt?" Die Gestalt drehte sich um; ein Gesicht aus Stroh und Kohlenaugen, das Gesicht einer Vogelscheuche, sah ihn an, ein Arm hob sich nach der Seite. Hans folgte der Richtung, die Straßen wurden dunstiger und dunkler. Nach einiger Zeit tauchte in der Ferne, hinter der nun kerzengeraden Straße, ein Fabrikgebäude auf mit einem Schlot, an dessen Spitze ein Er fühlte, wie der Sarg sich aus dem Gehäuse bewegte, auf einmal wusste er: der Park war ja ein Totenwald! Dann schwand sein Bewusstsein. Als er wieder zu sich kam, sah er den Sarg von außen und war zugleich noch drinnen. Drinnen fühlte er ein leichtes Schwanken, von außen sah er den Sarg vorne quer in einem Boot, dahinter aufrecht stehend einen Mönch in weißer Kutte, hinter ihm einen Ruderer. Das Boot bewegte sich auf eine kleine Insel zu mit steil aufragenden Felswänden in einem Halbkreis, in der Mitte ein kleiner Ankerplatz mit ein paar hohen finsteren Tannen. Hans wusste: Das war die Toteninsel, und man würde ihn in dem kleinen Stückchen Erde begraben oder in einem der Löcher verstauen, die in halber Höhe in den Fels geschlagen waren. Aber sollten nicht Engel da sein? Wo waren die Engel! Hans erwachte. Obwohl er noch in Schweiß gebadet war, musste er lächeln: Die höheren Mächte gaben sich doch viel Mühe mit ihm. Er schloss wieder die Augen. Als er diesmal das Haus verließ, geriet er in einen Faschingsumzug. Eine Reihe von Personen tanzte an ihm vorbei, die Frauen zumeist tief dekolletiert, in weiten langen Röcken, einige aber auch in Reifröcken, die Männer in Kniehosen, manche auch in langen weiten Hosen, die meisten mit einer kurzen Zipfelmütze auf dem Kopf, fast alle mit Hirtenstab und Hirtenflöte. Sie spielten und sangen, viele winkten ihm zu. Die Tanzenden waren jeweils in ähnlich gekleidete Gruppen eingeteilt, vor jeder Gruppe trug eine Person ein Schild, einmal stand darauf Tendre sur Estime, einmal Tendre sur Reconnaissance, einmal Tendre sur Inclination. Eine Hirtin aus der letzten Gruppe reichte Hans die Hand, er tanzte mit und bemerkte erstaunt, dass auch er ein Hirtenkostüm trug. Um ihn herum hüpften kleine Putten mit angeklebten Flügeln. Aha, die Engelchen, dachte er. Der Händedruck seiner Tänzerin elektrisierte Hans. Er hätte ewig so weitertanzen können. Kaum bemerkte er, dass sie schon am Stadtrand waren. Am Wegesrand lag ein Einspänner auf der Rückseite, den Boden den Tänzern zugewendet, die beiden Deichseln ragten in die Luft; Hans musste an eine Guillotine mit heruntergelassenem Fallbeil denken. Der Boden der Kutsche, der zunächst wie ein Fallbeil ausgesehen hatte, war hell und glatt; alle, die vorbeitanzten, spiegelten sich darin, aber als Skelette, so als tanzten sie durch Röntgenstrahlen. Die schöne Tänzerin lachte, als sie sah, wie Hans sich zurückwandte. "Carpe diem", rief sie, "wenn du weißt, was das heißt. Auf nach Kythera! Voyageons à Cythère!" und zeigte auf einen Wegweiser, auf dem stand: La mer dangereuse. Es dauerte nicht lange, so erreichten sie den Hafen und tanzten, ohne anzuhalten, auf eine große Fähre. Ihr Name war Aphrodite. Der Kapitän selbst -er nannte sich Charles -begrüßte sie mit Blumenkränzen. Das ganze Deck war eine große Tanzfläche inmitten von künstlichen Lauben. Es wurden Erfrischungen gereicht, man lachte und tanzte unermüdlich -die Älteren waren verschwunden oder durch irgendeinen Zauber verjüngt -, immer häufiger lagen Paare einander zärtlich in den Armen, und immer wieder zog ein Pärchen sich in eine der Lauben zurück. Nur kurz dauerte die Überfahrt, bald langte man vor der Insel an, in blumengeschmückten Booten segelten die Glücklichen an Land, und dort, am Strand und am lichten Waldrand setzte sich das frohe Treiben fort.

Research paper thumbnail of Maya singt (20.04.14)

Nur ein leises Summen deutete an, dass die Landephase begonnen hatte. Alles regelten die Computer:

Research paper thumbnail of Der Anbeginn (13.03.2013)

Wie es damals war, vor dem Urknall? Ja, wie soll ich das erklären? Wenn ich sagte: Wir lebten auß... more Wie es damals war, vor dem Urknall? Ja, wie soll ich das erklären? Wenn ich sagte: Wir lebten außerhalb des Raums, so wäre das verkehrt, denn es gab ja noch keinen Raum. Und "Wir" könnte ich eigentlich auch nicht sagen, denn es gab ja noch keinen Unterschied zwischen dem Einen und dem Anderen. Weder Ich noch Wir -eher so etwas wie reines Bewusstsein, aber kein Selbstbewusstsein, denn das setzt ja auch einen Unterschied voraus.

Research paper thumbnail of Den gode smag. En kulturhistorisk forelæsning om en æstetik (2002)

Foredrag ved Roskilde Universitetscenter. En tidligere version af min tyske artikel om europæiske... more Foredrag ved Roskilde Universitetscenter. En tidligere version af min tyske artikel om europæiske klassiske epoker

Research paper thumbnail of Tale ved et ph.d-forsvar

AEstetisering og hverdagsaestetik i tysk poplitteratur i 1990'erne (RUC 2013) Sofie forbinder ais... more AEstetisering og hverdagsaestetik i tysk poplitteratur i 1990'erne (RUC 2013) Sofie forbinder aisthesisdiskussionen og popdiskussionen. Her udviser hun stor viden.

Research paper thumbnail of Oratio funebris artium liberalium (2011)

Research paper thumbnail of Endnu en tale til enhver afskedsreception (2011)

Kaere N. N. Bladet forlader traeet, triller ned og møder, måske i en hel del år endnu, tilvaerels... more Kaere N. N. Bladet forlader traeet, triller ned og møder, måske i en hel del år endnu, tilvaerelsens lethed, som nogle godt kan lide, andre dog føler, er noget ulideligt. Traeet består fortsat, det er det samme og dog ikke. Bladene er snart udskiftede, den administrative stam består i tiltagende grad af afdøde celler, alene den studentikose bevaegelse direkte under barken sørger for, at der er liv mellem tidens rødder og bladene, traeets forbindelse med ånden, der, som bekendt, hviler i luften. Det er det, man med afsat i Hegel, hvis filosofi i bund og grund er identitetsfilosofi, kan sige om institutionen universitet helt generelt. Det saerlige ved det moderne universitet er, at det er del af en kongelig have. Kongen hedder videnskabsminister, denne har ansat mange landskabsarkitekter og gartnere, som hedder rektorer, dekaner osv. osv., og forskellige styrende kollegier, som hedder evaluerings-og akkrediteringscentre o l. Deres opgave er at beskaere traeerne, så de er helt ensartede, dog med såkaldte individuelle brands, der består af standardiserede elementer, ligesom biler, der har samme motor, men udvendig ser ud som Volkswagen, Seat eller Skoda. Disse geometriske haver kaldes Potemkins reklamerende universitetskulisser eller kort: Penkowa-haver.

Research paper thumbnail of Tale der kan bruges ved enhver afskedsreception (2010)

Kaere nyfødte. Velkommen i dit nye liv. Lad mig vaere din sjaelefører, din moderne Hermes så at s... more Kaere nyfødte. Velkommen i dit nye liv. Lad mig vaere din sjaelefører, din moderne Hermes så at sige, der vejleder dig på de første skridt i det endnu ukendte. Lige nu har du den sjaeldne fornøjelse at høre dine egne nekrologer i levende live. Nyd det! Ikke alene fordi "de mortuis nil nisi bene" også gaelder her, men først og fremmest, fordi receptionen er en slags dilettantteater. Der findes dem, der bare fremsiger deres tekst, oplaeser dit CV, som ikke interesserer dem, og beskriver dine bøger (hvis du altså har skrevet noget), som de ikke har laest, og roser din undervisning, som de ikke har deltaget i. Rigtig sjove er de, der tror på det, de siger. (Du ved bedre.) Nogle vil bare sige nogle venlige ord, fordi de har en anelse om, at de engang kommer i samme situation, nogle vil først og fremmest fortaelle om sig selv. Og måske findes der i sjaeldne tilfaelde en god skuespiller, der har forstand på det retoriske spil for galleriet og gør det til en hyggelig og munter oplevelse. Skulle det ske, så giv ham eller hende drikkepenge. Så viser du, at du har aestetisk sans; der findes ikke mere mange, der har.

Research paper thumbnail of Tale ved en doktordisputats (2012)

Lad mig begynde med en bemaerkning om Valérys aktualitet. Vi lever i en tid, hvor nyliberale økon... more Lad mig begynde med en bemaerkning om Valérys aktualitet. Vi lever i en tid, hvor nyliberale økonomer har fået politikere til at kraeve, at videnskaberne skal vaere til nytte, alt imens nyttevaerdi udskiftes med byttevaerdi, således at videnskabernes nytte ikke mere består i, at de fører til det gode og rigtige liv, nyttevaerdien ifølge den gode gamle Aristoteles, men i, at de skaffer flere penge til virksomhederne, inklusive de universitaere foretagender. 2 Tilsvarende bliver alt, viden og mennesker, standardiseret for at kunne måles i tal og penge og beregnes i matematiske formler, og den videnskabelige diskussion om, hvad mennesket og dens verden er og bør vaere, forvandles til tom reklamesnak, der adlyder princippet: fra fup til faktura. 3 Det tilsvarende paedagogiske ideal består i et menneske, der er et selvrefleksionsfrit konglomerat af såkaldte kompetencer, som kan udskiftes eller fornyes efter markedets behov. 4 I sådan en tid minder beskaeftigelsen med Valéry om en kunstnerisk etik, der ikke består i denne eller hin politiske stillingtagen, men i selve det kunstneriske arbejdes kraevende alvor ved at skabe det saerlige, der netop ikke kan byttes. For Valéry er kunstvaerket noget så absolut, at det bliver umenneskeligt, fjernt fra alt føleri, netop for at bevare det menneskelige over for byttevaerdiens standardiserende ligegyldighed. Således roser Valéry

Research paper thumbnail of Georg Brandes-KE Franzos: Ein Briefwechsel

Der Briefwechsel zwischen Georg Brandes und Karl Emil Franzos wird hier zum erstenmal veröffentli... more Der Briefwechsel zwischen Georg Brandes und Karl Emil Franzos wird hier zum erstenmal veröffentlicht. Die Briefe sind so wiedergegeben, wie sie geschrieben wurden, das heißt ohne Berichtigungen von Fehlern in Orthographie und Zeichensetzung. Auch unkorrekte ...

Research paper thumbnail of A. V. Wernsing: Über die Mühe (Januar 2017)

Über die Mühe, der letzte Text, den mein am 1.4.2017 verstorbener Freund Armin Volkmar Wernsing k... more Über die Mühe, der letzte Text, den mein am 1.4.2017 verstorbener Freund Armin Volkmar Wernsing kurz vor seinem Tod auf seine Homepage gestellt hat, zeugt von dem nimmermüden Kampf um eine menschenwürdige Pädagogik, der seinem Berufsleben Ziel und Sinn gegeben hat. Damit dieser Text nicht zusammen mit seiner Homepage verschwindet, gebe ich ihn hier noch einmal wieder, zusammen mit einem Nachruf auf einen großen Lehrer.) Armin Volkmar Wernsing Über die Mühe Da erschrickt man. Zu einem Filmchen mit dem Titel "Pimprenelle", das auch im Internet zu sehen ist (https://www.youtube.com/watch?v=lhtUTIIN1Ns), kaum sechs Minuten dauert es, schreibt eine Studentin als Hausarbeit eine Inhaltsangabe, die so lautet. Résumé du film "Pimprenelle"

Research paper thumbnail of Rendita Raáb: Dänemark Und Die Ungarische Revolution Im Jahre 1848

Rendita Raáb: Dänemark Und Die Ungarische Revolution Im Jahre 1848

Die Sache der deutschen Einheit erhitzte in beiden Ländern die Gemüter, nur mit entgegengesetzten... more Die Sache der deutschen Einheit erhitzte in beiden Ländern die Gemüter, nur mit entgegengesetzten Vorzeichen. Während die Entstehung des neuen demokratischen Deutschland für Ungarn gute politische Möglichkeiten eröffnete, drohte der Dänischen Monarchie die Auflösung. ...

Research paper thumbnail of Allan Jørgensen: Admiral Hans Birch Dahlerup i Danmark og Østrig mellem enevælde og demokrati

Småskrifter fra CØNK, 2001

I Norge blev Dahlerup overført til linieskibet, hvor hans broder senere kom til at tjenestegøre s... more I Norge blev Dahlerup overført til linieskibet, hvor hans broder senere kom til at tjenestegøre sammen med ham. Skibet blev kaldt hjem til København og i marts 1808 beordret til Helsingør. Her blev han så alvorligt syg, at han ikke kunne bevæge sig, og ...

Research paper thumbnail of Tove Barfoed Møller: Der Theaterdichter Hans Christian Andersen und seine Bearbeitung von Ferdinand Raimunds Zaubermärchen Der Diamant des Geisterkönigs (2005)

Småskrifter fra CØNK 15. Center for Østrigsk-Nordiske Kulturstudier. Roskilde universitetscenter 2005, 2005

Andersens Bühnenwerke wurden bisher nicht neu herausgegeben und überhaupt von der Forschung nur w... more Andersens Bühnenwerke wurden bisher nicht neu herausgegeben und überhaupt von der Forschung nur wenig beachtet. Viele Leser seiner Werke wissen daher kaum, dass er für das Theater geschrieben hat, und wenn, dann haben sie selten eine positive Vorstellung ...